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Frostnacht

Frostnacht

Titel: Frostnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
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bekommen. Er sei nicht auf den Jungen losgegangen. Es sei lediglich zu einem Wortwechsel zwischen ihnen gekommen, bei dem nicht gerade höfliche Ausdrücke fielen, das gab Kjartan zu, aber er habe den Jungen nicht zu Boden gestoßen. Die Polizei brauche nur mit dem Jungen zu sprechen, der Zeuge dieser Szene gewesen sei.
    Erlendur öffnete die Tür und betrat den Verhörraum.
    »Warum hast du uns nichts davon erzählt?«, fragte Sigurður Óli in diesem Augenblick. »Warum müssen wir das erst durch andere herausfinden?«
    »Meiner Meinung nach hat das mit all dem nichts zu tun«, sagte Kjartan und sah Erlendur an, der sich mit verschränkten Armen gegen die Wand lehnte. »Es ist absurd, das mit dem Überfall auf den Jungen in Verbindung zu bringen. Ich begreife nicht, wie ihr da einen Zusammenhang sehen könnt. Ich hab Niran gefragt, ob er das Auto zerkratzt hätte, und er hat nur höhnisch gelacht. Ich habe nichts aus ihm herausbekommen.«
    »Und du bist wütend geworden«, sagte Sigurður Óli.
    »Selbstverständlich«, sagte Kjartan und hob die Stimme. »Das wärst du an meiner Stelle auch geworden. Oder denkst du vielleicht, dass es Spaß macht, so etwas hinnehmen zu müssen?«
    »Wir haben Informationen darüber, dass du an besagtem Morgen in der Schule ungewöhnlich reizbar gewesen sein sollst.«
    »Beziehst du dich auf die Sache mit Finnur?«
    Sigurður Óli nickte.
    »Das hat überhaupt nichts zu bedeuten. Wir streiten uns dauernd.«
    »Hatte Niran einen Gegenstand dabei, oder hat er etwas angedeutet, woraus zu schließen gewesen wäre, dass er das Auto beschädigt hat?«
    »Ich habe ihn mir geschnappt, weil ich mich vergewissern wollte, ob er ein Messer oder einen Schraubenzieher bei sich hatte«, erklärte Kjartan. »Er hat sich gewehrt, aber ich habe ihn nicht zu Boden geschleudert. Er riss sich los und fiel dabei hin. Danach habe ich mich nicht mehr um ihn gekümmert. Ich habe auch nicht feststellen können, ob er ein Messer oder dergleichen dabeigehabt hat. Wollt ihr mich etwa deswegen festnehmen?«
    Sigurður Óli sah Erlendur an, der keinerlei Reaktion zeigte.
    »Ich habe diesem Jungen nichts getan«, sagte Kjartan. »Wenn ihr mich festnehmt, reicht das, um mich als Mörder abzustempeln. Und sei’s auch nur für einen Tag, das reicht. Was ist, wenn ihr den, der es wirklich getan hat, nie findet? Dann hängt mir das für den Rest meines Lebens an, obwohl ich überhaupt nichts damit zu tun habe!«
    »Du bist gegen Zuwanderer«, sagte Erlendur. »Und es ist durchaus etwas mehr als nur eine ablehnende Haltung, das ist richtiggehender Hass bei dir, und das streitest du auch gar nicht ab. So redest du, und du bist sogar stolz darauf, du zeigst das auf unterschiedlichste Weise. Meinst du wirklich, dass es in unserer Macht steht, deinen Ruf zu verbessern?«
    »Ihr könnt es aber auch nicht an mir auslassen, dass ihr eine andere Meinung darüber habt als ich.«
    »Niemand lässt etwas an dir aus«, sagte Sigurður Óli.
    Erlendur bat Sigurður Óli, einen Augenblick auf den Flur hinauszukommen. Kjartan sah ihnen nach.
    »Ich habe nichts getan!«, schrie er, als sich die Tür des Verhörzimmers schloss.
    »Da ist schon etwas dran an dem, was er sagt«, sagte Sigurður Óli, als sie im Korridor standen.
    »Natürlich«, sagte Erlendur. »Das ist der erbärmlichste Grund für einen Mord, von dem ich je gehört habe. Kjartan ist nichts als ein typischer Maulheld, er ist nie gewalttätig geworden, und deswegen gibt es nichts über ihn in den Akten der Polizei. Wir lassen ihn laufen, aber lass ihn trotzdem noch etwas schmoren, bis wir ihn freilassen müssen.«
    »Erlendur, wir können nicht …«
    »Na schön«, sagte Erlendur mit verkniffener Miene und stapfte davon. »Dann lass ihn eben sofort laufen.«
    Bergþóra war noch auf, als Sigurður Óli spätabends nach Hause kam. Sie hatte auf ihn gewartet. Er war in letzter Zeit wenig zu Hause gewesen, nicht nur wegen des Mordes an Elías, sondern auch wegen anderer Dinge. Sie glaubte, dass er ihr aus dem Weg ging. Sie war der Meinung, dass ihre Beziehung an einem Wendepunkt angelangt war, und das hatte sie ihm auch gesagt. Es hatte sich herausgestellt, dass sie keine Kinder bekommen konnten, und jetzt ging es darum, sich über den nächsten Schritt Gedanken zu machen.
    Sigurður Óli ging in die Küche und goss sich ein Glas Fruchtsaft ein. Auf dem Weg nach Hause war er erst noch ins Fitnessstudio gefahren, das er dann als Letzter verlassen hatte. Er hatte sich auf

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