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Fruchtbarkeit - 1

Fruchtbarkeit - 1

Titel: Fruchtbarkeit - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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freilich, das muß ein entsetzlicher Schmerz sein. Gleichwohl, es war da, es ist aufgewachsen, man hat Jahre hindurch das unendliche, einzige Glück genossen, es zu besitzen. Aber wenn das Kind nicht kommt, niemals, niemals – ach lieber Schmerzen und Trauer als dieses trostlose Nichts!«
    In Chantebled fuhren Mathieu und Marianne fort zu arbeiten, zu schaffen, zu zeugen. Und während der zwei Jahre, die hingingen, waren sie abermals siegreich in dem ewigen Kampfe des Lebens gegen den Tod, durch das fortgesetzte Wachstum der Familie und der fruchtbaren Erde, das der Inhalt ihres Daseins war, ihre Freude und ihre Kraft. Die Begierde fuhr in Flammenstürmen hin, die göttliche Begierde machte sie fruchtbar, gab ihnen Kraft zu lieben, gut zu sein, gesund zu sein; und ihre Energie tat das übrige, ihre Tatfreudigleit, die tapfere Beharrlichkeit in der nützlichen Arbeit, die die Welt aufbaut und in Ordnung hält. Aber während dieser zwei Jahre ward ihnen der Sieg nicht ohne schweren Kampf. Die zwängenden Sorgen der ersten Zeit waren verschwunden, es galt jetzt, mit Weisheit und mit Gerechtigkeit zu regieren. Auf dem Plateau, gegen Norden, von dem Hof Mareuil bis zum Hof Lillebonne, war die Eroberung vollendet, es gab hier kein Gehölz mehr, das nicht ihnen gehörte: ein mächtiges Gebiet von zweihundert Hektar, das den benachbarten Getreidefeldern, dem wogenden Aehrenmeer, einen königlichen Park von hundertjährigen Bäumen hinzufügte. Da Mathieu diese Wälder jedoch, abgesehen von den regelmäßigen Holzungen, nicht unbenutzt bloß um ihrer Schönheit willen besitzen wollte, hatte er die zahlreichen Lichtungen mittels breiter Durchhaue miteinander verbunden und in Weiden verwandelt, auf welchen er die Viehzucht mit außerordentlichem Erfolge betrieb. Sein kleiner Staat wuchs, vermehrte sich um diese Hunderte von Tieren, verbreitete sich bald weit unter den hohen Bäumen. Die Fruchtbarkeit fand hier ein neues Gebiet, die Rinderställe mehrten sich, Schafställe kamen hinzu, und sie lieferten Berge von Dünger, welcher dem Boden außerordentliche Fruchtbarkeit verlieh. Kinder auf Kinder mochten zur Welt kommen, die Milch floß in Strömen, zahllose Herden waren da, um sie zu nähren und zu kleiden. Neben den reifen Aehren breiteten sich die dunkeln Wälder, von den Samen bebend, die in ihrem Schatten keimten, unter der lebenspendenden Sonne. Und es blieb nur noch ein Stück zu erobern, die letzten sandigen Hänge, damit das Königreich vollendet sei. Das entschädigte für alle Tränen, für alle nagenden Sorgen der ersten, arbeitsvollen Zeit.
    Während Mathieu so seine Eroberung vollendete, hatte Marianne im Laufe dieser zwei Jahre die Freude, ihr erstes Kind zu verheiraten, als sie eben selbst schwanger war, bereit, wieder zu gebären. Wie die gute Erde blieb sie fruchtbar, selbst in der Zeit der Reife, wo der Same, der ihr entsprossen war, sich anschickte, seinerseits das Werk des Lebens fortzusetzen. Diese Vermählung Blaises, der mit neunzehn Jahren ein entzückendes Mädchen von achtzehn Jahren heiratete, die Vereinigung einer duftigen jungen Liebe, die auf den Blumenpfaden Chautebleds seit ihrem zwölften Jahre aufgeblüht war, war ein herrliches, unendlich verheißungsvolles Fest. Die acht andern Kinder waren anwesend: die großen Brüder Denis, Ambroise, Gervais, die ihre Studien vollendeten; Rose, das älteste Mädchen, deren vierzehn Jahre eine Frau von gesunder Schönheit, von glücklichem Frohsinn versprachen; dann Claire, ein Kind noch, Grégoire, der eben ins Lyzeum eingetreten war, endlich die beiden ganz kleinen Louise und Madeleine. Die Leute kamen neugierig aus den benachbarten Dörfern herbei, um die fröhliche Schar den großen Bruder aufs Standesamt führen zu sehen. Es war ein prächtiger Zug, Frühlingsblumen und Frühlingsgesichter, eine Glückseligkeit, die die Herzen bewegte. Im übrigen gab es in den Ferien, wenn die Familie gemeinschaftlich einen Ausflug nach einem benachbarten Dorfe unternahm, eine solche fröhliche Karawane auf der Straße, zu Wagen, zu Pferd, zu Rad, mit flatternden Haaren, unter lautem Lachen, daß die Leute belustigt stehenblieben, so herzerfreuend war der Anblick. Wenn die Leute sie kommen sahen, riefen sie scherzend: »Da kommt das Regiment!« als wollten sie sagen, daß nichts ihnen widerstehen konnte, daß das Land ihnen gehörte kraft des Rechtes der Eroberung, seitdem alle zwei Jahre ihrer ein neuer emporwuchs. Das ganze Land nahm teil an dieser Freude, an

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