Frostherz: Mythos Academy 3 (German Edition)
antwortete Daphne, dann beugte sie sich doch vor und hob den Ring auf. »Bei ihnen geht es immer um Psychospielchen. Außerdem werden wir es nicht herausfinden, wenn wir hier herumstehen. Lass uns verschwinden, bevor Savannah zurückkommt. Ich glaube nicht, dass sie ein Schnitter ist, aber ich will auch nichts riskieren, falls ich mich irre.«
Wir wanderten den Flur entlang von Savannahs Zimmer in Daphnes. Ich griff mir meine Tasche und zog eine Plastiktüte heraus. Mit dem Saum meines Ärmels nahm ich Daphne den Ring ab, achtete sorgfältig darauf, ihn nicht mit bloßen Fingern zu berühren, und ließ ihn in die Tüte gleiten. Die goldenen Masken glänzten und wirkten dabei gleichzeitig fröhlich und unheilvoll.
»Also, was willst du damit machen?«, fragte Daphne.
Ich zuckte mit den Schultern. »Ich nehme an, ich gebe ihn Vivian zurück. Was soll ich sonst tun? Es ist ihr Ring. Außerdem will ich Metis nicht erzählen, dass ich entweder Savannah oder Vivian verdächtige, in Wirklichkeit das Schnittermädchen und Lokis Champion zu sein. Zumindest nicht ohne irgendwelche Beweise.«
»Ach, und was denkst du, wie wir an Beweise kommen können?«
Ich dachte darüber nach. »Ich muss sie berühren. Savannah und Vivian. Mit Gegenständen können so viele Bilder und Gefühle verbunden sein, dass manchmal alles verschwimmt, wie du schon gesagt hast. Aber ich glaube nicht, dass ein Schnitter verbergen kann, was er wirklich ist, wenn ich ihn berühre. Zumindest wüsste ich nicht, wie. Ich denke, es ist einen Versuch wert. Dann kann ich Metis sagen, wer von den beiden es ist.«
»In Ordnung, und mit wem willst du anfangen?«
»Vivian«, erklärte ich. »Das wird einfacher. Jetzt, da ich ihren Ring gefunden habe, habe ich einen Grund, sie zu treffen. Nah genug an Savannah heranzukommen wird viel schwieriger. Immerhin hasst sie mich.«
Daphne und ich schmiedeten Pläne, uns später in der Bibliothek zu treffen, und sie versprach, Carson als Rückendeckung mitzubringen. Außerdem simste ich Vivian, sich mit mir in der Bibliothek zu treffen, damit ich ihr ihren Ring geben konnte. Dann ging ich in mein Zimmer, holte Vic von seinem Platz an der Wand und erzählte ihm, was los war.
»Na, wurde aber auch wirklich Zeit, dass du die wahre Identität des Schnittermädchens aufdeckst«, sagte das Schwert. »Ich freue mich schon darauf, meine Zähne wieder in Lucretia zu vergraben.«
Vic gab ein mampfendes Geräusch von sich. Ich runzelte die Stirn und hielt ihn ein Stück von meinem Körper weg. Hatte das Schwert überhaupt Zähne? Ich hatte nie nachgesehen, und ich war mir nicht sicher, ob ich es jetzt tun wollte.
Während Vic weiter damit prahlte, wie er Lucretia in Streifen schneiden würde, ließ ich mich auf den Boden sinken und streichelte Nott. Vielleicht lag es ja nur an meiner Gypsygabe, aber es wirkte, als hätte die Wölfin seit heute Morgen ihre Größe verdoppelt. Ihre Augen waren noch stumpfer, als wäre sie immer noch müde, obwohl sie den ganzen Tag in meinem Zimmer gelegen hatte. Was stimmte nicht mit ihr? Warum war sie immer so erschöpft?
»Wie geht es dir, Mädchen?«, murmelte ich.
Nott wedelte mit dem Schwanz und lehnte sich gegen meine Hand. Ich schloss die Augen und konzentrierte mich. Wieder spürte ich den Funken Leben in ihrem Bauch, den Welpen, der auf seine Geburt wartete, obwohl ich keine Ahnung hatte, wann es passieren würde oder wie ich helfen konnte. Wegen allem, was sonst vor sich ging, hatte ich irgendwie vergessen, dass Nott eine werdende Mutter war. Ich würde später Grandma anrufen und ein paar Ratschläge einholen, wie ich es der Wölfin gemütlicher machen konnte. Grandma war auf einer Farm aufgewachsen. Sie würde wissen, was zu tun war. Das wusste sie immer.
Ich stellte sicher, dass Nott genug Wasser hatte, und gab ihr alles Fleisch, das ich beim Mittagessen aus dem Speisesaal hatte mitnehmen können. Nachdem sie gefressen hatte, rollte sich die Wölfin in ihrem Nest aus Decken zusammen und schlief ein. Ich kraulte sie ein letztes Mal, bevor ich mir Vic griff. Die Tür zu meinem Zimmer ließ ich einen kleinen Spalt offen, damit Nott mehr Platz hatte, um sich zu bewegen, falls ihr danach war. Dann wanderte ich über den Campus zur Bibliothek.
Wie gewöhnlich stoppte ich vor dem Gebäude und starrte die Greifen an, die rechts und links neben dem Eingang kauerten. Aus irgendeinem Grund begegneten sie mir in letzter Zeit überall. Erst im Tagebuch meiner Mom, dann in dem Wälzer über
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