Frostherz: Mythos Academy 3 (German Edition)
jetzt unser zweites Treffen in zwei Tagen, und nichts hat sich geändert.«
Nun, das erklärte, warum Metis nach Mythengeschichte so eilig verschwunden war.
Daphne warf die Hände in die Luft, sodass Funken auf sie herabrieselten wie Regentropfen. »Aber sie ist doch nur erwacht, weil ich mir um Carson solche Sorgen gemacht habe. Weil der Schnitter ihn getroffen hat und er sonst gestorben wäre.«
»Und die Tatsache, dass deine Magie genau in diesem Moment erwacht ist, in diesem Moment aktiv geworden ist, hat es dir ermöglicht, ihn zu retten.«
Daphne antwortete nicht, sondern ließ sich nur in den Stuhl vor dem Schreibtisch fallen. »Sie verstehen das nicht. Keine der anderen Walküren in meiner Familie ist eine Heilerin. Meine Mom hat Feuermagie, genau wie meine Großmutter vor ihrem Tod. Ich dachte, das wäre auch die Art von Macht, die ich bekommen würde. Etwas Starkes, Mächtiges. Nicht diesen … diesen nutzlosen Mist.«
Daphne hob die Hand und konzentrierte sich. Nach einem Moment verbanden sich die pinkfarbenen Funken zu einem rosigen, heilenden Glühen, das ihre Finger umhüllte. Wieder hatte ich das drängende Gefühl, dass ich nur die Hand ausstrecken und ihre Magie berühren musste, um zu fühlen, wie sie mich erfüllte. Es war dasselbe Gefühl wie im Kolosseum, als ich Daphnes Hand ergriffen hatte und dieses helle, pinke Licht in ihrem Herzen gesehen hatte – diesen wunderschönen Funken.
»Und dann ist da noch das«, murmelte Daphne.
Die Walküre beugte sich vor. Als sie sich wieder aufrichtete, hielt sie zwei Dinge in den Händen – den Onyxbogen und den Köcher mit dem einzelnen, goldenen Pfeil darin. Die Waffe, mit der sie gegen die Schnitter gekämpft hatte. Ich hatte gedacht, Daphne hätte sie nach dem Angriff im Kolosseum gelassen.
»Was soll ich damit tun?«, fragte Daphne scharf. »Ich habe sie Ihnen jetzt schon zweimal zurückgegeben, aber jedes Mal, wenn ich in mein Zimmer komme, liegen sie auf meinem Bett. Und dasselbe ist Carson mit diesem dämlichen Horn passiert, das er sich im Kolosseum geschnappt hat.«
Sie legte Köcher und Bogen auf den Schreibtisch und schob sie auf Metis zu. Nach einem Moment streckte die Professorin die Hand aus und nahm erst den Bogen, dann den Köcher an sich. Sie musterte beide für eine Weile, bevor sie sie wieder ablegte.
»Daphne … siehst du irgendetwas auf dem Bogen oder dem Köcher? Worte oder Symbole?«, fragte Metis leise.
Mir stockte der Atem. Ich wusste, was Metis meine Freundin damit wirklich fragte. Jeder Champion bekam von dem Gott, dem er diente, eine Waffe, und nur ein Champion konnte die Worte auf seiner Waffe lesen. Ich erinnerte mich, im Kolosseum gelesen zu haben, dass Daphnes Bogen und Köcher einst Sigyn, der nordischen Göttin der Hingabe, gehört hatten. Konnte … konnte es sein, dass die Göttin Daphne als ihren Champion ausgewählt hatte? War das der Grund dafür, dass der Bogen immer wieder im Zimmer der Walküre auftauchte? War das auch der Grund, warum Carson immer noch dieses seltsame Horn besaß?
Daphne seufzte, hob Bogen und Köcher auf und musterte sie genauer. »Ich sehe nichts.«
»Nun, das kommt vielleicht bald«, meinte Metis. »Bis dahin scheint es, als würde irgendeine Magie die Waffe an dich binden, also kannst du sie genauso gut behalten – und sie benutzen, sollte es nötig werden.«
»Was auch immer«, murmelte Daphne. »Sind wir dann fertig? Ich muss für Englisch noch einen Aufsatz schreiben.«
Metis nickte. Daphne stand auf und griff sich ihre Sachen inklusive Bogen und Köcher. Mir blieb kaum Zeit, ein paar Schritte zurückzuweichen, bevor die Walküre auch schon die Tür aufriss und mich im Flur entdeckte. Für einen Moment wirkte sie überrascht, aber dann breitete sich schnell Wut auf ihrem Gesicht aus.
Daphne starrte mich böse an. »Himmel, Gwen. Kannst du deine Nase nicht mal fünf Minuten aus den Angelegenheiten anderer raushalten?«
Bei ihrem scharfen Ton versteifte ich mich. »Ich bin nicht deinetwegen hier. Ich soll heute Preston besuchen. Um herauszufinden, ob er etwas über den Angriff wusste oder vielleicht eine Ahnung hat, wo der Dolch versteckt ist.«
Die Walküre schnaubte. »Super. Also gräbst du dich durch den Kopf eines Schnitters, statt uns anderen nachzuspionieren. Na ja, ich nehme an, das ist mal eine Abwechslung. Viel Spaß dabei, Gypsy.«
Damit schob sich Daphne an mir vorbei und stürmte ohne ein weiteres Wort davon.
Ich stand einfach nur mit hängendem Kiefer
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