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Frostherz

Frostherz

Titel: Frostherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Broemme
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hatte den Fehler aber gerade noch erkannt. Vor Annes Haus stand bereits der dunkelblaue Mercedes ihres Vaters. Mist, er würde ja an der Tür klingeln müssen, fiel Cornelius ein. Aber letztlich war das egal – schließlich würde der Schwindel sowieso in den nächsten paar Minuten auffliegen. Also gab er sich nicht einmal die Mühe, so zu tun, als habe er seinen Schlüssel vergessen.
    Die Maklerin war noch nicht ganz aus dem Auto ausgestiegen, da läutete er schon. Es dauerte einen Moment, bis Johann Jänisch die Tür öffnete und ihn verwundert anblickte.
    »Äh, hallo«, fing Cornelius an. Marita Jung stand nun neben ihm und streckte Annes Vater die Hand entgegen.
    »Hallo, Herr Jänisch«, sagte sie charmant. »Ihr Sohn war so nett und hat mir das Haus gezeigt. Sehr beeindruckend! Ich würde mich freuen, wenn wir schon ein paar Details besprechen könnten.« Ihr Lächeln hätte jeden Schneemann zum Schmelzen gebracht. Hinter Johann, der die beiden Besucher völlig entgeistert anstarrte, tauchte nun Anne auf.
    »Kommen Sie doch rein«, sagte das Mädchen und Cornelius sah seinen Eindruck bestätigt: Die beiden hätten Schwestern sein können.
    »Moment, bitte«, Johann Jänisch fand seine Sprache wieder. »Können Sie mir erklären, warum Sie hier sind?«
    Das Lächeln erlosch.
    Anne, dein Einsatz, dachte Cornelius.
    »Das ist schon okay«, sagte sie endlich. »Danke, Cornelius, für deine Hilfe.« Dann schob sie ihren Vater ins Haus, winkte die Maklerin herein und schloss ein wenig schwungvoll die Tür. Ihr Blick, den sie ihn zum Abschied schenkte, wirkte leicht überfordert.
    »Bitte, warten Sie doch einen Moment hier«, sagte Johann eine Spur gereizt und ließ die Maklerin mitten im Flur stehen. Am Oberarm zog er Anne ins Wohnzimmer und schloss die Tür.
    »Was soll das, Anne?«, fragte er scharf.
    »Sie interessiert sich für das Haus«, zischte Anne. »Papa – wir brauchen das Geld!«
    Johann versenkte die Hände in den Hosentaschen und ging im Zimmer auf und ab. »Du bist unmöglich, Anne! Holst fremde Leute ins Haus! Und wenn ich auch schon eine Immobilienfirma beauftragt hätte?«
    »Ups. Hast du?«
    »Nein. Aber ich will auch nicht. Noch nicht.«
    »Aber…«
    »Außerdem sollst du dich da nicht einmischen. Du bist noch ein Kind!«
    »Es ist alles nur wegen des Zimmers, gib es zu!« Anne schrie nun, sie wusste nicht, woher sie den Mut nahm, diese Worte auszusprechen. Johann lief hochrot an. »Woher –«, fing er an, aber da ging die Wohnzimmertür auf und die Maklerin steckte den Kopf herein.
    »Entschuldigung, wenn es Ihnen nichts ausmacht«, sagte sie zuckersüß, »vielleicht einigen Sie sich erst einmal, ob Sie mich wirklich benötigen, und dann komme ich gerne wieder.«
    »Nein, nein, kommen Sie rein«, sagte Anne rasch, die froh war, damit ihren Vater ablenken zu können. »Es ist alles gut. Alles gut.«
    Sein schlanker Körper in der dunklen Anzughose und dem fliederfarbenen Hemd darüber straffte sich, mit einer schnellen Geste strich er sich die Haare aus dem Gesicht und lächelte. In seinen blauen Augen flammte ein Licht auf.
    »Du musst doch sicher noch Hausaufgaben machen«, wies er Anne aus dem Zimmer.
    Es wurde ein langes Gespräch. Zuerst bewirtete Johann Marita Jung mit einem Mineralwasser, später kramte er eine Flasche Rotwein hervor und ein paar Cracker. Anne konnte sich nicht vorstellen, dass es noch immer um das Haus ging.
    Sie verließ den Abend über ihr Zimmer nicht. Erst hatte sie nach Andreas Jänisch gegoogelt, aber es war nichts dabei herausgekommen. Dann las sie sich die neuesten Forumsbeiträge ihrer liebsten Twin-Peaks- Fan-Page durch und diskutierte ein wenig mit, inwieweit die Inbesitznahme von Agent Cooper durch den bösen Geist BOB wohl schon am Anfang des Drehs der Serie festgestanden oder ob Regisseur David Lynch sich erst später zu diesem Fortgang der Geschichte entschlossen hatte. Natürlich gab es für beide Ansichten genügend Pro und Kontra.
    Als sie um kurz vor halb elf zum Zähneputzen ins Bad ging, hörte sie noch immer das glockenhelle Lachen von Marita Jung aus dem Wohnzimmer herüberschwappen.
    Es war ja nicht so, dass sie ihrem Vater keine neue Frau gönnte. Im Gegenteil, sicher würde es ihm guttun, sich zu verlieben. Und ihr auch! Denn das würde ihn von der Sorge um seine Tochter etwas ablenken. In den letzten Jahren waren die wenigen Versuche ziemlich schnell und ziemlich kläglich gescheitert.
    Neben Martha war da Tatjana gewesen und ihr Sohn Timo.

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