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Frostnacht

Frostnacht

Titel: Frostnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
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es tatsächlich aus dem Schnitzmesserkasten des Werkraums stammen könnte. Er wies aber darauf hin, dass solche Messer im Rahmen des Werkunterrichts vermutlich an allen Schulen des Landes benutzt würden. Als Erlendur sich mit dem jungen Angestellten des Recycling-Centers unterhielt, kam er bald zu der Überzeugung, dass der ihm nichts vorlog. Er fragte Erlendur, ob er seine Story an die Zeitungen verkaufen könne, ob Erlendur wisse, ob man dafür bezahlt würde und wie viel Geld es dafür geben würde. Er hatte ja schließlich das Messer mit sich herumgetragen und benutzt, und zwar schon von dem Moment an, da er es gefunden hatte.
    Idiot, dachte Erlendur bei sich.
    Kurze Zeit später konnte er endlich nach Hause fahren. Es war bereits sehr spät, und er hatte sich in einem Geschäft, das rund um die Uhr geöffnet hatte, ein Mikrowellengericht gekauft, isländische Fleischsuppe. Er stellte es für drei Minuten in die Mikrowelle. Valgerður rief an, und sie unterhielten sich eine Weile. Er erzählte ihr, was sich ereignet hatte, gab aber nicht zu viel preis. Sie fragte, ob er sich mit Eva Lind in Verbindung gesetzt habe. Valgerður hatte eine weitere Nachtschicht übernommen, deswegen konnten sie sich nicht treffen. Sie verabredeten sich für den nächsten Abend, an dem sie vermutlich freihaben würde. Valgerður wollte, dass er zu ihr kam.
    »Du kommst«, sagte sie entschlossen.
    »In Ordnung«, sagte er. »Ich komme. Aber es könnte spät werden.«
    »Macht nichts«, sagte sie, und dann verabschiedeten sie sich.
    Er nahm die Suppe aus der Mikrowelle, holte sich einen Löffel und begann, in aller Ruhe seine Suppe aus der Kunststoffverpackung zu löffeln. Obwohl er versuchte, nicht an die Fälle zu denken, mit denen er beschäftigt war, kreisten seine Gedanken immer wieder um den Hof hinter dem Wohnblock. Er dachte über Männer nach, die drei oder vier Frauen wie Sunee nach Island brachten, sie heirateten und dann sitzen ließen, wenn der Reiz vorüber war. Oder die Frauen verließen sie ihrerseits, weil ihnen nur an der Aufenthalts-und Arbeitserlaubnis gelegen war. Wie lief so etwas ab? Er dachte an Niran, den Sunee nach Jahren der Trennung zu sich geholt hatte, dem es aber nicht gelungen war, in dem neuen Land Fuß zu fassen. Er war zu einem Außenseiter geworden und suchte die Gesellschaft anderer Kinder mit gleichem Hintergrund und gleichen Erfahrungen. Die das Land nicht verstanden, weil sie kaum Zugang zu dessen Sprache und Geschichte hatten, denn ihr Interesse daran, sich damit auseinanderzusetzen, war sehr begrenzt. Darin bestand ihr Zusammengehörigkeitsgefühl. Er dachte an Sunee und ihre Trauer.
    Sein Handy begann zu klingeln. Er nahm an, dass es Sigurður Óli war, der so spät anrief. Aber es war wieder die Frauenstimme, sie flüsterte, als telefonierte sie heimlich. Erlendur konnte nicht verstehen, was sie sagte.
    »Was?«, fragte er. »Was ist …?«
    »… und mit … Aber das will er nicht. Das will er auf gar keinen Fall. Ich habe versucht, mit ihm zu reden. Es ist hoffnungslos.«
    »Mir reicht es jetzt«, sagte Erlendur. Er beschloss, eine neue Methode anzuwenden. Er suchte die Frau inzwischen immerhin schon seit Mitte Dezember. »Entweder du erklärst dich bereit, dich mit mir zu treffen, oder wir vergessen es. Ich mache diesen Zirkus nicht mehr mit!«
    »Ich sage doch, er will nicht …«
    »Ich glaube …«, sagte Erlendur.
    »Ich brauche nur etwas mehr Zeit.«
    »Ich glaube, du solltest aufhören, mich dauernd mit diesem Blödsinn zu belästigen.«
    »Entschuldige«, sagte die Stimme am Telefon. »Es ist bloß so furchtbar schwierig. Ich bin nicht damit einverstanden.«
    »Was steckt eigentlich dahinter?«, fragte Erlendur. »Was bezweckt ihr damit? Was spielt ihr für ein idiotisches Spiel?«
    Die Frau schwieg.
    »Komm zu mir und rede mit mir.«
    »Ich versuche ja, ihn dazu zu bringen, aber er will das nicht.«
    »Das ist alles andere als witzig«, sagte Erlendur. »Sieh zu, dass du wieder zu ihm gehst und damit aufhörst, mich zu belästigen. Das ist ja eine einzige Farce!«
    Schweigen.
    »Ich habe mit deinem Mann gesprochen«, sagte Erlendur. Immer noch schwieg die Frau.
    »Ja, ich habe ihn besucht. Ich weiß nicht, was ihr da ausgeheckt habt, und will auch nichts damit zu tun haben. Hör auf, mich dauernd anzurufen, und stör mich nicht mit diesem Blödsinn.«
    Wieder langes Schweigen, dann legte die Frau auf.
    Erlendur blickte auf das Telefon in seiner Hand und hatte keine Ahnung, was er

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