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Frostnacht

Frostnacht

Titel: Frostnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Estep
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haben.«
    Mir blieb keine Zeit für eine Antwort, bevor das Schnittermädchen mich auch schon erreichte.
    Klirr-klirr-klong!
    Wir kämpften den Gang auf und ab, während jede von uns versuchte, ihr Schwert im Körper der anderen zu versenken. Ich duckte mich unter den Angriffen des Schnittermädchens hinweg und drängte an ihr vorbei, um mich zwischen sie und meine Freunde zu stellen. Dabei warf ich einen schnellen Blick über die Schulter. Oliver versuchte über die Bänke zu klettern, um hinter das Schnittermädchen zu kommen, während Alexei damit beschäftigt war, seine zwei Schwerter aus seinem schwarzen Rucksack zu ziehen. Ich wusste, dass meine Freunde mir helfen wollten, aber dafür blieb keine Zeit. Außerdem wollte ich gegen dieses Schnittermädchen kämpfen, um meine gesamte Sorge, Wut und Angst an ihr auszulassen. Also trat ich vor und konzentrierte mich vollkommen auf meinen Feind.
    Das Mädchen war unglaublich schnell wie alle Amazonen, aber das ständige Schwanken des Zuges brachte sie mehr aus dem Gleichgewicht als mich. So verfehlten mich all ihre Angriffe um Haaresbreite. Durch die Fenster sah ich, dass wir auf eine lange Kurve zufuhren. Der Waggon würde sich nach links neigen. Also parierte ich die Schläge des Mädchens und wartete auf den richtigen Moment.
    Ich legte mich in die Kurve und ließ mich von der Bewegung des Zuges auf das Mädchen zutragen – sodass ich Vics scharfe Spitze in ihren Bauch rammen konnte.
    Sie schnappte nach Luft, sowohl vor Schmerz als auch vor Überraschung. Der Zug neigte sich in die andere Richtung, und meine Klinge glitt aus ihrem Körper.
    Das Schwert des Mädchens fiel zu Boden. Sie presste sich die Hände auf den Bauch und atmete flach. Ungläubig sah sie auf das Blut hinunter, das aus der Wunde quoll, dann wieder zu mir. Für einen Moment blitzte ein schnitterroter Funke in ihren Augen auf, dann erlosch er abrupt, als hätte man ein Licht ausgeschaltet. Das Mädchen fiel vorwärts auf einen der Tische, und ihr Kopf knallte gegen das Fenster, während ihre Beine nachgaben. Danach bewegte sie sich nicht mehr.
    Schwer atmend starrte ich auf meine tote Feindin hinunter. Ich kannte das Mädchen nicht, hatte es noch nie zuvor gesehen, aber mir fiel auf, dass die junge Frau ungefähr im selben Alter war wie Jason Anderson. Eine Jugendliche. Genau wie ich. Und jetzt war sie genauso tot wie er – und das nur meinetwegen.
    »Gwen?« Oliver kam aus der Bankreihe, über die er vor einem Moment noch hatte klettern wollen, trat vor und legte mir eine Hand auf die Schulter.
    »Mir geht es gut«, sagte ich. »Sie hat mich nicht verletzt.«
    Zumindest nicht äußerlich, auch wenn die Tatsache, dass ich sie getötet hatte, einen weiteren, kleinen Riss in meinem Herzen hinterlassen hatte. Ich fragte mich, wie viele dieser Risse es ertragen konnte, bevor es in Stücke zerfiel.
    Natürlich hatte unser Kampf die Aufmerksamkeit der anderen Passagiere erregt. Sie mühten sich auf die Füße und drehten sich, um zu sehen, was den Aufruhr verursacht hatte.
    Ich atmete tief durch und hob Vic. »Also, vergibst du mir jetzt?«
    »Vielleicht«, sagte das Schwert. »Wenn du den Rest des Kampfes überlebst.«
    Ich runzelte die Stirn. »Den Rest des Kampfes? Wovon redest du?«
    Vic sah an mir vorbei.
    Ich drehte den Kopf in die entsprechende Richtung und erhielt schon eine Sekunde später die Antwort auf meine Frage. Denn die Leute im Waggon standen nicht etwa auf, weil sie sich Sorgen wegen des Kampfes machten. O nein. Sie standen auf, weil sie alle lange, schwarze Mäntel trugen, genau wie das Schnittermädchen.
    Und weil sie alle scharfe, gebogene Schwerter hielten – und weil die Augen jeder einzelnen Person in diesem hellen, unheimlichen Schnitterrot leuchteten.

Oliver und Alexei verstanden ungefähr zur selben Zeit wie ich, was eigentlich vorging. Oliver fluchte, während es Alexei endlich gelang, seine Schwerter aus dem Rucksack zu ziehen. Oliver packte meine Schulter und schob mich hinter sich, sodass ich zwischen ihm und Alexei stand.
    »Wir müssen hier raus«, sagte Alexei.
    Der Bogatyr wandte sich dem hinteren Teil des Waggons zu. Doch er hatte noch keine zwei Schritte in diese Richtung getan, als sich die Tür an diesem Ende mit einem Zischen öffnete und auch dort Leute in langen, schwarzen Roben und mit Schwertern in den Händen eintraten. Das rote Leuchten in den Augen der Schnitter schien das Innere des Waggons zu verdunkeln trotz des Sonnenlichts, das durch die Fenster

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