Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Frostnacht

Frostnacht

Titel: Frostnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
Vom Netzwerk:
hielt.
    Das Messer würde er wahrscheinlich abliefern müssen, überlegte er. Die Polizei verständigen. Aber musste er das wirklich tun? Ging ihn das überhaupt etwas an? Es war ein verdammt gutes Messer.
    Der Autofahrer sah, dass er keine Anstalten machte, herauszukommen, und drückte auf die Hupe.
    Er hörte das Hupen gar nicht, denn es ging ihm durch den Kopf, dass die Polizei glauben könnte, er habe den Jungen umgebracht, weil er im Besitz der Mordwaffe war. Würden sie ihm Glauben schenken, dass er das Messer im Metallcontainer gefunden hatte und hineingestiegen war, weil er es dort glitzern gesehen hatte und weil er Routine darin hatte, brauchbare Dinge zu finden? Die Container wurden alle paar Tage ausgetauscht, und dieser hier war etwa halb voll. Irgendjemand hatte das Messer dort hineingeworfen. Der Mörder?
    Der Nachrichtensprecher hatte gesagt, dass ein Messer dieser Art vermutlich die Mordwaffe sei, und wenn das so wäre, stünde der Täter in irgendeiner Verbindung mit der Schule.
    Der Mann im Auto war mittlerweile reichlich ungeduldig geworden und hupte wieder, diesmal länger.
    Er schrak zusammen und schaute hinaus.
    Vielleicht würden sie ihm nicht glauben. Man hatte ihn sogar schon bezichtigt, ein Rassist zu sein, als er davon erzählt hatte, wie solche Asiaten mit Säcken voller Dosen und Flaschen ankamen und einem falsche Zahlen vorlogen.
    Aber auf der anderen Seite konnte er berühmt werden.
    Berühmt werden! Er sah zu dem Autofahrer hinüber, der ihn wütend anstarrte und ihm mit Handbewegungen zu verstehen gab, dass er herauskommen und sich mit ihm befassen solle.
    Er lächelte.
    Der Fahrer brüllte laut, als er sah, wie der Mann im Torhäuschen ein idiotisches Lächeln aufsetzte und vor seiner Nase zum Telefonhörer griff, um jemanden anzurufen.
    Er wählte die Notrufnummer 112.
    Er konnte berühmt werden.
    Sigurður Óli wartete unten im Hausflur auf Erlendur.
    »Wie ist es gelaufen?«, fragte er, während sie die Treppe hinuntergingen.
    »Ich weiß es nicht«, sagte Erlendur gedankenverloren. »Ich glaube, bei Andrés ist mehr als nur eine Schraube locker.«
    »Hast du was aus ihm rausholen können? Hat er was gesagt?«
    »Nichts, was mit Elías zu tun hat.«
    »Was dann? Was hat er denn noch gesagt?«
    »Zum einen kannte er den Mann auf dem Foto«, sagte Erlendur, »es ist sein Stiefvater. Er hat angedeutet, dass der Mann vor vielen Jahren einen Mord begangen hat.«
    »Hä?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Erlendur. »Ich weiß nicht, was ich davon halten soll.«
    »Was für einen Mord?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Ist das nicht alles Blödsinn?«
    »Kann gut sein«, sagte Erlendur, »trotzdem: Das wenige, was bis jetzt aus ihm herauszuholen war, hat gestimmt.«
    »Ja, aber es war auch kaum der Rede wert.«
    »Außerdem hat er gesagt, er würde das selber hinkriegen, was auch immer das bedeutet. Vielleicht sollten wir ihn ein paar Tage beschatten lassen.«
    »Ja. Na, wie auch immer, sie glauben, das Messer gefunden zu haben.«
    »Wirklich?«
    »Sie haben gerade angerufen. Irgendjemand hat es in einem Müllcontainer entsorgt. Wir müssen noch feststellen, ob es tatsächlich dasselbe Messer ist, aber das ist ziemlich wahrscheinlich. Zumindest sieht es genauso aus, wenn ich es richtig verstanden habe. Ein Messer dieser Art wurde im Fernsehen gezeigt, und daraufhin hat sich irgendein Typ von einer Recycling-Firma gemeldet, weil er genau so ein Messer aus einem Container herausgefischt hatte. Kann sein, dass wir Dna-Spuren daran finden. Der Finder hat es allerdings selber bei der Arbeit verwendet, und es wahrscheinlich gesäubert, bevor er es in Gebrauch nahm. Aber die mit ihrer technischen Ausstattung finden ja immer was.«
    Sie fuhren zum Recycling-Center. Die Mitarbeiter der Spurensicherung hatten das Gelände gesichert, und das Absperrband der Polizei flatterte heftig im Wind. Die Spurensicherungsbeamten suchten nach Hinweisen auf denjenigen, der das Messer weggeworfen hatte, aber das war wohl müßig. Es war bereits zwei Tage her, dass der Mann das Messer gefunden hatte, und seit dem Mord waren jede Menge Autos und Menschen da gewesen. Von den Angestellten hatte keiner etwas Ungewöhnliches bemerkt, niemand war dabei beobachtet worden, wie er sich an einem der Container zu schaffen machte. Überwachungskameras gab es nicht. Die Polizei hatte nichts in der Hand.
    Man hatte sich wegen des Funds mit dem Werklehrer Egill in Verbindung gesetzt. Als ihm das Messer gezeigt wurde, meinte er, dass

Weitere Kostenlose Bücher