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Frostnacht

Frostnacht

Titel: Frostnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Estep
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felsigen Boden verteilt lagen, schien alles ordentlich, präzise und sauber, als hätte jemand geplant, dass die Ruinen genauso aussehen sollten. Ich fragte mich, ob hier wohl die Göttin Eir oder andere Magie am Werk gewesen war.
    Und wieder war ich überrascht von der schieren Anzahl der Greifen.
    Sie waren überall, genau wie in der Akademie. Ich entdeckte sie als Relief auf zersplitterten Felsbrocken, als Bilder an verschiedenen Wänden, und sie erhoben sich auch als Statuen aus dem Schutt. Ich entdeckte sogar etwas, das aussah wie eine riesige Steinsäule, auf der ein Greif hockte, als hielte er Wache über die Ruinen. Der Blick des Greifs traf meinen, dann schienen seine Augen meinen Bewegungen zu folgen. Unheimlich wie immer.
    Rachel führte uns durch die Ruinen, wobei sie uns hin und wieder auf besondere Sehenswürdigkeiten hinwies. Singvögel, die in einen der Felsblöcke gemeißelt waren, oder Bären, die in einem anderen Relief im Spiel übereinanderkullerten. Sie zeigte uns sogar ein paar Stellen mit Dill, Salbei und anderen Kräutern, die sie gewöhnlich für die Akademieküche pflückte und mit nach Hause nahm.
    Schließlich erreichten wir den Hof in der Mitte des Ruinenkomplexes. Und wieder wurden Covingtons Bilder dem Ort nicht gerecht. Die umgestürzten Wände und zerbröselten Steine bildeten eine Art Steingarten am Rande des Hofes. Dahinter übernahmen die Blumen endgültig die Herrschaft. Hunderte und Tausende von Blumen, Ranken und kleinen Bäumen drängten sich auf der riesigen Freifläche. Nach den endlosen grünen Kiefern, die unseren Weg nach oben gesäumt hatten, war es, als wäre ein Regenbogen vor meinen Füßen explodiert. Pink, Blau, Purpur und die verschiedensten Rottöne erstreckten sich gute hundert Meter weit über den Boden. Das Einzige, was den allumfassenden Aufruhr der Farben durchbrach, war der kleine Bach, der den Hof und den Brunnen in der Mitte durchfloss. Doch selbst das Wasser schien die fröhliche Helligkeit der Blüten der Umgebung zu reflektieren. Das vielleicht Eindrucksvollste an der ganzen Sache war allerdings der Duft – ein süßer, scharfer, frischer Geruch, der mich gleichzeitig an Blumen, Wasser, Schnee und Wind denken ließ.
    »Wenn es irgendwo Chloris-Ambrosia-Blüten gibt, dann sollten sie hier zu finden sein«, erklärte Rachel. »Dies war der Garten der Göttin Eir, und wie ihr sehen könnt, wachsen auch heute noch die verschiedensten Blumen hier. Sie stellen die wahre Magie der Ruinen dar.«
    Ich schnaubte. Das war ja wohl eine Untertreibung. Ein Meer von Blumen füllte den Hof. Ich hatte noch nie so viele verschiedene Arten in so vielen verschiedenen Farben, Formen und Größen gesehen. Es war ein atemberaubender Anblick, aber gleichzeitig rutschte mir auch das Herz in die Hose. Denn wie sollten wir in diesem Feld aus Tausenden von Blüten eine bestimmte Pflanze finden? Ich bezweifelte, dass sogar Herkules diese Aufgabe hätte vollbringen können.
    Anscheinend drängte sich den anderen derselbe deprimierende Gedanke auf, denn wir standen alle schweigend da und starrten auf das Blütenmeer. Für einen Moment hörte man nur das scharfe Pfeifen des Windes, der durch den Hof blies, die Blumen bewegte und ein paar Blütenblätter wie farbige Schneeflocken in die Luft riss, bevor sie in langsamen Spiralen zu Boden sanken.
    »Na los«, brummte Ajax. »Lasst uns anfangen. Wir müssen das Chloris-Ambrosia vor Einbruch der Nacht finden.«
    Alexei und Oliver halfen Rachel dabei, unsere Zelte auf einer freien Stelle an einem Ende des Hofes aufzubauen, dann machten sich die drei daran, Feuerholz zu sammeln. Ajax und Covington standen an den Rändern des Hofes Wache, während Daphne, Carson, Rory und ich nach den Ambrosia-Blüten suchten.
    Ich wanderte von einer Ranke zur nächsten, von einem Blütenpolster zum nächsten und verglich die Pflanzen vor mir mit dem Bild auf meinem Handy. Chloris-Ambrosia sah ein wenig aus wie Geißblatt, genau wie Carson erklärt hatte. Eine hübsche, gewundene Ranke mit weißen, trompetenförmigen Blüten. Der einzige Unterschied waren die purpurnen Streifen und die leicht graue Färbung im Inneren der weißen Blütenblätter. Man musste sich tatsächlich die Zeit nehmen, die Blüte anzuheben und hineinzuspähen, um zu schauen, ob die farbigen Streifen vorhanden waren. Und natürlich war jede Blüte, die ich fand und anhob, innen einfach weiß, nicht purpurn und grau.
    Weiter hinten im Garten schüttelte Carson ein Niesanfall, der allen

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