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Frostengel

Frostengel

Titel: Frostengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamina Berger
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ich auflegte, hätte ich singen können! Ich hätte vor Glück laut schreien können! Doch meine Mutter und Corinna hätten beide innerhalb von Sekunden in meinem Zimmer gestanden. Also begnügte ich mich damit zu summen. Später ging ich in die Küche und machte mir etwas vom Mittagessen warm. Corinna und meine Mutter saßen ebenfalls am Tisch und schwiegen sich an, während ich glaubte, vor Glück gleich platzen zu müssen.
    Deshalb sah ich zu, mit dem Essen schnell fertig zu werden. Dann verzog ich mich wieder in mein Zimmer. Ich sagte, ich müsse mir noch überlegen, was ich zu Julias Beerdigung anziehen solle.
    Ich fischte aus meinem Kleiderschrank eine schwarze Jeans, ein violettes Top und eine schwarze Weste heraus. Damit war die Kleiderfrage geklärt. Somit konnte ich mich endlich wieder Julias Tagebuchaufzeichnungen widmen. Ich erfuhr von ihrem Versprechen, sich ihrer Angst stellen zu wollen. Leon hatte sie nach Hause begleitet, nachdem ich sie so Hals über Kopf sitzen gelassen hatte, nur weil sie ihn an unseren Tisch eingeladen hatte. Ich war so blöd gewesen! Julia, verzeih mir, dachte ich immer wieder. Gleichzeitig wusste ich, dass sie es mir schon damals nicht krummgenommen hatte. So war sie. Jetzt saß sie bestimmt auf irgendeiner Himmelswolke, sah auf die Erde hinunter und lachte sich ins Fäustchen, weil sie es immer schon gewusst hatte, dass Leon und ich füreinander bestimmt waren.
    Julia, du fehlst mir so.
    24. Februar 2012
    Es ist Freitag und die Ferien sind fast vorbei. Mir kommt es vor, als hätten sie erst angefangen. Die Zeit ist viel zu schnell vergangen, es wäre noch so viel zu tun. Seit ich mir versprochen habe, mich von meiner Angst nicht unterkriegen zu lassen, geht es mir besser. Nicht dass auf der Stelle eine Wandlung eingetreten ist, das habe ich gar nicht erwartet. Es ist nur so, dass ich jetzt, bevor ich zum Telefonhörer greife, erst mal nachdenke, ob es notwendig ist, meine Mutter zu bitten, mich abzuholen. Gestern war ich nahe dran, sie anzurufen, habe es aber nicht getan, weil ich mich selbst an der Nase genommen und mich an mein Versprechen erinnert habe. Ich glaube, ich werde auch zu bequem. Ein Anruf genügt und Mama kommt. Ich muss auf keinen Fahrplan Rücksicht nehmen oder den Heimweg in der Schweinekälte zu Fuß gehen. Klar, früher habe ich das auch getan, aber jetzt habe ich eine Entschuldigung, es nicht tun zu müssen. Normalerweise bin ich nicht so ein Waschlappen. Aber jetzt bin ich einer geworden.
    Das Einzige, woran ich ständig denken muss, ist, wie die Leute reagieren würden, wenn sie wüssten, dass mein Vater eine Affäre mit einer 19-Jährigen hatte. Dass er sie geschwängert und dann von ihr verlangt hat abzutreiben und sie sich deshalb umbrachte. Es wäre eine Katastrophe! Jeder würde Bescheid wissen. So etwas spricht sich herum. Vielleicht haben meine Eltern deshalb die Affäre meines Vaters vor zwei Jahren geheim gehalten und danach so getan, als wäre nichts gewesen. Damit die Leute nicht tratschen. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie es wäre, plötzlich nicht mehr die Tochter des Arztes, sondern die eines Mörders zu sein. Okay, manche würden einräumen, er habe Melissa ja nicht eigenhändig getötet. Sie hat sich schließlich umgebracht. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass er Schuld an ihrem Tod hat. Zumindest in den Augen der meisten Leute, in meinen ja auch. Unser Leben würde zerstört werden. Das will ich auf keinen Fall. Nicht auszudenken, wenn wir von hier wegmüssten! Meine Mutter würde wahrscheinlich keine Aufträge mehr bekommen, mein Vater sowieso nicht. Und ich? Ich müsste die Blicke und das Tuscheln ertragen. Alles würde sich ändern. Das darf nicht passieren. Nicht jetzt, so knapp vor dem Schulabschluss. Irgendwann nach meinem Abschluss, wenn ich den Mut gefunden habe, werde ich meinen Vater mit seinen Taten konfrontieren. Er soll wissen, dass ich es weiß.

Kapitel 18
    Mein Handy weckte mich. Ich war über Julias Tagbuch eingeschlafen. Ich sah auf das Display. Leon. Gleichzeitig registrierte ich die Uhrzeit. 8.00 Uhr. Einen Moment lang wurde ich von Panik erfasst, im Glauben, ich hätte verschlafen. Gleich darauf fiel mir ein, dass ich heute nicht in der Schule, sondern um zehn am Friedhof sein musste. Erleichtert hob ich ab. »Guten Morgen«, klang Leons Stimme an mein Ohr.
    »Was soll an dem Morgen gut sein?«, grummelte ich.
    »Hm, bist du morgens immer so griesgrämig? Nur damit ich in Zukunft vorbereitet bin

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