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Frostglut

Frostglut

Titel: Frostglut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Estep
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handelte. Derjenige, den ich tiefer unter das Regal geschoben hatte, als mir klar geworden war, dass Inari mich beobachtete.
    Ich packte den Ständer und zog ihn unter dem Regal hervor. Dann setzte ich mich auf den Boden und ließ die Hände über die weiche Oberfläche gleiten.
    Nichts – wieder einmal sah und fühlte ich nichts Wichtiges. Nur wie der Schnitter den Ständer hochhob und sich die Schatulle und den Schmuck schnappte. Angewidert legte ich den Ständer in den kaputten Glaskasten zurück, um mich dann wieder auf den Boden zu legen und noch mal unter das Regal zu spähen.
    Doch da war nichts mehr, wenn man von ein paar verlorenen Stiften und einigen großen Staubmäusen absah, die dafür sorgten, dass ich fast geniest hätte. Ich seufzte. Trotzdem war ich noch nicht bereit aufzugeben, also schob ich mich über den Boden zu dem Regal auf der anderen Seite des Ganges und blickte auch da drunter. Weitere Stifte und Staubmäuse, zusammen mit einem vertrockneten Kaugummi. Igitt.
    Ich wollte mich gerade wieder aufrichten, als ich in den Schatten ganz hinten ein kleines Stück weißes Papier bemerkte.
    Ich kniff die Augen zusammen, schob den Arm bis zur Schulter unter das Regalbrett und griff so weit nach hinten wie möglich. Es kostete mich ein paar Sekunden, aber schließlich berührte ich das Papier und konnte es ans Licht ziehen.
    »Was ist das?«, fragte Alexei. »Hast du was gefunden?«
    »Vielleicht«, murmelte ich, während ich aufstand.
    Ich drehte das Papier um und stellte fest, dass es eine Beschreibungskarte war, die anscheinend auch in der Vitrine gelegen hatte. Als der Schnitter das Glas zerschlagen hatte, hatte ich etwas Weißes zu Boden flattern sehen. Der Schnitter musste die Karte unter das Regal getreten haben, als er weggerannt war. Ich wartete ein paar Sekunden, aber nachdem ich keine großen Schwingungen von der Karte auffing, las ich die Beschreibung darauf.
    Apates Schmuck. Zusätzlich zu ihrer offensichtlichen Schönheit heißt es, dass jedes Stück in Apates Schmucksammlung von der Täuschungsmagie der Göttin erfüllt ist. Angeblich besitzt jedes Schmuckstück eine andere magische Eigenschaft. Zum Beispiel heißt es, die Smaragde haben eine hypnotisierende Wirkung, während der Topas Halluzinationen verursacht. Auf jeden Fall sollen die Rubine am mächtigsten sein und mehrere magische Fähigkeiten besitzen – von der Macht, andere zu täuschen, bis hin zu der Fähigkeit, den Willen einer Person zu überwältigen und sie dazu zu zwingen, gegen ihren freien Willen zu handeln …
    Also hatte ich mit der Schatulle recht behalten. Vivian hatte die Rubinsplitter eingesetzt, um die Maat-Natter zu täuschen. Doch dieses Wissen sorgte nicht dafür, dass ich mich besser fühlte – wenn überhaupt machte ich mir jetzt sogar noch mehr Sorgen. Denn Vivian hatte nur den Janusring getragen. Was also war mit der Schatulle und dem Rest der Schmuckstücke geschehen? Wozu wollten die Schnitter die anderen Edelsteine einsetzen?
    »Was ist das?«, fragte Alexei wieder. »Hast du etwas gefunden?«
    Ich zögerte. Es war eine Sache, dass der Krieger mir auf Schritt und Tritt folgte – eine andere, ihm zu vertrauen. Alexei schien durchaus eine anständige Person zu sein, und Oliver mochte ihn. Allerdings hatte ich auch Preston Ashton gemocht, und das war wirklich nicht gut gelaufen.
    Oh, ich hielt Alexei nicht für einen Schnitter. Vivian hatte im Prozess nicht ihn angesehen, und ich hatte in den letzten Tagen keine seltsamen Schwingungen von ihm empfangen. Außerdem hatte er sich nicht benommen, wie ein Schnitter es getan hätte. Er hatte nicht versucht, sich bei mir und meinen Freunden einzuschleimen, um mir später besser ein Messer in den Rücken rammen zu können. Aber ich war schon öfter getäuscht worden, und es bestand immer die Möglichkeit, dass er zu den Bösen gehörte. Es gab nur einen Weg, sicher zu sein.
    »Gib mir deine Hand«, sagte ich.
    »Was? Warum?«
    »Wenn du wissen willst, was ich tue, gib mir deine Hand«, wiederholte ich.
    Alexei musterte mich misstrauisch. Für einen Moment glaubte ich, er würde es nicht tun, weil er in Wirklichkeit doch ein Schnitter war, aber schließlich streckte er mir die Hand entgegen.
    Ich schlang meine Finger um seine und schloss die Augen. Sofort stiegen Bilder in meinem Bewusstsein auf und flackerten eines nach dem anderen vor meinem inneren Auge vorbei wie ein Film, der in zu hoher Geschwindigkeit abgespielt wurde. Ich sah, wie Alexei aufwuchs, sah

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