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Frostengel

Frostengel

Titel: Frostengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamina Berger
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Geruch. Theresa, der Waldmensch. Vielleicht konnte ich Leon mal zu einem Picknick überreden, sobald es wärmer war.
    Ich war etwas zu spät dran, aber das würde wohl nichts ausmachen. Also nahm ich den Türklopfer und pochte damit dreimal an die massive Holztür. Auch so eine Eigenheit meines Lehrers. Er hatte keine Klingel, sondern nur diesen Türklopfer, der die Form eines Steigbügels hatte. Außerdem war fast die gesamte Einrichtung im Haus antik. Musste ein Schweinegeld gekostet haben.
    Ein paar Augenblicke später ging die Tür auf. Steinmenger lächelte mir entgegen. »Theresa, da bist du ja. Komm rein.«
    Ich schlüpfte aus der Jacke und hängte sie auf einen Kleiderbügel. Dann zog ich mir die Schuhe aus und stellte sie neben seine. Obwohl ich schon ein paar Mal hier gewesen war, blickte ich mich neugierig um. Anstatt eines Schuhschrankes gab es eine große Truhe aus irgendeinem dunklen Holz. Sie sah richtig wertvoll aus. Der Fußboden bestand nicht aus normalen Fliesen sondern aus Steinplatten. Neben der Tür stand ein Schirmständer aus Messing, der wohl nur Dekorationszwecken diente, denn er war leer.
    »Willst du Hausschuhe?«, fragte Steinmenger und wollte schon den Deckel der Truhe anheben.
    »Nein danke«, beeilte ich mich zu sagen. Mir graute schon beim Gedanken, er könne mir Filzpantoffel geben, die vor mir von irgendwem getragen worden waren.
    »Na dann, hereinspaziert.« Er hielt mir die Tür zum Wohnzimmer auf.
    »Als wir uns heute Morgen getroffen haben, wusste ich noch gar nichts von deinem Sturz. Ich hoffe, du hast es noch nicht bereut, heute wieder zur Schule gegangen zu sein?«
    »Nein … ich hätte es zu Hause nicht ausgehalten, ich bin einfach schlecht im Rumliegen.«
    »Willst du etwas trinken? Ich bin noch nicht dazu gekommen, die Bücher rauszusuchen, das dauert leider ein bisschen.« Er machte einen Schritt in Richtung der angrenzenden Küche.
    »Nein danke. Ich warte einfach hier.«
    Ich ging hinüber zur Terrassentür und sah hinaus. Steinmenger hatte einen herrlichen Blick auf den Wald, der direkt hinter seinem Grundstück anfing.
    »Was hast du gestern eigentlich beim Kopierer gemacht?«, fragte er, während er noch immer wie angewurzelt im Zimmer stand.
    Ein Knoten ballte sich in meinem Magen zusammen. Woher wusste er, dass ich beim Kopierer gewesen war? Niemand hatte mich gesehen. Es sei denn …
    »Äh, nur ein paar Fragebögen kopiert, Sie wissen schon, für die Abizeitung«, antwortete ich und versuchte, wieder runterzukommen. Schon wieder sah ich Gespenster, wo es keine gab. Hey, das hier war Steinmenger! Mein Lehrer, der nur nett war und mir die Bücher für die Abschlussarbeit leihen wollte. Karin hatte wahrscheinlich im Lehrerzimmer erzählt, dass ich vom Kopieren kam. Kein Grund, gleich in Panik zu verfallen. Ich holte tief Luft. Doch ein Kribbeln im Bauch blieb.
    »Wollten Sie nicht die Bücher …?«, erinnerte ich ihn. Es konnte ja nicht so lange dauern, mir die rauszusuchen, und dann würde ich mich bedanken und gehen. Über mein Thema für die Abschlussarbeit konnten wir uns ein anderes Mal unterhalten.
    »Ja, natürlich«, sagte er, machte aber keine Anstalten, sich zu bewegen. »Ich glaube, es ist wohl doch besser, ich bringe sie dir in die Schule mit«, sagte er nun langsam. Er schien mit den Gedanken plötzlich ganz woanders.
    »Okay.« Ich bemühte mich um einen möglichst normalen Tonfall, merkte aber, dass meine Stimme höher klang als sonst. Steinmenger war mir jetzt richtig unheimlich, wie er mich anstierte. Wie er reglos dortstand.
    Ich durchquerte das Wohnzimmer und öffnete die Tür zum Flur. Steinmenger kam mir nach und blieb im Türrahmen stehen. Noch immer bewegte er sich fast wie ferngesteuert.
    Ich bückte mich, um meine Schuhe anzuziehen.
    Da fiel mein Blick auf die Turnschuhe, die neben meinen standen. Schwarz. In meinem Kopf wirbelte alles durcheinander. Rot-weiße Sohle. Ich spürte die Hand, die mich die Treppe hinunterstieß, sah mich fallen und plötzlich war die Erinnerung da. Schwarz, mit rot-weißer Sohle. Langsam richtete ich mich auf. Mein Blick flackerte unsicher zu Herrn Steinmenger. Könnte er mich die Treppe hinuntergeschubst haben?
    Als hätte er meine Gedanken gelesen, sah Steinmenger mich mit zusammengekniffenen Augen an. Scheiße, hat er etwas gemerkt?
    »Ich geh dann mal wieder. Ähm, die Hausaufgaben …« Meine Stimme klang schrill in meinen Ohren. Ich versuchte, möglichst gelassen meine Schuhe zuzubinden, doch meine

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