Frostherz: Mythos Academy 3 (German Edition)
tief in seinen Augen.
Preston sah auf, als er unsere Schritte hörte, und verzog die Lippen zu einem höhnischen Lächeln. »Ach, Gypsy«, sagte er. »Du warst seit Wochen nicht hier unten. Ich dachte schon, du hättest mich über die Ferien einfach vergessen.«
Als könnte ich Preston und die schrecklichen Dinge, die er meiner Grandma angedroht hatte, jemals vergessen. Aber es war nicht ratsam, den Schnitter wissen zu lassen, wie viel Angst er mir einjagte – das hätte ihn nur glücklich gemacht.
»Tatsächlich habe ich dich über die Ferien vollkommen aus meinen Gedanken verdrängt«, erklärte ich mit kühler Stimme, als ich mich auf den Steinstuhl ihm gegenüber fallen ließ. »Es war ziemlich erfrischend, mich mal ein paar Wochen nicht durch deine abartigen Erinnerungen graben zu müssen.«
Preston warf sich nach vorne, aber die Ketten, die seine Arme am Tisch und seine Beine am Boden hielten, verhinderten, dass er mir nahe kam.
»Ruhig, Brauner«, höhnte ich.
Preston lehnte sich in seinem Stuhl zurück und schenkte mir ein kaltes Lächeln, obwohl seine Wangen vor Wut gerötet waren. »Wir werden sehen, wer zuletzt lacht, Gypsy.«
Ich ignorierte die Kälte, die sich wie immer bei seinem höhnischen Tonfall in mir ausbreitete, packte seine Hände und griff nach meiner Magie. Die nächste Viertelstunde verbrachte ich damit, mich durch Prestons Geist zu graben und seine Erinnerungen zu sortieren – all die schrecklichen, entsetzlichen Dinge, die er als Schnitter getan hatte. Ich sah die Leute, die er umgebracht hatte, jeden, den er gefoltert hatte, jeden, dem er je wehgetan hatte. Ich sah alles – und es war wirklich, wirklich übel.
»Findest du irgendwas?«, fragte Metis.
Ich schüttelte den Kopf. »Nichts. Nur Erinnerungen, die ich schon kenne. Ich glaube nicht, dass er etwas von dem Angriff auf das Kolosseum weiß. Oder wo der Helheim-Dolch vielleicht versteckt ist.«
Preston zog eine Augenbraue hoch. »Suchst du immer noch nach dem Dolch, Gypsy? Ich hätte gedacht, ein cleveres Mädchen wie du hätte ihn inzwischen gefunden.«
»Klappe, Schnitter.« Ich griff wieder nach seinen Händen.
Und wieder fand ich nichts. Keinen Hinweis darauf, dass Preston etwas von dem Angriff gewusst hatte, und auch nicht die leiseste Idee, wo der Dolch war. Ich ließ seine Hände wieder los, als Metis’ Handy klingelte. Die Professorin zog das Telefon aus ihrer Tasche.
»Hallo? Hallo?« Metis ließ das Handy mit einem Kopfschütteln sinken. »Die Verbindung wurde unterbrochen. Hier unten kriege ich nie guten Empfang. Ich gehe kurz nach oben, um zurückzurufen.«
Metis wies mich an, eine Pause zu machen, da sie auch Nickamedes und Trainer Ajax über das große Nichts informieren wollte, das ich gefunden hatte. Die Professorin entschuldigte sich und erklärte, sie sei in ein paar Minuten zurück. Dann verließ sie das Gefängnis, und ich blieb mit Preston allein zurück.
Da ich den Schnitter nicht berühren wollte, während Metis nicht anwesend war, stand ich auf, wanderte durch das Gefängnis und spähte in alle Zellen. Es gab nicht viel zu sehen. In einigen der Zellen gab es Klappbetten, Waschbecken und Metalltoiletten, während andere einfach nur leere Räume waren. Ich ging davon aus, dass das die Zellen waren, in denen sie die mythologischen Kreaturen einsperrten. Die Nemeischen Pirscher, die Fenriswölfe und die Schwarzen Rocks, von denen die Schnitter ihre Drecksarbeit erledigen ließen.
Preston sagte nichts, während ich durch den Raum wanderte, aber er hielt seinen hasserfüllten Blick unverwandt auf mich gerichtet – was mir mehr Angst einjagte, als wenn er die ganze Zeit unflätig geflucht hätte.
Schließlich ertrug ich die Stille nicht länger und ging zur Tür. Ich würde draußen warten, bis Metis zurückkam, und dann würde ich wieder versuchen, in Prestons Geist etwas zu finden. Ich öffnete die Tür, um in den Flur zu treten – und entdeckte das Schnittermädchen, das davor auf mich wartete.
»Hallo, Gypsy«, sagte sie mit fieser Stimme. »Hast du mich vermisst?«
Bevor ich auch nur irgendwie reagieren konnte, selbst bevor ich schreien konnte, trat das Schnittermädchen vor und rammte mir die Faust ins Gesicht. Ich stolperte nach hinten und fiel, aber die Schnitterin war noch nicht fertig. Sie trat mir in die Rippen. Ich stöhnte und rollte mich zur Seite. Doch trotz der Schmerzen fragte ich mich, wie sie es hier runter geschafft hatte, an all diesen Türen und Schlössern
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