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Frostengel

Frostengel

Titel: Frostengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamina Berger
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und dann hat mich Steinmenger aufgehalten.«
    »Was wollte der denn?«
    »Mir die Bücher für die Prüfung geben. Ich hole sie am Nachmittag bei ihm ab«, gab ich zurück, was mir einen tadelnden Blick von Frau Steif einbrachte. Ich hob entschuldigend die Hand und versuchte, mich auf die flackernden Teelichter zu konzentrieren und gleichmäßig zu atmen. Es gelang mir nicht besonders gut. Ich musste an die Bio-Prüfung denken. Würde sie heftig werden? Wie viele Bücher musste ich dafür lesen? Hoffentlich fand ich ein Thema, das mich interessierte. Gott sei Dank war Steinmenger so nett, mir einen Teil der Bücher zur Verfügung zu stellen. Kaufen hätte ich sie mir nämlich nicht können. Er war halt einfach ein echt cooler Lehrer. Wir waren schon einige Male bei Steinmenger zu Hause gewesen. Einmal hatte er die ganze Klasse zu einem Adventsnachmittag zu Tee und Keksen eingeladen.
    Dann hatten wir voriges Jahr einen Wandertag und er hat uns in seinen Garten eingeladen, zu einem Lagerfeuer und Würstchen. Vielleicht machten ihn genau solche Aktionen beliebt. Seine Tür stand für uns Schüler stets offen.
    Ich hörte Claudia kichern und blickte möglichst unauffällig auf. Jan, der hinter ihr saß, kitzelte sie am Nacken mit einem Papiertaschentuch. Genervt stand Frau Steif auf und blies die Kerzen aus. »Lassen wir es gut sein. Wir versuchen es nächste Stunde noch einmal. Ich habe den Eindruck, ihr seid gar nicht bei der Sache.«
    »Frau Steif, ich glaube, wir wollen alle lieber wissen, wie es Theresa geht.« Das kam von Jennifer.
    »Also gut. Dann lassen wir Theresa erzählen«, stimmte Frau Steif zu. Lieber wäre es mir gewesen, wenn ich nicht so viel Aufmerksamkeit gehabt hätte. Aber ich verstand, dass alle neugierig waren.
    »Ich bin einfach blöd die Treppe runtergestürzt. Gestern hat mir noch jeder Knochen wehgetan. Na ja. Ich kann froh sein, dass nicht mehr passiert ist.«
    Nun redeten alle durcheinander und ich hatte Mühe, den Fragen zu folgen. Als es endlich zur Pause läutete, hatte ich einen Brummschädel.
    Sandra kam zu mir und legte mir mitfühlend die Hand auf den Arm. »Du Arme. Ich würde es verstehen, wenn du jetzt an der Zeitung nicht mehr mitarbeiten willst. Zumindest in den nächsten paar Tagen. Du hättest noch zu Hause bleiben sollen. Leon hat erzählt, du wärst sogar im Krankenhaus gewesen.«
    »Keine Sorge. Mir geht’s gut. Ehrlich. Sie haben mich nur zur Beobachtung dagelassen. Mehr als ein paar Prellungen und eine scheußliche Beule habe ich nicht abbekommen.«
    »Trotzdem. Übertreib’s nicht.«
    »Versprochen!«
    »Gut, wir sehen uns später.« Sie winkte mir zu und verschwand dann aus dem Klassenraum.
    Leon kam zu mir herübergeschlendert und setzte sich auf die Tischkante. »Warum hast du nicht gesagt, dass dich jemand gestoßen hat?«, flüsterte er.
    »Keine Ahnung. Ich wollte einfach nicht zwei unterschiedliche Versionen in die Welt setzen. Stell dir vor, das sickert zu meiner Mutter oder Corinna durch und Leute sagen zu ihr, dass mich jemand umbringen wollte. Die würden beide voll austicken«, gab ich ebenso leise zurück.
    »Ja, vielleicht hast du recht. Und was hat dir die Zauner Neues erzählt?«
    »Nur, dass Klaus wahrscheinlich ein wasserdichtes Alibi hat. Sie muss es noch überprüfen, aber wie es aussieht, war er in einer Sitzung. Sie befragt jetzt die Lehrer und meldet sich bei mir, wenn sie Neuigkeiten hat.«
    »Und Steinmenger?«
    »Der hat mich auf dem Weg in die Klasse aufgehalten und gemeint, er leiht mir ein paar Bücher für die Prüfung, die es in der Schulbücherei nicht gibt. Ist doch super von ihm.«
    Leon nickte. »Wusstest du, dass er letztes Jahr die Vorbereitungsstunden bei ihm zu Hause gemacht hat?«
    »Ja, hab ich gehört. Find ich gut, ist ja auch gemütlicher, als in der Schule zu sitzen. In Ethik macht die Steif das ja auch so. Und die Meinhardt verlegt die Theoriestunden ins Café. Nur bei den praktischen Arbeiten bleibt sie lieber im Kunstraum, weil man sich dort ausbreiten kann. Bloß der Müller ist einer, der sich keinen Millimeter aus seiner Klasse bewegt.«
    Leon lachte. »Der ist mit der Schule verwachsen, der hat wahrscheinlich gar kein Zuhause!«
    Ich grinste. Ja, ich freute mich schon, wenn alles im Zeichen der Abschlussprüfungen stand und wir durch die Vorbereitungszeiten keinen regulären Unterricht mehr hatten. Alles war viel lockerer. Eigenverantwortlicher. Erwachsener.
    Als Wennecker eintrat, setzten wir uns auf unsere Plätze.

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