Frostengel

abging. In der Zeitung vom Jahrgang 2009 hatten sie Fotos von den Lehrern. Ich machte mich noch lustig, wie sich manche von ihnen verändert hatten. Besonders Steinmenger fiel mir auf, weil er damals sein Haar fast schulterlang trug. Midlife-Crisis, ich sag’s dir! Als ich mir sein Foto näher betrachtete, bemerkte ich, dass sie seinen vollen Namen druntergeschrieben hatten: Markus Thomas Steinmenger. MTS. Sein Name hatte also auf Melissas Notizbuch gestanden – und plötzlich ergab alles einen Sinn. Du musst zugeben, das war eine ziemliche geistige Glanzleistung von mir!«
    »Ja, dafür bekommst du sofort einen Extrakuss.«
    Dann sprach Leon weiter. »Ich geriet in Panik und wusste, ich muss dich warnen. Doch als ich deine Handynummer wählte, klingelte es bei mir im Wohnzimmer. Auf jeden Fall wusste ich nur: Du bist bei ihm. Und er hat schon einmal versucht, dich zu verletzen. Also musste ich zu dir. Die schnellste Möglichkeit, die mir zur Verfügung stand, war Jakobs Motorrad.«
    »Dabei hattest du doch so große Angst, wieder eins zu fahren«, sagte ich.
    »Ich … meine einzige Sorge war, ob das Ding auch anspringt. Immerhin stand es ziemlich lange einfach in der Garage rum. Aber nach dem zweiten Versuch hat’s geklappt.«
    »Und wie kommt Karin hierher?«
    »Als ich dein Handy gefunden habe, ist mir eingefallen, dass du ihre Nummer gespeichert hast. Also hab ich sie angerufen.« Das klang plötzlich alles so einfach.
    »Der Sturz vom Motorrad hat ziemlich spektakulär ausgesehen. Fast filmreif, du Held!« Ich drückte mich fester an ihn.
    Eine Zeit lang gingen wir schweigend nebeneinanderher. Da bemerkte ich, dass Leon wieder stärker humpelte als sonst. »Was hast du? Tut dein Bein weh?«
    Leon legte einen Arm um meine Schulter. »Für dich spiele ich immer wieder gerne den Helden. Du kannst dich ja mit ein paar Streicheleinheiten revanchieren.«
    Kein Problem, für die Streicheleinheiten würde ich sorgen.

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