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Frostkuss

Frostkuss

Titel: Frostkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Estep
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Schülern angefasst hatten, also blitzten keine größeren Visionen auf. Nur ein unbestimmtes Gefühl von Schülern, die durch die Seiten blätterten, auf der Jagd nach irgendwelchen obskuren Informationen, die sie für ihren aktuellen Aufsatz brauchten.
    Ich nehme an, ich hätte Handschuhe tragen können – nicht nur in der Bibliothek, sondern überall –, um die Visionen ganz zu vermeiden. Ihr wisst schon, so altmodische weiße Seidenhandschuhe, die bis zu den Ellbogen reichen. Aber dann wäre ich in Mythos endgültig zum Freak abgestempelt worden – das Gypsymädchen mit dem Handschuhtick. Ich fügte mich auf der Akademie zwar nicht richtig ein, aber ich wollte nicht auch noch mit meiner Andersartigkeit hausieren gehen.
    Ich hielt die Augen nach Schülern offen, die ihr abendliches Rummachen zwischen den Regalen noch nicht beendet hatten. Letzte Woche war ich um eine Ecke gebogen und hatte zwei Kerle aus meinem Englischkurs entdeckt, die es trieben wie die Karnickel.
    Aber ich hörte nichts und sah auch niemanden, während ich durch die Bibliothek wanderte und die Bücher zurück an ihre Regalplätze schob. Das Ganze wäre um einiges schneller gegangen, wäre der Wagen nicht so alt und klapprig gewesen und hätte er nicht wegen eines kaputten Rades immer wieder nach rechts gezogen. Jedes Mal, wenn ich versuchte, mit dem dämlichen Ding um eine Ecke zu biegen, rammte er irgendeinen Schaukasten mit Antiquitäten.
    Es gab Hunderte Vitrinen in der Bibliothek, und sie sahen alle aus wie diejenige, zu der Nickamedes mich am Anfang meiner Schicht geschleppt hatte. Glänzende Glaskästen, in denen die verschiedensten Dinge lagen. Ein Dolch, der Alexander dem Großen gehört hatte. Eine Halskette der Kriegerkönigin Boudicca. Ein mit Juwelen besetzter Kamm, den Mark Anton Kleopatra als Zeichen seiner unsterblichen Liebe geschenkt hatte, bevor sie beide ins Gras bissen.
    Manche der Gegenstände waren irgendwie cool, und ich warf fast immer einen schnellen Blick auf die silbernen Tafeln an den Vitrinen, um mich darüber zu informieren, was ich vor mir hatte. Ich hatte noch nie versucht, einen der Kästen zu öffnen, da sie alle mit irgendeinem magischen Hokuspokus geschützt waren, um Diebstähle zu verhindern. Aber trotzdem fragte ich mich immer, wie viel die Sachen wohl auf eBay bringen würden, falls sie wirklich echt waren. Wahrscheinlich genug, um selbst Jasmine Ashton, das reichste Mädchen auf Mythos, in Versuchung zu führen, das eine oder andere davon in ihre Designertasche zu stopfen.
    Zehn Minuten später stellte ich das letzte Buch an seinen Platz, packte den Wagen und bemühte mich, ihn zurück zum Ausleihtresen zu bugsieren. Aber natürlich hatte das Metallgestell seinen eigenen Willen und hielt auf den nächsten Schaukasten zu. Ich schaffte es gerade noch, es zu stoppen, bevor es gegen das Glas stieß.
    »Dämliches Rad«, murmelte ich.
    Ich wanderte um den Wagen herum und bemühte mich, ihn in die andere Richtung zu schieben, als ein silbernes Aufblitzen meine Aufmerksamkeit erregte. Neugierig sah ich in die Vitrine, neben der ich stand.
    Ein Schwert lag darin, eins von Hunderten in der Bibliothek. Mein Blick huschte auf der Suche nach der Tafel über das Glas, weil ich wissen wollte, wem das Schwert gehört und was derjenige damit getan hatte, das so verdammt besonders gewesen war. Aber an diesem Schaukasten gab es keine Erklärung. Keine silberne Tafel außen, keine kleine weiße Karte innen, nichts. Seltsam. Jeder andere Schaukasten, den ich bisher gesehen hatte, war irgendwie beschriftet gewesen. Vielleicht hatte Nickamedes den hier vergessen, weil er so weit hinten zwischen den Regalen im Niemandsland stand.
    Ich hätte den Wagen den Gang entlangschieben, zurück zum Ausleihtresen gehen und schon einmal meine Tasche packen sollen, damit ich in dem Moment verschwinden konnte, in dem Nickamedes zurückkam. Aber aus irgendeinem Grund blieb ich stehen und schaute mir das Schwert noch einmal an.
    Es war ein recht einfaches Schwert – eine lange Klinge aus stumpfem, silbrigem Metall mit einem Knauf, der nur wenig größer war als meine Hand. Im Vergleich zu einigen der riesigen Brechstangen, die ich in der Bibliothek schon gesehen hatte, war es eine kleine Waffe.
    Trotzdem, irgendwas an der Form des Schwertes schien mir … vertraut. Als hätte ich es schon einmal gesehen. Vielleicht gab es ja ein Bild davon in meinem Buch über Mythengeschichte. Vielleicht hatte irgendein Bösewicht es im Chaoskrieg

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