Frostglut
noch einen Moment an, bevor er sich wieder zu Nickamedes umdrehte. »Unser Gespräch ist noch nicht beendet. Vergiss in der Zwischenzeit nicht, was ich gesagt habe. Ich hasse es, mich zu wiederholen.«
»Wie könnte ich die Perlen der Weisheit vergessen, die scheinbar ständig von deinen Lippen fallen?«, antwortete Nickamedes bissig.
Wut blitzte in Linus’ Augen auf, aber Agrona hielt seinen Arm fest, sodass er an ihrer Seite bleiben musste.
»Du magst ja der Leiter des Protektorats sein, aber mir untersteht die Bibliothek«, erklärte Nickamedes. »Und ich denke wirklich, es ist Zeit, dass du gehst. Gwendolyn hier muss zurück an die Arbeit, und mir geht es genauso.«
Linus versteifte sich, dann löste er sich von Agrona, wirbelte herum und stiefelte um den Bürobereich Richtung Ausgang. Agrona schenkte allen ein entschuldigendes Lächeln. Ihr Blick verweilte noch einen Moment auf mir, bevor auch sie sich umdrehte und eilig ihrem Ehemann folgte.
»Die wären wir los«, murmelte Nickamedes.
Der Bibliothekar stand einen Moment mit wuterfüllter Miene da, dann sah er mich an. »Ich muss kurz weg und ein paar Dinge erledigen, Gwendolyn. Ich komme rechtzeitig zurück, um die Bibliothek zu schließen. Tu mir den Gefallen und versuch nichts kaputt zu machen, während ich weg bin. Wärst du so freundlich?«
Er wartete nicht mal meine Antwort ab, sondern stiefelte zu den Büroräumen und schlug die Tür so hart hinter sich zu, dass das Glas zitterte. Nickamedes schnappte sich ein paar Bücher und andere Dinge von einem Tisch, dann verließ er das Büro und verschwand durch die Tür, die in den vorderen Teil der Bibliothek führte. Damit blieb ich mit Logan und natürlich Alexei zurück, der wie gewöhnlich im Hintergrund lauerte.
»Worum ging es gerade?«, fragte ich Logan.
Der Spartaner seufzte. »Das ist eine lange Geschichte. Komm. Ich besorge uns was zu trinken, dann erzähle ich dir alles.«
Logan ging zu Ravens Kaffeewagen und kaufte uns ein paar Dosen kalte Getränke, während ich zwischen den Regalreihen zurückblieb. Als der Spartaner wiederkam, gab er mir ein Gingerale. Außerdem drückte er Alexei eine Dose in die Hand. Zu meiner Überraschung nahm der Bogatyr das Getränk sogar an. Allerdings war es natürlich auch Logan, der ihm die Dose gegeben hatte, nicht ich, das böse, böse Schnittermädchen.
Logan blickte zu Alexei, der die gesamten Gespräche und Streitigkeiten schweigend durchgestanden hatte. »Alexei, könntest du dich ein bisschen zurückziehen?«
Alexei sah mich an, dann nickte er. Er entfernte sich ungefähr sechs Meter von uns, trank sein Gingerale und tat so, als würde er sich brennend für zwei Schwerter interessieren, die in einer der Vitrinen lagen. Vielleicht interessierten ihn die Schwerter sogar wirklich. Bei dem Bogatyr war das schwer zu sagen.
Logan und ich setzten uns an derselben Stelle auf den Boden, an der wir vorher gestanden hatten. Wir tranken etwas. Logan leerte seine Dose auf ex, während ich an meinem Getränk nur nippte. Ich hatte inzwischen noch weniger Appetit als je zuvor. Eine Minute später zerdrückte der Spartaner seine Dose in der Faust und legte die Reste neben sich.
»Das mit meinem Dad tut mir leid«, sagte er schließlich. »Wie ich schon mal gesagt habe, verstehen er und Nickamedes sich nicht besonders.«
»Warum nicht?«
Logan seufzte. »Wegen dem, was mit meiner Mom und meiner Schwester passiert ist. Mein Dad war für das Protektorat unterwegs, saß bei irgendeinem besonderen Meeting, zu dem man ihn im letzten Moment gerufen hatte. Nickamedes wirft ihm vor, dass er nicht zu Hause war, als die Schnitter angegriffen haben. Er denkt, dass meine Mom und meine Schwester noch am Leben sein könnten, wenn Dad da gewesen wäre.« Logan atmete tief durch. »Und mein Dad wirft mir vor, dass ich sie nicht vor den Schnittern beschützt habe – dass ich mich ihnen nicht gestellt und an der Seite meiner Mutter und meiner Schwester gekämpft habe. Also streitet mein Dad über jede Kleinigkeit mit Nickamedes, wenn wir zusammen sind. Irgendwann werde ich als Schiedsrichter aufgerufen, und letztendlich zwingen sie mich, Position zu beziehen und mich zwischen ihnen zu entscheiden. Dann erklärt mein Dad mir, wie enttäuscht er von mir ist und dass ich nicht mein volles Potenzial als Spartaner ausnutze, und es endet damit, dass ich sauer auf ihn bin. Am Ende schreien wir uns an. Eine glückliche Familie, hm?«
»Es tut mir leid«, sagte ich. »Es tut mir so leid,
Weitere Kostenlose Bücher