Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Frostnacht

Frostnacht

Titel: Frostnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
Vom Netzwerk:
behalten.«
    Erlendur schwieg.
    »Eva ist deine Tochter«, sagte Valgerður, »und du hast ihr seinerzeit davon erzählt.«
    »Genau das bereitet mir Kopfschmerzen«, erwiderte Erlendur.
    »Finde heraus, was sie sagen wollte. Hör auf das, was Eva zu sagen hat.«
    »Das muss ich wohl«, sagte Erlendur, wieder zögernd. »Aber außerdem geht mir auch dieser Junge nicht aus dem Kopf, der bei diesem eisigen Frost allein und verlassen hinter dem Haus lag. Ich begreife nicht, was sich da abgespielt hat, ich kriege es nicht auf die Reihe, beim besten Willen nicht.«
    »Das alles ist ja auch grauenvoller als alles, was Worte zum Ausdruck bringen können.«
    »Ich … Das hat mich dazu gebracht, wieder an meinen Bruder zu denken, er war im gleichen Alter wie Elías, vielleicht ein wenig jünger. Ich musste an all diese einsamen Tode denken. An Marian Briem.«
    »Erlendur, es gibt nichts, was du hättest ändern können. Das wäre unmöglich gewesen. Es hat auch nichts mit deiner Verantwortung zu tun. Das musst du begreifen.«
    Erlendur schwieg.
    »Heute Abend wird es bei mir wie gesagt sehr spät«, sagte Valgerður und klang entschuldigend. Sie war viel zu lange am Telefon gewesen.
    »So ist das als medizinisch-technische Assistentin«, sagte Erlendur.
    »Wir sind keine Mtas mehr.«
    »Nicht? Was seid ihr dann?«
    »Biomedizinische Analytikerinnen.«
    »Was?«
    »Die Zeiten ändern sich.«
    »Und was wird dann aus den Mtas?«
    »Wir bleiben dieselben, wir ändern nur die Bezeichnung.«
    »Medizinisch-technische Assistentin war doch eine gute Bezeichnung.«
    »Die wirst du nie wieder hören.«
    »Schade.«
    Sie schwiegen beide.
    »Entschuldige, dass ich dich da hineingezogen habe«, sagte Erlendur. »Wir reden später miteinander.«
    »Du ziehst mich in nichts hinein«, sagte Valgerður. »Sag nicht so etwas. Morgen Abend habe ich frei.«
    »Dann sehen wir uns vielleicht«, sagte Erlendur.
    »Hör auf das, was Eva zu sagen hat«, sagte Valgerður.
    Erlendur trat auf den Korridor hinaus und ging zum Verhörraum, wo Elínborg und Sigurður Óli Kjartan gegenübersaßen. Kjartan war nicht verhaftet worden. Es ging um die Schramme am Auto und darum, dass ihnen zu Ohren gekommen war, er habe Niran für den Schuldigen gehalten und sich zu Tätlichkeiten hinreißen lassen. Sigurður Óli hatte die Information telefonisch an Erlendur weitergegeben, der Kjartan sofort damit konfrontiert hatte. Der wurde wütend und ausfällig, äußerte sich lautstark über Lügen und Verschwörungen, gab aber zum Schluss zu, dass er Niran verdächtigt hatte. Er habe ihm aber kein Härchen gekrümmt, Geschichten, dass er Niran angegriffen habe, seien nicht wahr.
    Er fuhr widerstandslos mit ihnen ins Dezernat. Sigurður Óli war mit der Vernehmung beauftragt worden. Das besagte Auto war ein ziemlich neuer Volvo, den Kjartan seit knapp einem Jahr besaß. Er war bereits in Reparatur bei einem Verwandten von ihm. Die Überprüfung ergab, dass die Kratzer bereits beseitigt waren und das Auto nur noch lackiert werden musste. Man hatte aber die Schäden für Kjartans Versicherung fotografiert. Die Aufnahmen zeigten einen langen, schmalen Ritzer von den Rücklichtern am Kotflügel und den Türen entlang bis zu den Scheinwerfern. Die Instandsetzung war nicht billig, und Kjartan schlug sich mit seiner Versicherung herum, die eine Vertragslücke zu ihren Gunsten gefunden zu haben glaubte. Anhand der Fotos konnte man nämlich nicht erkennen, mit welchem Gegenstand das Auto zerkratzt worden war. Man hielt ein Messer für sehr wahrscheinlich, es hätte aber auch ein Schraubenzieher gewesen sein können oder sogar ein Schlüssel.
    Es stand noch nicht fest, ob Untersuchungshaft für Kjartan beantragt werden würde. Er hielt vehement an seiner Behauptung fest, dass es völlig aberwitzig sei, diese Beschädigung mit dem Überfall auf Elías in Verbindung zu bringen. Er hatte die Schramme nicht bemerkt, als er morgens zur Schule fuhr, weil es stockfinster war. Er konnte bei der Befragung aber auch nicht mit Bestimmtheit sagen, dass die Sachbeschädigung auf dem Schulgelände stattgefunden habe. Er wohnte in einem anderen Stadtviertel, etwa eine halbe Stunde Fußweg entfernt. Als er mittags kurz in die Stadt fahren wollte, hatte er die Schramme bemerkt. Er behauptete, Niran und einen Freund von ihm in der Nähe des Parkplatzes gesehen und ihn gefragt zu haben, ob er etwas über diese Kratzer wüsste, habe aber von Niran nur eine abfällige Bemerkung als Antwort

Weitere Kostenlose Bücher