Fruchtbarkeit - 1
dieser Gesundheit, an dieser Kraft, die sich so fröhlich vermehrte, sich bis an den Horizont ausbreitete. Und diesmal, nach diesen zwei Jahren, gebar Marianne wieder ein Mädchen, Marguerite, als sie ihr zehntes Kind bekam. Die Entbindung ging glücklich vonstatten, nachher stellte sich jedoch ein beunruhigendes Fieber ein, sie hatte Schwierigkeiten mit der Milch, die sie für eine Weile ganz unglücklich machten, da sie fürchtete, dieses Jüngstgeborene nicht nähren zu können, so wie sie alle andern genährt hatte. Und, als Mathieu sie endlich wieder gesund und lächelnd sah, mit der kleinen Marguerite an der Brust, da küßte er sie leidenschaftlich, triumphierte wieder einmal über alle Schmerzen und allen Kummer. Noch ein Kind, das bedeutete noch Reichtum und Macht, eine neue in die Welt geworfene Kraft, ein neues für die Zukunft besätes Feld.
Und so wuchs immerfort das große und gute Werk, das Werk der Fruchtbarkeit durch die Erde und durch die Frau, siegreich über die Vernichtung, für jedes neue Kind neue Lebensmittel schaffend, liebend, wollend, kämpfend, arbeitend unter Leiden, unaufhörlich zu neuem Leben, neuer Hoffnung fortschreitend.
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Zwei Jahre gingen hin. Und während dieser zwei Jahre bekamen Mathieu und Marianne noch ein Kind, einen Knaben. Und diesmal vergrößerte sich zugleich mit der Familie auch die Besitzung Chantebled wieder, um alle die Heideflächen, die sich ostwärts bis zum Dorfe VieuxBourg ausdehnten. Damit war nun das letzte Stück erworben, die Eroberung des Besitzes war endlich vollendet, dieser ganzen fünfhundert Hektar früher unbebauten Landes, welche der Vater Séguins, der einstige Armeelieferant, gekauft hatte, um sie zu einem königlichen Herrensitz umzugestalten. Jetzt waren diese Ländereien von einem Ende zum andern urbar gemacht, eine ungeheuer reiche Fruchtbarkeit lohnte die unermüdliche menschliche Arbeit; und nur die den Lepailleur gehörige Enklave, welche diese eigensinnig nicht verkaufen wollten, durchschnitt diese grüne Ebene mit einem steinigen, trostlos dürren Streifen. Das Leben setzte seinen unaufhaltsamen Eroberungszug fort, die Fruchtbarkeit verbreitete sich unter der Sonne, die Arbeit schuf unausgesetzt, unermüdlich, trotz aller Hindernisse und Kümmernisse, füllte die Lücken der Verluste aus, goß zu jeder Stunde neue Kraft, neue Gesundheit und Freude in die Adern der Welt.
Blaise der nun ein Mädchen von zehn Monaten hatte, wohnte seit dem letzten Winter in der Fabrik, wo ihm das alte kleine Häuschen eingeräumt war, in welchem seine Mutter seinerzeit seinen Bruder Gervais zur Welt gebracht hatte. Charlotte, seine Frau, hatte die Beauchêne durch ihre Blondinenanmut, durch ihre duftige junge Frische so entzückt, daß Constance selbst, bezaubert, den Wunsch gehegt hatte, sie in ihrer Nähe zu haben. Madame Desvignes hatte aus ihren beiden Töchtern, Charlotte und Marthe, zwei entzückende Geschöpfe gemacht. Nach dem Tode ihres Mannes, Angestellten bei einem Börsenagenten, der die Dreißigjährige mit einem sehr verringerten Vermögen zurückließ, hatte sie die Klugheit gehabt, ihre kleine Rente flüssig zu machen und sich nach Janville, woher sie stammte, zurückzuziehen, wo sie sich dann ganz ihren Töchtern widmete. Da sie wußte, daß sie fast ohne Mitgift waren, hatte sie sich bemüht, ihnen eine sehr gute Erziehung zuteil werden zu lassen, in der Hoffnung, daß dies dazu helfen werde, sie zu verheiraten, welche Hoffnung der Zufall erfüllt hatte. Ein innig freundschaftlicher Verkehr hatte sich zwischen ihnen und den Froment entwickelt, die Kinder spielten zusammen, der unschuldige Liebesroman, der dann zur Heirat Blaises und Charlottens führte, reichte auf diese ersten Spiele zurück; und als Charlotte mit achtzehn Jahren verheiratet war, wurde ihre Schwester Marthe, die vierzehn Jahre zählte, die unzertrennliche Freundin Rose Froments, die gleichen Alters mit ihr, ebenso hübsch war wie sie, ebenso brünett, wie sie blond. Charlotte, von zarterer und auch schwächerer Art als ihre jüngere Schwester, die eine heitere, gesunde Natur war, hatte sich für die Kunstfertigkeit des Zeichnens und Malens begeistert, in der ihre Mutter, um ihr eine angenehme Beschäftigung zu bieten, sie hatte unterrichten lassen; so daß sie es nun dahin gebracht hatte, recht hübsche Miniaturen zu malen: eine Zuflucht im Falle der Not, sagte die Mutter. Und der nicht unfreundliche Empfang, den ihr Constance hatte angedeihen lassen, von der
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