Frostherz: Mythos Academy 3 (German Edition)
Es sah aus, als hätte im Museum ein Tornado gewütet – absolutes, blutiges Chaos.
Doch es gab Überlebende. Ein paar Schüler hatten sich in eine sitzende Position geschoben und drückten die Hände auf Wunden, um den Blutfluss zu verlangsamen. Andere lehnten an den hohen Säulen und starrten unter Schock vor sich hin. Viel mehr lagen dort, wo sie gefallen waren, und weinten leise, während ihre Schultern bebten und die Tränen über ihre Gesichter rannen, um sich mit dem blutigen Schutt auf dem Boden zu verbinden.
»Du kümmerst dich um die hier«, sagte Logan leise. »Ich kontrolliere die anderen Räume, um nach weiteren Überlebenden zu suchen – und hoffentlich auch Nickamedes zu finden.«
Ich nickte. Der Spartaner ging einen der Flure entlang, während ich in den Hauptraum des Museums trat. Ein paar Meter entfernt entdeckte ich Morgan McDougall, die über einer Leiche kauerte. Da sie mir am nächsten war, ging ich in ihre Richtung. Ich hielt Vic hoch erhoben und sah mich nach Schnittern um, die vielleicht noch im Kolosseum lauerten.
»Morgan?«, fragte ich leise. »Geht es dir gut?«
Bei meinen Worten sah die Walküre auf, und ich konnte erkennen, über wem sie kauerte – Samson Sorensen. Der Wikinger war einer der schnuckeligsten Jungs auf der Akademie gewesen, doch jetzt war er tot. Sein gut aussehendes Gesicht war vor Schmerz verzerrt, seine leeren Augen starrten an die Decke und reflektierten das Glitzern der Metallscheiben dort oben.
»Es ist okay«, flüsterte ich. »Ich bin hier, um zu helfen. Sind die Schnitter weg?«
»Ja.« Morgans Stimme zitterte. »Einer von ihnen kam aus dem Raum gerannt, in dem ihr wart. Ich glaube, es war ein Mädchen. Sie hat den anderen etwas zugerufen, und dann sind sie alle einen der Flure entlanggestürmt. Sie sind verschwunden. Sie sind einfach verschwunden. Als hätten sie erreicht, weswegen auch immer sie hier waren.«
Ich runzelte die Stirn. Ich hatte nicht bemerkt, dass Lokis Champion irgendwelche Waffen oder Artefakte aufgehoben hätte. Und die anderen Schnitter, die in unseren Raum gekommen waren, waren tot, also würden sie nichts mitnehmen. Hatte sich der Helheim-Dolch in einem anderen Teil des Museums befunden? Waren das Schnittermädchen und ihre Freunde deswegen so schnell verschwunden? Ich bekam Kopfweh von all den Fragen, auf die ich keine Antwort wusste.
Morgan wandte sich wieder Samson zu und strich dem Wikinger das sandfarbene Haar aus dem blutigen Gesicht. »Ich habe ihn wirklich geliebt, weißt du? Obwohl er Jasmines Freund war und wir uns heimlich hinter ihrem Rücken getroffen haben, habe ich ihn die ganze Zeit geliebt.«
Ich wollte Morgan antworten, ihr sagen, dass es in Ordnung war, dass ich verstand, wie sie in Bezug auf Samson fühlte. Doch da bemerkte ich auf dem Boden neben uns einen Schatten, der immer näher glitt. Vielleicht waren die Schnitter doch nicht verschwunden. Bei diesem Gedanken erfüllte mich Angst.
Ich wartete, bis der Schatten in Reichweite war, dann packte ich Vic fester, wirbelte herum und hob das Schwert über den Kopf, bereit, die Klinge in demjenigen zu versenken, der hinter mir lauerte.
»Gwendolyn! Stopp!«, bellte Nickamedes, während er gleichzeitig einen Schritt zurücktrat und die Hände hob. »Ich bin es nur.«
Es kostete mich einen Moment, den Blick scharf zu stellen – dann bemerkte ich all das Blut auf der Kleidung des Bibliothekars und das Schwert in seiner Hand. Nickamedes’ Anzugsjacke war zerrissen, sein Hemd hing unordentlich an ihm herunter, und die Krawatte war in zwei Teile geschnitten worden, sodass nur noch der Knoten an seiner Kehle hing. Schnitte und Kratzer zogen sich in wilden Mustern über seine Hände, und die rechte Seite seines Gesichtes schwoll langsam zu einem blauen Auge an.
Ich sah mich wieder im Raum um und bemerkte, dass zwischen den Leichen der Mythos-Schüler auch mehrere schwarzberobte Schnitter tot am Boden lagen. Nickamedes hatte wahrscheinlich den Tumult gehört, als die Schnitter das Kolosseum gestürmt hatten, und sich in den Kampf geworfen. Das hätte er ohne Zögern getan, denn er war genau wie Logan ein Spartaner, mit dem gleichen Killerinstinkt und den gleichen Kampffähigkeiten. Nickamedes hatte die Schnitter wahrscheinlich sogar auf ihrer Flucht verfolgt.
Der Bibliothekar wirkte genauso wild und verstört, wie ich mich fühlte, aber in seinen Augen stand Sorge, als er das Blut auf meiner Kleidung und an Vics Klinge musterte. Zum ersten Mal wurde mir klar, dass
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