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Frostnacht

Frostnacht

Titel: Frostnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
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es?«
    »Ich weiß nicht, ein paar.«
    »Kennst du das Auto von Kjartan, der bei euch Isländisch unterrichtet?«
    »Ja.«
    »Habt ihr sein Auto auch beschädigt? Vor der Schule?«
    Anton zögerte ein wenig, bevor er antwortete.
    »Das war Doddi. Ich habe gar nix davon gewusst, er hat mir’s nur hinterher erzählt. Er kann Kjartan nicht ausstehen. Muss meine Mama das unbedingt wissen?«
    »Womit habt ihr den Lack verkratzt?«, fragte Sigurður Óli, ohne auf seine Frage einzugehen.
    »Mit ’nem Messer«, sagte Anton.
    »Was für einem Messer?«
    »Es gehört Doddi.«
    »Er sagt, dass es deins wäre«, log Sigurður Óli.
    »Es war sein Messer.«
    »Was für ein Messer war das?«
    »So eins wie das da im Fernsehen«, sagte Anton.
    »Im Fernsehen?«
    »Das Messer, das sie da gezeigt haben. So hat unseres auch ausgesehen.«
    Sigurður Óli verschlug es die Sprache. Er starrte den Jungen an, der ganz allmählich begriff, dass er etwas Wichtiges gesagt hatte. Er überlegte krampfhaft, was es wohl gewesen sein könnte, und als es ihm plötzlich aufging, war es, als habe er einen Schlag ins Gesicht erhalten. Daran hatte er nicht gedacht. Natürlich war es dasselbe Messer! Er hatte die Bilder im Fernsehen gesehen, aber sie nicht mit den Beschädigungen an den Autos in Verbindung gebracht, die auf Doddis und sein Konto gingen. So langsam dämmerte es ihm, dass es da größere und ernstere Zusammenhänge gab.
    Sigurður Óli griff zu seinem Handy.
    »Ich war’s nicht«, sagte Anton, »ich schwör’s!«
    »Weißt du, wo das Messer, das ihr verwendet habt, jetzt ist?«
    »Doddi hat es, er hat es die ganze Zeit gehabt.«
    Sigurður Óli wartete darauf, dass Erlendur an den Apparat ging. Er betrachtete den Jungen und blickte sich in der kleinen Wohnung um, wo Anton es sich gemütlich gemacht hatte. Aber damit war es nun vorbei.
    »Ruf deine Mama an«, sagte Sigurður Óli. »Du musst jetzt mitkommen. Sag ihr, sie soll zu uns ins Dezernat kommen.«
    »Ja«, meldete sich Erlendur am Telefon.
    »Ich glaube, ich bin da auf was gestoßen«, sagte Sigurður Óli. »Bist du im Büro?«
    »Was gibt es?«
    »Haben wir das Messer da?«
    »Ja. Was hast du vor?«
    »Bin schon unterwegs«, sagte Sigurður Óli.
    Als die Polizei eine gute Stunde später Doddi abholen wollte, war er nicht zu Hause. Ein Mann um die vierzig kam zur Tür und musterte die zwei Polizeibeamten, die gekommen waren, um den Jungen abzuholen, von Kopf bis Fuß. Auch Doddis Mutter kam zur Tür. Die beiden wussten nicht, wo der Junge war, und wollten wissen, was er ausgefressen hätte. Die Polizisten gaben vor, darüber nichts zu wissen, sie hätten nur den Auftrag, den Jungen ins Hauptdezernat zu bringen, in Begleitung eines Erziehungsberechtigten.
    »Weil er noch nicht mündig ist«, fügte einer der Polizisten erklärend hinzu.
    Die uniformierten Beamten waren in einem Streifenwagen vorgefahren, um Doddi einzuschüchtern. Sie standen immer noch auf der Treppe des kleinen Reihenhauses, in dem Doddi wohnte, und erklärten, um was es ging, als auf einmal der Mann, der sich als Stiefvater des Jungen entpuppte, rief: »Da ist er ja! Komm her, Junge«, schrie er, »Doddi, komm her!«
    Ein Junge bog gerade um die Ecke des Nachbarhauses, wo ein Fußgängerweg endete, der durch das Viertel führte. Er blieb wie angewurzelt stehen, als er seinen Stiefvater rufen hörte, sah das Polizeiauto und die Beamten in Uniform, die zu ihm hinüberschauten, und seine Mutter, die den Kopf zur Tür hinausstreckte. Er überlegte blitzartig, was zu tun war, und dachte einen Augenblick an Flucht, kam aber zu dem Schluss, dass es nichts bringen würde.
    Nachdem Sigurður Óli Doddi drei Stunden lang verhört hatte, gab er endlich zu, ein Schnitzmesser in der Schule geklaut und es dazu verwendet zu haben, Autos zu zerkratzen, an denen er und sein Freund Anton auf dem Weg zur Schule vorbeikamen. Beide stritten vehement ab, über Elías hergefallen zu sein. Sie behaupteten, ihn weder zu kennen noch zu wissen, wer seinen Tod auf dem Gewissen hatte. Es war gut eine Woche her, seit sie das Auto der jungen Frau beschädigt hatten, die ins Haus gerannt war und das Auto mit laufendem Motor zurückgelassen hatte. Sie hatten keine Ahnung, dass sie von ihr gesehen worden waren. Zuerst hatten sie eigentlich das Auto stehlen wollen, das wäre eine coole Sache gewesen, trauten sich dann aber doch nicht. Doddi war am Auto entlanggegangen und hatte mit der Messerspitze den Lack verkratzt, und danach hatten sie

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