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Frucht der Sünde

Frucht der Sünde

Titel: Frucht der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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nicht einschüchternd und nicht belehrend. Nach dem, was Stefan und James gesagt hatten, würden die Leute unsicher sein, wem sie überhaupt noch glauben sollten.
    Es waren etwa sechzig Personen in der Kirche, Männer und Frauen saßen nicht mehr getrennt. Allerdings saß Alison Kinnersley allein, und James Bull-Davies hatte sich, ebenfalls allein, wieder in der Familienbank der Bulls niedergelassen. Ted Clowes war gegangen. Vielleicht war das ja ein gutes Zeichen, wer konnte das wissen?
    «Also.» Sie schob die Ärmel ihres Pullovers hoch. «Heute Nachmittag ist jemand in die Kapelle der Bulls gegangen und hat das Grab von Thomas Bull aufgebrochen.»
    Kaum eine Reaktion, was angesichts des gerade abgelaufenen Dramas allerdings verständlich war. Ken Thomas jedoch wirkte sehr interessiert.
    «Will es jemand zugeben?», fragte sie in Richtung von Jim Prosser, der nicht unschuldiger hätte aussehen können.
    «Will jemand eine andere Person bezichtigen?»
    Merrily sah Alison Kinnersley an, die ein dunkles Tweedkostüm mit einer Kamee trug, die als Brosche gearbeitet war. Sie sah ganz und gar nicht nach einer Mätresse aus.
    «Um es deutlich zu sagen: Es handelt sich weder um eine Entweihung des Grabes noch um schwarze Magie oder so etwas. Soweit ich feststellen konnte, wurden die sterblichen Überreste von Thomas Bull nicht angerührt. Ich glaube aber, dass etwas aus dem Grab genommen wurde. Es könnte sich zum Beispiel um ein Tagebuch gehandelt haben. Oder um den Teil eines Tagebuches. Um die maßgeblichen Seiten.»
    Sie hielt inne. «Nehmen wir doch einmal an, es handelte sich um den Bericht über ein ganz bestimmtes Ereignis.»
    Sie wartete. Sie ließ ihren Blick von Alison Kinnersley zur Decke schweifen. «Ich weiß, dass solche Dinge oft am besten in der Familie aufgehoben sind   … der Familie im weitesten Sinn.»
    «Also gut.» Alisons Seufzer war im ganzen Kirchenschiff zu hören. «Was wollen Sie von mir hören? Ihre Schlussfolgerungen sind sehr scharfsinnig, Frau Pfarrer. Er hat es mit nach Upper Hall gebracht, als er zurückkam, um die Polizei wegen Coffey anzurufen. Unter diesen Umständen war er weniger sorgfältig, als er es sonst ist, und hat die Papiere einfach in eine Schreibtischschublade gelegt.»
    Merrily riskierte einen Blick auf Bull-Davies. Er hatte sich nicht gerührt. Seine Miene jedoch wirkte angespannt.
    «Ich habe es natürlich gelesen», sagte Alison. «Und Sie haben auch in dieser Hinsicht recht. Es geht um Wil Williams, und die Papiere sehen sehr authentisch aus. Ich vermute, Sie möchten wissen, was drinsteht.»
    Plötzlich stand Bull-Davies auf und drehte sich um wie ein Soldat bei der Parade. Dann deutete er mit ausgestrecktem Arm auf Alison, genau wie zuvor auf Stefan.
    «Du», sagte er, «hast kein Recht, hier irgendetwas zu sagen.»
    «Ich habe
jedes
Recht.» Alison schien kurz davor, sich die alte Last von der Seele zu reden. «Wie Sie angedeutet haben, Frau Pfarrer, gehöre ich zur Fam   …»
    «Miss Kinnersley», Merrily tippte an das Mikrofon. Noch war es nicht an der Zeit. «Ich möchte nicht, dass hier noch zusätzliche Schwierigkeiten hervorgerufen werden. Vielleicht wäre es im Augenblick besser, wenn Sie den Inhalt der Papiere nicht enthüllen.»
    Mrs.   Goddard stieß einen vernehmlichen Seufzer der Enttäuschung aus. Sie saß neben Minnie Parry, die sich von Zeit zu Zeit suchend nach Gomer umsah.
    Merrily sprach weiter. «Möglicherweise kann ich Ihnen die Aufgabe aber ohnehin abnehmen. Eröffnen die Papiere vielleicht eine ganz neue Sicht auf Wil selbst?»
    Stille.
    «Ich weiß nicht genau, was Sie damit meinen», sagte Alison schließlich.
    «Wäre es möglich, dass ich nicht der erste weibliche Pfarrer in Ledwardine bin?»

51   Vision
    Das Cider-Haus! Er hat sie in das alte Cider-Haus gebracht.
Und die Leute haben sich erzählt, dass sie alle ihre Frauen dorthin bringen, weil die Luft da drinnen so sehr nach Cider riecht, dass man schon allein davon betrunken werden konnte. Betrunken und   … lüstern.
    Diese Beschreibung war Jane im Gedächtnis haftengeblieben. Aber sicherlich konnte die Frau, die Stefan Bessie genannt hatte, damit nicht dieses höllische Loch gemeint haben.
    Jane fürchtete sich. Und sie fror. In dem Cider-Haus war es feucht, Fenster gab es keine. Eine Leuchtstoffröhre an einem der niedrigen Deckenbalken warf ein diffuses rötliches Krankenhauslicht auf die dicken alten Ziegelsteinmauern. Ein grässlicher Gestank wie nach fauligen

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