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Frozen Time (German Edition)

Frozen Time (German Edition)

Titel: Frozen Time (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Lankers
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muss mich zwingen, mich nicht zu kratzen.
    Wir dürfen nicht auffallen. Dürfen nicht so lange stehen bleiben, wie wir es bereits tun. Zum Glück ist ungewöhnlich viel los in der Eingangshalle, überall laufen Senior-Medis in dunkelgrünen Kitteln herum und es scheint eine Atmosphäre gespannter Erwartung über allem zu liegen. Es dauert einen Moment, bis ich begreife, warum: Heute Nachmittag wird der nationale MediKongress eröffnet! Gut für uns, einen besseren Zeitpunkt für unser Vorhaben hätten wir kaum wählen können, denn unter so vielen Menschen fallen zwei Medi-Schüler vielleicht weniger auf.
    Zielstrebig steuere ich auf die gläsernen Lifts am anderen Ende der Eingangshalle zu und bedeute Milo, mir zu folgen. Auf dem Weg lassen wir möglichst unauffällig unsere Insignals in einen der großen Blumentöpfe fallen, aus dem eine schmale Palme der Glaskuppel entgegenwächst. So können die Officer uns nicht orten, wenn sie nach uns suchen. Leider haben wir jetzt auch keinen Zugang mehr zu den Lifts, die sich nur mit einem Insignal bedienen lassen. Aber ich habe einen Plan.
    Kurz bevor wir die Lifts erreichen, entdecke ich einen SeniorMedi, der vor einem InfoScreen steht und unterdrückt in sein SmartSet redet. Ich kenne ihn allerdings nur vom Sehen, er hatin einer der vielen anderen Abteilungen des ForschungsCenters gearbeitet und ist genau der Richtige für mein Vorhaben.
    »Entschuldigung«, spreche ich ihn an, nachdem er sein Gespräch beendet hat. Ich bemühe mich um einen beflissenen Gesichtsausdruck. »Wir sind Medi-Schüler und heute zu Besuch hier im Center. Aber es ist alles so überwältigend, wir wissen gar nicht genau, wie wir uns zurechtfinden sollen.«
    Ich sehe aus dem Augenwinkel, wie Milo zweifelnd seine Augenbrauen zusammenzieht. Mit einer schnellen Handbewegung bedeute ich ihm, dass er erst mal abwarten soll. Und tatsächlich erscheint auf dem Gesicht des Senior-Medi nach einem kurzen, überraschten Flackern ein freundliches Lächeln.
    »Natürlich, das verstehe ich«, sagt er. »Wen wollt ihr denn besuchen?«
    »Wir möchten zu   … ähm«, stottere ich und denke: Reiß dich zusammen, Tessa! Bevor mich weitere Zweifel überkommen, sage ich den Namen: »Doreen Wittman.«
    Wenn uns ein Mensch helfen wird, dann Doreen! Doreen war nicht nur jahrelang meine Laborpartnerin, sie ist auch meine einzige wirkliche Freundin, zumindest war sie das vor meiner Verjüngung. Wir kennen uns schon ewig, schon seit den Tagen im Auffanglager, damals während der Großen Epidemie. Was uns verband, war das, was in unserer Gesellschaft dem am nächsten kommt, was an Familie möglich ist. Sie war wie eine kleine Schwester für mich. Nur: Sogar Doreen weiß nichts darüber, dass ich mich selbst als Probandin zur Verfügung gestellt habe.
    »Sie wollte uns eigentlich hier abholen«, plappere ich weiter. »Aber sie hat sicher zu viel zu tun. Und wir wissen nicht, wo wir hinmüssen.«
    Der Senior nickt wohlwollend, dann spricht er den Namen in sein SmartSet.
    »Doreen Wittman.«
    Ich spüre, wie meine Hände vor Nervosität feucht werden.
    »Doreen«, sagt er. »Hier sind zwei Junior-Medis, die sagen, sie seien mit dir verabredet.« Er lauscht, nickt, runzelt die Stirn unter seinem silbrig weißen Haar.
    »Verstehe. Moment.« Er wendet sich wieder mir zu. »Wie war noch mal dein Name?«, fragt er.
    Mein Mund fühlt sich trocken an. Da musst du jetzt durch, denke ich.
    »Tessa«, sage ich und höre, wie Milo scharf die Luft einzieht. »Tessa Morten.«
    Der Senior-Medi wiederholt den Namen, seine Stimme klingt unbeteiligt, und das beruhigt mich ein kleines bisschen. Gleichzeitig würde ich alles darum geben, wenn ich Doreens Reaktion hören könnte. Endlich spricht er die erlösenden Worte: »In Ordnung, ich schicke sie rauf.«
    »Ihr müsst in die oberste Etage, zu den Laboren. Ich hole den Lift für euch, mit euren Insignals habt ihr keine Zugangsberechtigung. Doreen erwartet euch am Lift.«
    »Gesundheit, Glück und ein langes Leben«, wünsche ich dem Senior und lächle ihn dankbar an.
    Als ich mich zu Milo umdrehe und den erstaunten Ausdruck auf seinem Gesicht sehe, kann ich nicht verhindern, dass mein Lächeln eine Spur triumphierend wird.

KAPITEL 17
    »Wer seid ihr? Und was wollt ihr von mir?« Kaum hat sich die Tür des Lifts geöffnet, schießt Doreen schon ihre Fragen auf uns ab. Ihre sonst so angenehme Stimme klingt schrill. Ihre Locken stehen wild vom Kopf ab, als hätte sie sich mit den Händen die

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