Frostherz: Mythos Academy 3 (German Edition)
ich nicht die Stärke einer Walküre besaß, riss ich Vic hoch und rammte das Heft des Schwertes ins Gesicht des Schnittermädchens, in der Hoffnung, ihr unter der schrecklichen Loki-Maske die Nase zu brechen.
»Das ist mein Mädchen!«, brüllte Vic. »Weiter so, Gwen!«
Doch das Schnittermädchen war noch nicht erledigt. Irgendwie schaffte sie es, ihre Arme zwischen uns zu schieben und mich wegzustoßen. Ich stolperte nach hinten und fiel auf den Hintern. Glassplitter gruben sich in meine Hände, und weitere Scherben schnitten durch meine Jeans.
Das Schnittermädchen kämpfte sich auf die Füße. Als sie hastig nach ihrem Schwert griff, rutschte etwas Weißes aus ihrer schwarzen Robe und fiel zu Boden. Das Mädchen streckte die Hand aus und versuchte verzweifelt, den Gegenstand zu erreichen, aber ich kämpfte mich auf die Beine, schlurfte vorwärts und schlug mit Vic nach ihr, um sie nach hinten zu treiben.
Das Schnittermädchen warf mir einen bitterbösen Blick zu, bei dem ihre Augen hinter der Gummimaske wie Rubine glitzerten. Sie fluchte bösartig. Dann tat sie das bisher Seltsamste – sie drehte sich um und rannte aus dem Raum.
»Wo will sie hin? Wieso verdammt noch mal zieht sie sich zurück?«, blaffte Vic und sprach damit meine Gedanken aus.
»Ich habe keine Ahnung, aber sie wird uns nicht entkommen«, knurrte ich.
Ich trat einen Schritt vor, bereit, die Verfolgung aufzunehmen, als Daphne wieder schrie. Dieses Mal war es kein Angstschrei – es war ein Schrei der Wut.
Ich riss den Kopf herum. Während ich gegen das Schnittermädchen gekämpft hatte, hatte Daphne sich Carsons Angreifer gestellt. Sie nutzte den Onyxbogen wie einen Schild, und den einzelnen Pfeil aus dem magischen Köcher setzte sie wie ein Schwert ein. Wieder und wieder stach die Walküre mit dem Pfeil nach dem Schnitter, sodass der Mann langsam zurückweichen musste. Sein Fuß blieb an etwas hängen, das ich nicht sehen konnte. Daphne trat vor und rammte den Pfeil in die Brust des Schnitters. Der Mann schrie und stolperte nach hinten, während der Pfeil aus seinem Herzen ragte wie ein goldener Finger.
Daphne war das allerdings vollkommen egal. Sie drehte sich um und fiel neben Carson auf die Knie. Tränen rannen ihr über das hübsche Gesicht, als sie zärtlich den Kopf des Musikfreaks anhob. Ich eilte zu ihr. Logan auf der anderen Seite des Raums tötete den letzten Schnitter und tat dasselbe.
»Stopp, Gwen, stopp!«, schrie Vic mich an.
Ich hielt kurz vor dem Podium an, und Logan kam schlitternd neben mir zum Stehen.
»Was? Was ist los? Sind noch mehr Schnitter aufgetaucht?«, fragte er mit einem Blick zur Tür.
»Nein, es ist die Walküre«, sagte Vic. »Ihre Magie erwacht endlich. Beobachtet einfach nur und lasst ihr ein wenig Raum.«
Wir taten, was er sagte. Wenn Vic recht hatte, dann würde Daphnes bisher verborgene Walkürenmagie auf spektakuläre Weise ausbrechen.
Ich lehnte Vic an das ausgestopfte Pferd, damit er beobachten konnte, was geschah. Während wir zusahen, flackerten immer mehr pinkfarbene Funken um Daphne, bis ein ständiger Strom aus Magie aus ihren Fingerspitzen floss. Daphne weinte die ganze Zeit über. Die Tränen tropften herab und verbanden sich mit der Magie in der Luft. Jedes Mal, wenn eine der Tränen auf den Magiestrom traf, knisterte und blitzte die Magie, während sie gleichzeitig einen rosigen Ton mit goldenen Akzenten annahm. Dieser rosige Schein breitete sich immer weiter aus, bis er schließlich Daphnes gesamten Körper umhüllte – und auch den von Carson.
»Carson«, flehte Daphne, während sie auf den Körper des Musikfreaks hinunterstarrte. »Bitte, bitte, stirb nicht. Du darfst nicht sterben. Ich werde es nicht zulassen. Hörst du mich?«
Ich wusste nicht, ob die Walküre es selbst steuerte oder ob ihre Magie einen eigenen Willen hatte, aber bei ihren Worten veränderte sich etwas. Die Magiefunken verbanden sich. Sie flackerten und knisterten nicht länger, sondern erfüllten stattdessen den gesamten Raum mit ihrer warmen Macht. Obwohl ich vom Kampf mit dem Schnittermädchen vollkommen erschöpft war, beruhigte dieses Glühen mich und sorgte dafür, dass ich mich stärker fühlte, kräftiger, lebendiger.
Zum ersten Mal bemerkte ich, dass nicht länger Blut aus Carsons Brustwunde tropfte. Stattdessen sammelte sich der rotgoldene Schein von Daphnes Magie direkt über seinem Herzen, über der Verletzung. Es schien, als … als helfe der Schimmer Carson. Ich beobachtete, wie sich die
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