Fruchtbarkeit - 1
Bewunderung für die Kraft und die Gesundheit, die die großen Völker schaffen.
»Wir haben übrigens nur Freunde,« sagte Mathieu. »Alle haben uns gern.«
»Oh, alle!« sagte Rose halblaut. »Sieh nur die Lepailleur an, dort vor jener Bude.«
In der Tat, die Lepailleur waren da, der Vater, die Mutter, Antonin und Thérèse. Um die Froment nicht sehen zu müssen, stellten sie sich, als interessierten sie sich für ein Drehscheibenspiel mit grell bemalten Porzellangegenständen. Sie grüßten die Froments übrigens nicht mehr, sie hatten, in ihrer ohnmächtigen Wut über so viele ununterbrochene Erfolge, einen leichten Streit benutzt, um mit ihnen zu brechen. Lepailleur betrachtete die Schaffung von Chantebled als eine persönliche Beleidigung, denn er erinnerte sich nur zu wohl seiner Spötteleien, seiner herausfordernden Vorhersagungen in bezug auf diese Heiden, auf denen niemals etwas andres als Steine wachsen würden. Und nachdem er die Porzellangegenstände zur Genüge betrachtet hatte, wollte er unverschämt sein, drehte sich um und starrte die Familie an, die, da sie zu früh gekommen war und noch eine gute Viertelstunde vor sich hatte, wohlgemut über den Platz schlenderte.
Die schlechte Laune des Müllers hatte sich seit zwei Monaten noch verschlechtert, seitdem sein Sohn Antonin in höchst kläglicher Weise nach Janville zurückgekehrt war. Der Junge, der eines Morgens ausgezogen war, um Paris zu erobern, begleitet von seinen Eltern, die voll blinder Zuversicht waren, weil er eine so schöne Schrift hatte, war vier Jahre bei Maître Rousselet als untergeordneter Schreiber geblieben, wo er sich als schwer von Begriffen und von ausnehmender Faulheit erwiesen hatte. Er hatte keinerlei Fortschritte gemacht, sondern sich damit begnügt, sich immer mehr einem liederlichen Leben zu ergeben, zuerst den Reizungen der Cafés und der leichten Mädchen nachjagend, dann unaufhaltsam immer tiefer sinkend, zum Alkohol, zum Spiel, zu den niedrigsten Ausschweifungen. Dabei ging all sein Geld darauf, auch das, welches er seiner Mutter durch fortwährende glänzende Versprechungen entlockte, auf die sie in ihrem blinden, vergötternden Glauben fest baute. Endlich aber war seine Gesundheit durch dieses Leben verwüstet, er verlor die Haare mit dreiundzwanzig Jahren und wurde so gelb und mager, daß seine Mutter, von Furcht ergriffen, ihn eines Tages mit nach Hause nahm, indem sie erklärte, er plage sich zu viel, und sie werde es nicht zugeben, daß er sich so zu Tode arbeite. Aber dieser notwendig gewordene Rückzug, diese schmachvolle Rückkehr zum heimischen Stall geschah nicht, ohne daß Lepailleur, dem allmählich ein Licht aufging, darüber murrte. Wenn er sich noch nicht offen erzürnte, so war es nur aus Stolz, um seinen Irrtum, den Zweifel, der ihn über die schöne Zukunft Antonins beschlich, nicht eingestehen zu müssen. Hinter verschlossenen Türen rächte er sich an seiner Frau, lag in fortwährendem wütendem Zank mit ihr, seitdem er ihre geheimen Geldsendungen entdeckt hatte; aber sie stellte sich gegen ihn, denn sie bewunderte nun ihren Jungen, so wie sie einst ihn selbst bewundert hatte, und opferte den Vater dem Sohn, nun, da die größere Bildung des letzteren ihr mehr imponierte; so daß jetzt volle Zwietracht im Hause herrschte, entstanden gerade aus dem Bestreben, ihren Sohn zu einem Herrn, zu einem Pariser zu machen, womit sie sich in so eitler Hoffnung gewiegt hatten. Was Antonin betrifft, so lachte er in sich hinein, zuckte die Achseln und führte seine häßliche Krankheit in der Sonne spazieren, bis er wieder stark genug sein würde, um zu seinem wüsten Leben zurückzukehren.
Als die Froment vorüberkamen, war es hübsch zu sehen, wie die Lepaillcur steif dastanden, sie mit den Blicken durchbohrend. Der Mann verzog höhnisch den Mund, die Frau warf herausfordernd den Kopf auf. Mit den Händen in den Taschen dastehend, bot der Sohn einen jämmerlichen Anblick mit seinem kahlen Kopfe, seinem gekrümmten Rücken, seinem bleichen, verlebten Gesichte. Sie suchten alle drei nach etwas Unangenehmem, als eine Gelegenheit sich darbot.
»Wo ist denn Thérèse?« keifte plötzlich die Lepailleur. »Sie war ja gerade noch da, wo ist sie hingeraten? Ich will nicht, daß sie fortläuft, wenn alle diese Leute da sind.«
Tatsächlich war Thérèse seit einem Augenblick verschwunden. Sie war eben in ihr zehntes Jahr getreten, war ein entzückendes Kind, blond, schon etwas rundlich, mit zerzausten Haaren und
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