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Frostnacht

Frostnacht

Titel: Frostnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
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ihrem neuen Land mit der Vergangenheit verbindet«, sagte Erlendur.
    Óðinn sah ihn stumm an.
    »Deine Mutter hält große Stücke auf sie. Ich habe den Eindruck, dass die beiden sich gut verstehen. Sie kam sofort zu Sunee, als sie die Nachricht gehört hat.«
    »Sie hatten immer einen guten Draht zueinander.«
    »Wenn ich richtig verstanden habe, war Sunee deine zweite thailändische Frau?«
    »Ja«, sagte Óðinn.
    »Soweit ich weiß, warst du nicht sehr davon angetan, als Sunee gestand, einen älteren Sohn zu haben, den sie nach Island holen wollte«, sagte Erlendur.
    »Geahnt hatte ich das schon«, sagte Óðinn. »Es hat mich nicht überrascht, obwohl sie mir gegenüber behauptet hat, sie sei alleinstehend. Und dann wollte sie Niran bei sich haben.«
    »Wie fandest du das?«
    »Ich war dagegen, dass der Junge kam, aber ich habe trotzdem nichts gesagt. Habe mich da rausgehalten und sie gewähren lassen.«
    »Du hast dich aber nicht sofort von ihr scheiden lassen?«
    »Sunee war ganz in Ordnung«, sagte Óðinn.
    »In der Zeit, seit sie hier ist, hat sie nicht besonders viel Isländisch gelernt«, sagte Erlendur.
    »Nein«, bestätigte Óðinn.
    »Hast du ihr dabei geholfen?«
    »Wieso fragst du danach? Was hat das mit dieser Sache zu tun? Solltest du dich nicht eher darauf konzentrieren, den ausfindig zu machen, der das getan hat, anstatt mir idiotische Fragen zu stellen, die überhaupt nichts mit der Sache zu tun haben? Was sollen diese Fragen?«
    »Dein Sohn ist sehr wahrscheinlich heute Nachmittag angegriffen worden«, sagte Erlendur. »Wo warst du zu dem Zeitpunkt?«
    »Bei der Arbeit«, erwiderte Óðinn. »Ich war auch bei der Arbeit, als die Polizei kam. Glaubst du etwa, ich hätte meinen eigenen Sohn umgebracht? Du hast sie wohl nicht mehr alle.«
    Er sagte das, ohne die Stimme zu erheben und ohne in Erregung zu geraten, als sei die Unterstellung ganz einfach zu absurd, um sich aufzuregen.
    »Die Erfahrung lehrt uns, dass oft die Familie damit zu tun hat, wenn so etwas passiert«, antwortete Erlendur mit ausdrucksloser Miene. »Es ist nichts Unnatürliches an der Frage, wo du tagsüber warst.«
    Óðinn schwieg.
    »Gibt es Leute bei dir am Arbeitsplatz, die bestätigen können, wo du warst?«
    »Ja, zwei. Ich finde es einfach unglaublich, dass ihr denkt, ich hätte etwas damit zu tun!«
    »Das ist unsere Arbeit«, sagte Erlendur. »Vieles von dem, womit ich in Berührung komme, ist unglaublicher als das.«
    »Willst du damit andeuten, dass ich den Jungen überfallen habe, um mich an Sunee zu rächen?«
    Erlendur antwortete mit einem Achselzucken.
    »Du spinnst wohl!«
    »Bleib sitzen«, sagte Erlendur, als Óðinn aufsprang. »Wir müssen ganz einfach alle Möglichkeiten durchgehen. Weshalb solltest du Sunee etwas heimzahlen wollen?«
    »Was meinst du eigentlich damit? Ich will ihr gar nichts heimzahlen!«
    »Ich habe keinen Grund genannt«, konstatierte Erlendur, »sondern du. Du hast es selber gesagt.«
    »Ich habe nichts dergleichen gesagt.«
    Erlendur schwieg.
    »Du versuchst, mich zu verunsichern«, sagte Óðinn und war jetzt sichtlich erregt. »Du willst mich dazu bringen, etwas zu sagen, was ich nicht sagen sollte. Du spielst irgendein Spiel mit mir!«
    »Ich habe nur wiederholt, was du selber gesagt hast.«
    »Verflucht noch mal!«, schrie Óðinn und trat gegen den Schreibtisch. Erlendur saß mit vor der Brust verschränkten Armen zurückgelehnt auf seinem Stuhl und sah ihn einfach nur an.
    »Niemals würde ich meinem Sohn etwas antun!«, schrie Óðinn. »Niemals!«
    Erlendur rührte sich nicht.
    »Hast du schon mit ihrem Liebhaber gesprochen?«, fragte Óðinn.
    »Liebhaber?«
    »Hat sie dir nicht von ihm erzählt?«
    »Wer ist er, dieser Liebhaber von Sunee?«
    Óðinn schwieg und starrte Erlendur an, der sich wieder vorbeugte.
    »Ist er der Grund dafür, dass du dich hast scheiden lassen?«, fragte Erlendur vorsichtig.
    »Nein. Ich hab es erst neulich erfahren.«
    »Was?«
    »Dass sie sich mit jemandem trifft.«

Sieben
    Elínborg stand bei einem von Elías’ Klassenkameraden. Ihr war kein Platz angeboten worden. Sie befanden sich in der Küche, und der Vater des Jungen saß neben ihm. Außerdem saßen noch die Schwester und der jüngere Bruder mit am Tisch. Die Mutter war zur Tür gekommen, als Elínborg klingelte, und hatte sie widerstrebend hereingelassen. Die Familie wohnte in einem kleinen Reihenhaus nicht weit von dem Wohnblock, in dem Elías und Niran lebten. Elínborg hatte sie

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