Fruchtbarkeit - 1
noch Gaston und Lucie, denen sie streng verbot, zu folgen.
»Ihr habt nichts dabei zu tun, bleibt hier und spielt. Und wir andern, gehen wir alle miteinander hinunter, aber leise und auf den Fußspitzen, damit das Weib nichts merkt.«
In der Wäschekammer angelangt, ließ Valentine sorgfältig die Türen schließen. Die Couteau stand da mit einem kräftigen Mädchen von etwa fünfundzwanzig Jahren, welche ein prächtiges Kind auf dem Arme trug. Sie hatte eine niedrige Stirn, braune Haare, ein breites Gesicht, war sehr nett gekleidet, und begrüßte die Dame beim Eintritt mit einem anständigen Knicks, als Amme, die schon in reichen Häusern gedient hat und sich zu benehmen weiß. Valentine befand sich jedoch in äußerster Verlegenheit; sie betrachtete die Amme, sie betrachtete das Kind mit verständnislosen Blicken wie eine Frau, deren zwei erste Kinder in einem Zimmer neben dem ihrigen aufgezogen worden waren, ohne daß sie sich je um irgend etwas gekümmert hätte. Santerre hielt sich abseits; verzweifelt appellierte sie an das Urteil Mathieus, der abermals seine Laienhaftigkeit beteuerte. Erst dann gestattete sich die Couteau, nachdem sie einen schiefen Blick auf diesen Herrn geworfen hatte, den sie überall ihrem Geschäfte im Wege fand, das Wort zu ergreifen.
»Wollen Madame nur Vertrauen zu mir haben. Madame wird sich erinnern, daß ich mir erlaubt habe, ihr damals meine Dienste anzubieten, und wenn Madame sie angenommen hätte, so hätte sie sich sehr viel Unannehmlichkeiten erspart. Diese Marie Lebleu ist unverwendbar, das hätte ich Madame sagen können, als ich ihr Kind abholte. Aber natürlich, da der Herr Doktor sie ausgewählt hatte, so konnte ich selbstverständlich nichts sagen. Gute Milch, o ja, die hat sie; nur hat sie auch eine gute Zunge, die immer trocken ist. Wenn also Madame jetzt Vertrauen zu mir haben will…«
Und sie erging sich in endlosen Lobpreisungen ihrer eignen Anständigkeit und der Ware, die sie anzubieten hatte.
»Ich stehe dafür gut, Madame, daß Sie die Catiche mit geschlossenen Augen nehmen können. Sie ist gerade das, was Sie brauchen, es gibt keine bessere Amme in ganz Paris. Sehen Sie nur, wie sie gebaut ist, welche Gesundheit, welche Kraft! Und ihr Kind, sehen Sie es nur an, es strotzt von Leben! Sie ist freilich verheiratet, sie hat sogar ein Mädchen von vier Jahren mit ihrem Mann zu Hause; aber es ist doch wohl kein Verbrechen, eine anständige Frau zu sein. Und ich kenne sie genau, Madame, ich stehe mit meinem Kopfe für sie gut. Wenn Sie nicht mit ihr zufrieden sind, so werde ich, die Couteau, Ihnen Ihr Geld zurückgeben.«
Valentine gab mit einer Gebärde der Hilflosigkeit nach, denn es drängte sie zu sehr, aus dieser Situation herauszukommen. Sie willigte sogar ein, der Catiche hundert Franken monatlich zu geben, da sie verheiratet war. Im übrigen erklärte die Zuführerin ihr, daß sie die Gebühren des Bureaus diesmal nicht zu bezahlen habe; das seien fünfundvierzig Franken erspart, wenn Madame nicht etwa sie für die Mühe entschädigen wolle, die sie gehabt habe. Dann wären auch noch die dreißig Franken für die Zurückbeförderung des Kindes zu vergüten. Valentine verdoppelte freigebig die Summe. Alles war geordnet, und sie fing an, sich erleichtert zu fühlen, als ihr die andre wieder einfiel, die sich in ihrem Zimmer verbarrikadiert hatte. Wie es anstellen, sie ruhig fortzubringen, um die Catiche an ihre Stelle zu setzen?
»Wie?« rief die Couteau, »Marie Lebleu macht Ihnen Angst? Nun, die soll es mit mir nicht verderben, wenn sie will, daß ich sie noch einmal unterbringe. Ich werde selbst mit ihr reden!«
Céleste legte Andrée auf eine Bettdecke neben das Kind der Amme, das diese hatte ablegen müssen, um ihre Brust zu zeigen, und erklärte sich bereit, die Couteau in das Zimmer der Marie zu führen. Dort herrschte jetzt vollständiges Schweigen, und die Couteau trat ein, nachdem sie ihren Namen genannt hatte. Einige Minuten hindurch hörte man nur den Ton ihrer scharfen Stimme; dann kam sie heraus und beruhigte Valentine, die zitternd gehorcht hatte.
»Ich stehe Ihnen dafür gut, daß ich sie ernüchtert habe! Zahlen Sie ihr ihren Monat. Sie packt ihren Koffer und geht.«
Man kehrte in die Wäschekammer zurück, und Valentine bezahlte die Zuführerin, indem sie fünf Franken für diesen neuen Dienst hinzufügte. Eine letzte Schwierigkeit entstand, als die Couteau sagte, daß sie das Kind der Catiche nicht vor Abend holen könne; was sollte
Weitere Kostenlose Bücher