Frostblüte (German Edition)
geschnallt. Dazu trug ich eine seitlich geschnürte lederne Tunika, die bis zu den Ellbogen reichte. Die Schulterteile bestanden aus vielen dünnen Lederstreifen, jeder davon war mit Metall verstärkt und in der Form meiner Schultern geschnitten, so dass er an seinen Platz zurückfiel, wenn ich den Arm bewegte.
Um den Hals trug ich einen breiten, mit kleinen Metallnieten besetzten Lederschutz. Meine verlässlichen alten Stiefel, die ich aus Uskaand mitgebracht hatte, waren das Einzige, was an dieser Uniform noch von mir stammte, und selbst sie waren gewienert und geölt und mit neuen Schnallen versehen worden.
Atiyah hatte die Rüstung in einer Lösung aus Kohle und Öl gewaschen, die ihr einen bläulichen Schimmer verlieh, und mit dem Punzeisen komplizierte verschlungene Bilder von Frost und Sternen auf den Brustschild und die Armschienen geprägt. »Die Eisblumen symbolisieren dich, Frost. Die Sterne bringen Glück«, hatte sie erklärt. »Die Urmutter wacht über die Ihren.«
Es wäre unhöflich gewesen, darauf hinzuweisen, dass ich nicht zu den Ihren der Urmutter gehörte. Ich hatte seit dem Abend, an dem Luca mich zu singen gebeten hatte, an keiner einzigen Versammlung mehr teilgenommen. Diese seltsamen, kalt aussehenden Flammen waren beunruhigend. Genau wie Lucas Lektionen machten sie mir die Anwesenheit des Wolfs allzu bewusst.
Die Rüstung war zwar erstaunlich bequem, aber schwer. Sechs Wochen zuvor hätte ich kaum darin stehen können und selbst jetzt war ich nicht sicher, ob ich mich darin schnell genug bewegen konnte, um Arians Kampfstock auszuweichen.
Luca, der ungefähr in der Mitte des Abhangs im Schneidersitz auf einem großen Steinbrocken saß, bemerkte meine Besorgnis. »Wir müssen herausfinden, ob es irgendein Problem mit der Lederrüstung gibt, ob sie dich beim Kampf einengt oder kneift. Dich mit Arian kämpfen zu sehen, wird mir außerdem helfen, Schwächen in deiner Technik festzustellen. Das Ziel ist, ihn zu entwaffnen, ohne verletzt zu werden.«
»Stehen wir hier den ganzen Tag rum oder kämpfen wir?«, rief Arian von der Hügelkuppe. »Komm schon. Ich gelobe, keine Knochen zu brechen.«
»Deine oder Frosts?«, rief Luca lachend zurück. Zwischen den beiden schien allmählich wieder alles beim Alten, worüber ich froh war. »Fang an, wann immer du willst.«
Ich holte tief Luft und ging über den unebenen Untergrund auf Arian zu. Ich konnte spüren, wie seine Augen mich verfolgten: ein Leopard, der einen Hirsch ins Visier nimmt.
Plötzlich stieß er einen Kampfschrei aus und stürmte den Berg hinunter. Der Stock zielte auf mein Gesicht, doch ich drehte mich weg und er berührte nur Luft. Arian ließ den Stock kreisen. Ich duckte mich. Er schlug mit dem Stab, den er jetzt mit beiden Händen gepackt hielt, nach meinen Beinen. Ich sprang hoch über das Holz, landete auf einem Bein, drehte mich und stand schließlich hinter ihm. Der Boden unter unseren Füßen war rutschig und knirschte, eine Staubwolke hüllte uns ein.
»Gut!«, rief Luca. »Versuch immer höher zu stehen als der Gegner. Aber sei aggressiver! Du kannst nicht ewig ausweichen; versuch ein paar Treffer zu landen!«
Arian hatte sich schon umgedreht. Wieder schlug er mit dem Stock nach meinen Beinen. Ich holte zum Halbkreistritt gegen seinen Kopf aus. Er konnte gerade noch zurückweichen. Ich landete auf meinem anderen Fuß, duckte mich unter dem Stock weg und trat seitlich zu.
Mein Stiefel landete in Arians Magen. Er ächzte und stolperte und konnte nur mit Mühe das Gleichgewicht halten, als er auf dem trockenen Boden wegrutschte. Ich verpasste ihm einen Kinnhaken. Sein Kopf ruckte nach hinten, doch sein Spieß schnellte hoch. Die Metallkappe bohrte sich in meinen Bauch.
Als ich stöhnend zurücktaumelte, trat ich mit der Ferse in ein Loch. Ich ging zu Boden und rutschte in einer Kaskade aus Erde und Steinen auf dem Hintern den Hang hinunter. Arian sprang hastig zur Seite. Ich bremste mich mit beiden Händen ab, rollte mich auf den Bauch und erhob mich schließlich, von Kopf bis Fuß voller Staub, der meine Augen brennen ließ und mir die Kehle austrocknete.
»Eins zu eins«, sagte Arian. Seine Augen glänzten – es war der Gesichtsausdruck, den ich als verstecktes Lächeln zu deuten gelernt hatte. Er hatte seinen Spaß an der Sache. Auf merkwürdige Art ging es mir ebenso.
Ich hustete etwas Staub heraus und schaffte es, Luft zu holen: »Falsch. Zwei zu null für mich.«
»Dieser kleine Stupser mit deiner Faust
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