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Frostglut

Frostglut

Titel: Frostglut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Estep
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und Sekunden später schnarchte er wieder. Das leise, vertraute Geräusch verdrängte die letzten Reste meiner Panik und traumverlorenen Verwirrung. Ich atmete tief durch, knipste das Licht aus und kuschelte mich in meine Kissen.
    Aber egal wie sehr ich mich auch bemühte, ich konnte nicht wieder einschlafen.
    Am nächsten Tag stand ich kurz vor dem Mittagessen auf dem Parkplatz hinter der Turnhalle und verabschiedete mich von meinen Freunden. Das Winterkonzert fand erst am späten Nachmittag statt, aber die Bandmitglieder und anderen Schüler, die irgendwie am Konzert beteiligt waren, stiegen jetzt schon in ein paar Busse, um zur Konzerthalle zu fahren – begleitet von einer Wachmannschaft.
    Seit Vivian Loki befreit hatte, wartete ich darauf, dass sich in Mythos einiges änderte – wartete darauf, dass es mehr Regeln, mehr Wachen, mehr Sicherheitsmaßnahmen gab. All das war auf dem Campus auch geschehen – aber diskret. Die Mächtigen von Mythos wollten nicht, dass alle in Panik verfielen. Nein, sie wollten, dass die Mythos-Schüler sich fühlten, als wären sie auf dem Schulgelände noch genauso sicher wie vor Lokis Flucht – obwohl wir alle wussten, dass dieser Eindruck nur Illusion war. Deswegen wurde auch das Winterkonzert abgehalten – weil die Mächtigen von Mythos nicht wirken wollten, als würden sie vor den Schnittern einknicken. Das hätte nur die Furcht vor einem weiteren Chaoskrieg geschürt.
    Ich verstand, was die Mächtigen von Mythos erreichen wollten, und ich war froh, dass meine Freunde bewacht wurden. Trotzdem hatte ich ein wirklich übles Gefühl bei der ganzen Sache. Ich konnte nicht in die Zukunft sehen – nicht wie meine Grandma Frost –, aber manche Situationen vermittelten mir einfach ein falsches Gefühl. Und im Moment fühlte ich mich, als spielten wir mit unserem Vorgehen den Schnittern direkt in die Hände, obwohl das Konzert seit Monaten geplant war und in der Stadt stattfand.
    »Ruf mich an, wenn dir irgendwas Verdächtiges auffällt«, erklärte ich Daphne zum dritten Mal in genauso vielen Minuten.
    Daphne verdrehte die Augen. »Mach dir keine Sorgen, Gwen. Wir haben so viele Wachen dabei, dass die Schnitter es nicht wagen werden, uns anzugreifen … selbst wenn einer von ihnen im Protektorat sitzt.«
    Ich wollte darauf hinweisen, dass auch niemand geglaubt hatte, Schnitter könnten in die Bibliothek einbrechen, aber ich hielt den Mund. Heute sollte ein schöner Tag werden, an dem alle die Schnitter einmal vergaßen, zumindest für ein paar Stunden. Ich wollte ihn nicht mit meinen Verdächtigungen ruinieren, besonders nicht für Carson, der schon wegen seines Auftritts nervös genug war. Der Musikfreak war ziemlich grün im Gesicht, und ich konnte hören, wie sein Magen gurgelte.
    »Reiß sie von den Stühlen, Carson«, sagte ich.
    Der Kelte bemühte sich um ein Lächeln, aber stattdessen schlug er sich die Hände vor den Magen.
    »Bist du sicher, dass es dir hier allein gut gehen wird, Gypsymädchen?«, fragte Logan.
    »Bei mir ist alles okay«, antwortete ich. »Außerdem bleibt Alexei ja bei mir.«
    Ich deutete mit dem Daumen über die Schulter auf den Krieger, der sich mit Oliver, Kenzie und Talia unterhielt. Alexei hatte heute Morgen wie üblich vor meinem Zimmer auf mich gewartet und mich zur Turnhalle begleitet. Diesmal war er tatsächlich neben mir gegangen, statt immer ein paar Schritte hinter mir zu bleiben. Vielleicht wuchs ich ihm ja allmählich ans Herz. Ich schnaubte. Eher unwahrscheinlich.
    Eine Person, der ich definitiv nicht ans Herz wuchs, war Linus. Er stand neben einem der Busse, zusammen mit Agrona, Inari und Sergei. Die Mitglieder des Protektorats fuhren ebenfalls mit den Schülern, um sie, na ja, zu beschützen, zusammen mit Metis, Nickamedes und Trainer Ajax. Sie alle waren Teil der Wachmannschaft für das Konzert.
    Ich fragte mich nur, wer von ihnen in Wirklichkeit ein Schnitter war.
    War es Sergei mit seinem breiten Lächeln und dem ausgelassenen Lachen? Der ruhige, zurückhaltende Inari, der meistens unauffällig mit dem Hintergrund verschmolz? Die schöne Agrona? Oder sogar Linus selbst? Mein Blick glitt von einem Gesicht zum anderen, aber alle benahmen sich vollkommen normal. Als ich hier aufgetaucht war, hatte Metis mich zur Seite genommen und mir erklärt, dass sie, Ajax und Nickamedes nicht genau hatten herausfinden können, wo sich jeder Einzelne während des Angriffs auf die Bibliothek aufgehalten hatte. Metis hatte mir versprochen, weiter

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