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Frostherz

Frostherz

Titel: Frostherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Broemme
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Freude daran haben kann. Auch ich. Aber stattdessen durchbohren mich seine Schweinsaugen und ich verstehe nicht, wie ich in ihren Blickwinkel geraten konnte. Doch der harte Stuhl unter mir bringt mich zur Besinnung. Er redet auf mich ein, einmal schwebt seine Hand ganz dicht über meiner Schulter, und wenn er es wagt, mich anzufassen, dann werde ich kein Seil mehr brauchen, dann erwürge ich ihn mit den Händen. Aber nein, ich bin ja ein kleiner böser Kasperl, ein Kistenteuferl und der gehört zurückgedrückt in sein Kästchen, damit er nicht wieder hervorschnellt, um arme Mädchen zu verprügeln. Und ich solle froh sein, sagt seine Stimme, dass sie mich nicht angezeigt hat. Dass sie sich ihm anvertraut hat. Und er weiß ja genau, dass ich in meinem Herzen ein Engel bin, und nur die Phase ist schuld. Nur die Phase der Pubertät. Vielleicht hätte er mich nicht verlassen dürfen, das sagt er ganz ernst und der Boden tut sich bald auf, denn ich habe ihn so sehr durchbohrt mit meinen Blicken, dass kein Platz mehr ist für anderes als Löcher. Und dann legt er tatsächlich die Hand auf meine Schulter und ich springe auf, er weicht zurück, ich fletsche die Zähne und bin raus. Ich lehne an der Mauer im Gang und atme ganz langsam, ganz langsam, atme an gegen das Kotzen. Und einmal mehr wird mir klar, dass nicht ich es bin, der falsch ist auf diesem Planeten, sondern er. Und wenn ich nichts tue, wird ihm dieser Planet bald gehören und er wird mich herunterstoßen und ich werde trudeln durchs Weltall in die endlose Schwärze der Zeit und der Nacht und des Nichts.

9. Kapitel
    Hedi wird da sein, wenn du aus der Schule kommst«, sagte Johann und konnte einen besorgten Ton in seiner Stimme nicht unterdrücken. »Ich bringe ihr gleich noch den Schlüssel vorbei.«
    »Ist gut«, sagte Anne. Davon, dass offenbar jemand ihr Zimmer durchwühlt hatte, sagte sie ihm nichts. Auch wenn sie eine weitere Nacht kaum geschlafen hatte. Er würde seine Reise sofort absagen. Und das würde Annes Plänen gar nicht entgegenkommen. Auch wenn sie unter Hedis Aufsicht stand, war ihr klar, dass diese längst nicht so streng wie die ihres Vaters sein würde. Sie hatte sich vorgenommen, Cornelius heute Nachmittag einfach mitzubringen und zu sagen, sie müssten ein Referat zusammen machen.
    Es dauerte etwas, bis sie ihn nach der vierten Stunde endlich im Gang zu ihrem Klassenzimmer traf.
    »Agent Cooper«, sprach sie ihn von hinten an und es hatte den Anschein, als zucke er zusammen. Als er sich jedoch umdrehte, ging ein Strahlen über sein Gesicht. Er wirkte seltsam stoppelbärtig heute, obwohl er sonst auf ein glatt rasiertes Kinn viel Wert zu legen schien. Seine Augen waren von rötlichen Lidern umrahmt, dunkle Schatten darunter.
    »Schlecht geschlafen?«, fragte Anne und Cornelius gähnte.
    »Sorry, alles okay«, sagte er dann. »Und bei dir?«
    »Mein Vater ist weg, über Nacht!« Sie konnte die Begeisterung in ihrer Stimme nicht verhehlen. Cornelius sah sie irritiert an. Als sie ihm ihren Vorschlag unterbreitete, hellte sich seine Miene deutlich auf.
    »Fährst du mich auf dem Monster heim?«, fragte sie. Er hob langsam die Hand und eine Sekunde hatte sie den Eindruck, er würde über ihre Haare streichen wollen, aber dann nickte er nur.
    Während Cornelius das Motorrad parkte, telefonierte Anne mit ihrem Vater und versicherte, dass alles in Ordnung sei.
    »Hallo«, rief sie in die Wohnung, nachdem sie aufgeschlossen hatte. Mit einem Geschirrtuch in der Hand kam ihnen Hedi Aumüller entgegen. Ihre langen weißen Haare waren zu einem kleinen Dutt weich zusammengesteckt, ihre Wangen leuchteten rot und die blauen Augen wirkten frisch. Sie hatte den Ausdruck einer kleinen Spitzmaus, die sich über ein paar Nüsse freute. Anne nahm Hedi herzlich in die Arme.
    »Wie schön, dich zu sehen, Anne«, sagte die alte Dame. »Und wen haben wir hier?« Sie lächelte Cornelius freundlich an. Anne stellte ihn vor.
    »Wir müssen ein Referat zusammen machen und endlich damit loslegen.«
    »Das trifft sich wunderbar«, schmunzelte Hedi. »Ich habe gerade einen Schokoladenkuchen gebacken und die Sahne ist auch gleich geschlagen. Mögt ihr Kaffee dazu?«
    Cornelius bejahte begeistert, als hoffe er, seine Lebensgeister dadurch auffrischen zu können. Anne wollte schon sagen, dass Schokokuchen, Schlagsahne und Kaffee sonst nicht auf ihrem Speiseplan standen, aber sie verkniff sich die Bemerkung.
    »Du sollst dir doch nicht so eine Mühe mit uns machen«, sagte sie

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