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Frostherz

Frostherz

Titel: Frostherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Broemme
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letzten Worte spuckte sie ihm beinahe auf den Teller mit dem Gyrosfleisch. Cornelius warf Anne einen entschuldigenden Blick zu, stand auf und fasste Ami am knochigen Ellenbogen. Ihre Augen waren von schwarzer, zerlaufener Schminke umflort, was ihre blaue Iris noch stärker zum Leuchten brachte. Ihr knalliger Lippenstift war verschmiert und der Halsausschnitt ihres zerfledderten gelben Tops rutschte ihr über die Schulter. Sie versuchte, sich zu wehren, aber Cornelius war stärker. Er führte sie an den Rand der Terrasse, die Blicke aller Anwesenden folgten ihnen. Anne versuchte, sich auf ihr Essen zu konzentrieren. Trotzdem war Ami nicht zu überhören.
    »Du nutzt mich nur aus, du Schmarotzer. Ich kann jedem hier sagen, dass du…«
    Anne blickte zu den beiden hinüber. Einen Moment sah es so aus, als würde Cornelius Ami eine runterhauen. Aber stattdessen zog er sie ganz dicht zu sich heran, legte ihr seinen Zeigefinger auf die Lippen und sah sie durchdringend an. Er zischte ihr etwas zu, was Anne nicht verstehen konnte. Und die übrigen Schüler auch nicht. Schließlich riss sich Ami los und rannte über den Rasen davon. Cornelius richtete sich zu seiner ganzen Größe auf, würdigte niemanden eines Blickes, setzte sich an seinen Platz und aß weiter. Als sei nichts geschehen.
    »Was wolltest du mir erzählen?«, fragte er Anne ruhig. Sie holte tief Luft. Spürte ein Grummeln in ihrem Magen.
    »Was war das?«, fragte sie schließlich zurück. Sie musste endlich anfangen, nicht mehr alles runterzuschlucken. Auch wenn sie sich bei ihrem Vater noch nicht traute, den Mund aufzumachen – mit Cornelius wollte sie dieses Verdrängen, dieses Über-alles-Hinweggehen einfach nicht erleben. Sie wollte, dass Ehrlichkeit und Offenheit zwischen ihnen herrschte.
    »Die ist total stoned. Die weiß nicht, was sie redet.«
    Anne umklammerte die Gabel in ihrer Hand wie einen Schwertknauf. »Hast du ihr wirklich versprochen, mit ihr zum Essen zu gehen?«
    »Kann sein. Mann, ich bin froh, wenn ich die los bin. Ich glaub, die ist verschossen in mich. Ich weiß nicht, was die in mir sieht.« Er wirkte ernsthaft ratlos.
    Anne entspannte sich langsam. »Wenn du lieber mit ihr zusammen…«
    »Quatsch!« Cornelius hob entrüstet die Augenbrauen. »Ich hab gelegentlich einen Joint mit ihr zusammen geraucht. Keine große Sache. Aber sie… Weiber, echt, ey!«
    »Agent Cooper!«, sagte Anne streng. »Contenance, bitte!« Sie sah, wie der bittere Zug um seinen Mund verschwand. Ein kleines Lächeln erschien. Er straffte sich, nahm Gabel und Messer auf und donnerte beide senkrecht auf den Tisch, dass der Teller schepperte. »Jawohl, Chiefinspector Cole«, salutierte er sehr laut.
    Anne lachte. »Der war doch kein Chiefinspector. Der ist doch der Regionalchef. Dieser Schwerhörige, oder?! Na, egal…«
    Endlich konnten sie wieder entspannt miteinander lachen.
    Wie gerne wäre Anne nach dem Essen mit Cornelius durch die Altstadt gebummelt, hätte in seinem Lieblingscafé einen Espresso mit ihm getrunken und ihm in aller Ruhe von ihren Erlebnissen berichtet. Stattdessen saßen sie nun in der hintersten Busreihe und Anne erzählte so leise von ihren nächtlichen Erlebnissen, dass Cornelius ständig »Was?« nachfragen musste. Von der Haltestelle gingen sie gemeinsam die wenigen Meter bis zu Annes Haus.
    »Kann ich nicht wieder in den Garten mitkommen?«, fragte Cornelius. Anne zögerte. Dann sagte sie jedoch: »Okay, warte zehn Minuten, dann komm hinten durch den Garten rein. Pass auf, dass du nicht von der Wohnzimmerkamera erfasst wirst. Ich setze mich dann nach draußen und wir können reden.«
    Schließlich hockte er, die langen Beine in einer kurz abgeschnittenen, fransigen Frackhose ausgestreckt, auf dem Rasen, spielte mit einem Grashalm und sah Anne durchdringend an. »Ich weiß gar nicht, was ich irrsinniger finden soll. Das geheime Zimmer, den Einbrecher – oder dich!«
    Anne saß so ruhig wie möglich da und hielt einen Stift über ihr Mathebuch. Für die Kamera sollte es so aussehen, als säße sie einfach auf der Terrasse und machte ihre Hausaufgaben.
    »Ich finde das alles total irrsinnig!« Sie schüttelte vorsichtig den Kopf. »Was kann dieser Einbrecher nur gesucht haben? Meine Großmutter hat doch keine versteckten Goldschätze oder so etwas. Außerdem ist er so gezielt vorgegangen. Ich weiß ja nicht, wo er sonst noch im Haus gesucht hat. Das Wohnzimmer sah jedenfalls unberührt aus, als ich ging. Und ich frag mich, wie der ins

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