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Frostnacht

Frostnacht

Titel: Frostnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Estep
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nickte höflich. Das Mädchen gab vor, nicht zu bemerken, dass die anderen Jugendlichen ihr absichtlich aus dem Weg gingen, aber sie hatte die Zähne zusammengebissen, und ihr gesamter Körper war verkrampft vor Wut – und vor Schmerz.
    Die junge Frau erinnerte mich an, na ja, mich. In meiner Anfangszeit auf Mythos war es mir genauso ergangen – ich war diejenige gewesen, die allein herumstand und die anderen Schüler beobachtete, während ich hoffte, dass zumindest einer von ihnen mich bemerken würde.
    Das Mädchen entdeckte, dass ich sie beobachtete, und drehte den Kopf in meine Richtung. Ihre Augen waren von einem hellen, leuchtenden Grün. Das Mädchen starrte mich böse an, verschränkte die Arme vor der Brust und wandte den Blick wieder ab.
    Sie musste zu den Mythos-Schülern gehören, die nach Snowline Ridge fuhren – ich fragte mich nur, ob sie außerdem ein Schnitter war. Das hätte erklärt, warum sie scheinbar ganz allein hier herumstand. Vielleicht war sie als Einzige zum Bahnhof geschickt worden und jetzt emsig damit beschäftigt, mich und meine Freunde zu beobachten, statt mit ihren eigenen Freunden abzuhängen.
    Oder vielleicht war ich auch einfach nur paranoid.
    Dann stand sie eben allein am Rand. Das bedeutete noch nicht, dass sie ein Schnitter war. Trotzdem sah ich immer wieder zu dem Mädchen, das meine Blicke böse erwiderte.
    »Was starrst du so?«, knurrte sie schließlich.
    Ich zuckte mit den Achseln. »Nur so, um die Zeit totzuschlagen.«
    »Zieh ab und schlag deine Zeit woanders tot. Oder ich sorge dafür, dass du dir dringend wünschst, du hättest genau das getan.«
    Ich zog die Augenbrauen hoch. »Wirklich?«
    »Ja. Wirklich.«
    Ein purpurner Farbtupfen erregte meine Aufmerksamkeit, und ich senkte den Blick. Vics Heft stand aus meiner Tasche heraus. Das Schwert war aus seinem letzten Schläfchen erwacht, doch statt wie gewöhnlich erst mal zu gähnen, starrte es das Mädchen böse an.
    »Halt mich gegen ihre Kehle, und ich sorge ganz schnell dafür, dass sie ihre pampigen Worte zurücknimmt«, murmelte Vic.
    Das Mädchen schaute noch grimmiger drein. »Was hast du gesagt?«
    »Nichts. Gar nichts.«
    »Nichts!«, schnaubte Vic beleidigt. »Ich werde ihr nichts zeigen …«
    Ich beugte mich vor und legte dem Schwert die Hand über den Mund, um es zum Schweigen zu bringen. Vic würde mich später dafür zahlen lassen, aber im Moment musste er einfach den Mund halten. Es war eine Sache, dass die Schnitter wussten, dass wir kamen. Es war etwas ganz anderes, wenn das Schwert anfing, Drohungen auszustoßen und jedem genau zu verraten, wo wir uns gerade befanden.
    Das Mädchen kniff die Augen zusammen und sah an mir vorbei. Eine Sekunde später trat Daphne neben mich. Die Walküre verschränkte die Arme vor der Brust und musterte das Mädchen kühl von oben bis unten.
    »Probleme, Gwen?«
    »Kein Problem.«
    »Gut«, antwortete Daphne. »Der Zug kommt gleich. Ajax möchte, dass wir rausgehen.«
    »Ich komme.«
    Daphne starrte das Mädchen noch einen Moment an, bevor sie zu Carson und den anderen zurückstiefelte. Ich folgte ihr.
    Trotzdem konnte ich mich nicht davon abhalten, über die Schulter zurückzusehen. Das Mädchen starrte mich immer noch böse an. Doch für einen Moment meinte ich, tiefe Trauer in ihren Augen aufblitzen zu sehen, während ihre Mundwinkel nach unten sanken. Aus irgendeinem Grund sorgte diese Miene dafür, dass ich zu ihr zurückgehen wollte, um herauszufinden, was sie so belastete.
    »Jetzt komm schon, Gwen!«, rief Daphne.
    Aber meine Freunde warteten auf mich, also verdrängte ich das Mädchen aus meinen Gedanken und folgte ihnen auf den Bahnsteig.

Eine Viertelstunde später fuhr der Zug in den Bahnhof ein. Der Pfiff der Lokomotive durchschnitt die Luft des frühen Morgens so hoch und scharf wie das Kreischen eines Schwarzen Rock. Oder vielleicht schien es mir nur so, weil ich wusste, dass uns die Schnitter oben in der Akademie und in den Eir-Ruinen schon erwarteten – falls wir überhaupt so weit kamen.
    Wie schon der Bahnhof hatte auch der Zug lange, gepolsterte Holzbänke mit Handläufen aus Messing. Hier und dort im Waggon waren sogar ein paar Tische am Boden befestigt, damit die Leute einander gegenübersitzen konnten. Ich saß allein auf der Bank. Oliver und Alexei hatten sich zwei Sitze auf der anderen Seite des Ganges ausgesucht, während Daphne und Carson vor mir saßen. Trainer Ajax hatte Oliver und Alexei gegenüber Platz genommen und stützte die

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