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Frostnacht

Frostnacht

Titel: Frostnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
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der Pizza. »Deine Eltern sind nicht zu Hause?«, fragte er.
    Der Junge schüttelte den Kopf.
    »Du bist dabei beobachtet worden, wie du hier vor ein paar Tagen ein Auto beschädigt hast«, fuhr Sigurður Óli fort und biss in die Pizza. Er sah den Jungen unverwandt an, während er kaute.
    »Ich habe keine Autos zerkratzt«, entgegnete Anton.
    »Wo hast du das Messer her?«, fragte Sigurður Óli. »Komm bloß nicht auf die Idee, mir etwas vorzulügen.«
    »Ich …« Anton geriet ins Stocken.
    »Ja?«
    »Weshalb redest du von Leute
umbringen

    »Der kleine thailändische Junge, der erstochen worden ist, ich glaube, das warst du auch.«
    »Das war ich nicht.«
    »Doch.«
    »Ich hab nichts getan«, sagte Anton.
    »Wo kann ich deine Mutter erreichen?«, fragte Sigurður Óli. »Sie muss ebenfalls mit uns aufs Polizeidezernat.«
    Anton starrte Sigurður Óli ratlos an, der sich das Pizzastück weiter zu Gemüte führte und sich gelassen in der Wohnung umblickte, als interessiere ihn der Junge überhaupt nicht. Die Medizinstudentin hatte Anton auf einem Klassenfoto erkannt, das erst kürzlich aufgenommen worden war. Sie hielt ihn für den einen der beiden Jungen, die sie vor ihrem Haus gesehen hatte, als ihr Auto zerkratzt wurde. Sie war sich nicht ganz so sicher, was Antons Freund Þorvaldur betraf, wollte aber nicht ausschließen, dass er der andere Junge gewesen war. Die Zeugenaussage stand auf höchst unsicheren Füßen, und Sigurður Óli hatte nicht sonderlich viel in der Hand, als er bei Anton klingelte. Er entschloss sich dazu, so zu tun, als bestünden nicht die geringsten Zweifel, als ginge es nur noch darum, die beiden ins Dezernat zu schaffen. Reine Formsache. Es schien bei dem Jungen zu wirken.
    Sigurður Óli hatte noch nicht viele Informationen über Anton und Þorvaldur, der Doddi genannt wurde, sammeln können. Sie waren in derselben Klasse, steckten dauernd zusammen und waren manchmal mit Lehrern oder der Schulleitung aneinandergeraten. »Störung des Schulbetriebs« wurde so etwas genannt. In einem Fall hatten sie einen Hausmeister angegriffen und erhielten zwei Tage Schulverbot. Die beiden schienen notorische Faulpelze und Störenfriede zu sein, die nur in der Schule aufkreuzten, um anderen das Leben schwer zu machen.
    »Ich habe keinen erstochen«, sagte Anton, als Sigurður Óli die Mutter und das Hauptdezernat ins Spiel brachte.
    »Du rufst jetzt deine Mutter an«, sagte Sigurður Óli, »und sagst ihr, dass sie ins Dezernat kommen muss.«
    Anton sah, dass es Sigurður Óli ernst war mit dieser Drohung. Der Kripobeamte glaubte offenbar, dass er diesen asiatischen Jungen erstochen hatte. Er versuchte fieberhaft, sich darüber klar zu werden, in was für einer Lage er auf einmal steckte, aber das gelang ihm nicht. Sie hatten ein paar Autos beschädigt, vor allem Doddi, er selbst höchstens eins, und jetzt hatte man sie aufgespürt, und die Polizei glaubte, dass sie auch den Jungen umgebracht hätten. Anton war völlig verunsichert und wog die Lage ab. Seine Mutter würde wieder einmal an die Decke gehen, sie hatte schon oft damit gedroht, ihn vor die Tür zu setzen. Er sah auf die Videos, die er sich geholt hatte, und auf die Pizza, die kalt wurde. Seltsamerweise bedauerte er am meisten, dass nichts aus dem lauen Tag vor der Glotze werden würde.
    »Ich hab nix gemacht«, sagte er.
    »Das kannst du deiner Mutter erzählen«, sagte Sigurður Óli. »Dein Freund Doddi hat dich gleich verpetzt. Der hat die ganze Zeit geflennt und geplärrt. Er behauptet, dass du die ganzen Autos zerkratzt hast. Er sagt, er sei nur dabei gewesen.«
    »Hat Doddi das echt gesagt?«
    »Der uncoolste Typ, der mir je untergekommen ist«, sagte Sigurður Óli, dem es noch bevorstand, diesen Doddi ausfindig zu machen.
    Anton trat von einem Fuß auf den anderen.
    »Er lügt, das kann er doch nicht einfach so sagen!«
    »Genau«, sagte Sigurður Óli. »Darüber könnt ihr euch im Dezernat unterhalten.«
    Er packte Anton am Arm, aber der riss sich los.
    »Ich hab nur ein Auto zerkratzt«, sagte er. »Alles andere hat Doddi gemacht. Er lügt!«
    Sigurður Óli atmete tief durch.
    »Wir haben dem Jungen nichts getan«, fügte Anton hinzu, als wolle er etwas klarstellen.
    »Du meinst, du und dein Freund?«, fragte Sigurður Óli.
    »Ja, Doddi. Der lügt! Er hat nämlich die Kratzer gemacht.« Es war an der Zeit, hier etwas Spannung rauszunehmen. Sigurður Óli trat einen Schritt von dem Jungen weg.
    »Wie viele Autos waren

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