Fruchtbarkeit - 1
allein?«
»Oh, wir langweilen uns nicht, wir haben so viel zu tun! Zuerst plaudern wir. Dann sehen wir uns an. Und das dauert so lange, wir werden gar nicht fertig damit!«
Constance bewunderte sie blutenden Herzens. Ach, so viel Anmut, so viel Gesundheit, so viel Hoffnung! Während bei ihr der Wind der Unfruchtbarkeit alles verbrannt, alles vernichtet hatte, würde also dieses fruchtbare Geschlecht der Froment sich immerfort vermehren, immerfort ausbreiten? Denn auch das war eine neue Eroberung, diese beiden so frei ihrer Liebe überlassenen Kinder, allein in diesem prächtigen Palais, das ihnen bald gehören würde.
»Verheiraten Sie nicht auch Ihre älteste Tochter?« fragte sie.
»Jawohl, Rose,« erwiderte Mathieu fröhlich. »Im kommenden Mai ist großes Fest in Chantebled! Sie müssen alle kommen.«
Ja, das war die Macht der Zahl, der Sieg des Lebens, Chantebled den Séguin abgewonnen, ihr Haus nun bald von Ambroise eingenommen, die Fabrik selbst zur Hälfte in die Hände Blaises gefallen!
»Wir werden kommen,« sagte sie erbebend. »Und möge Ihr Glück weiter dauern, das wünsche ich Ihnen!«
3
In der freudigen Stimmung über die Doppelhochzeit, die gleichsam das glänzende Weihefest für Chantebled werden sollte, hatte Rose den Plan gefaßt, die ganze Familie an einem Sonntag, zehn Tage vor der Trauung, hier zu vereinen. Am Morgen wollte sie mit ihrem Verlobten und gefolgt von der ganzen Familie das andre Paar, Ambroise und Andrée, vom Bahnhof abholen, um sie dann im Triumphzug auf den Hof zu führen, wo ein gemeinsames Mittagessen stattfinden sollte. Es sollte eine Art Generalprobe werden, sagte sie mit ihrem fröhlichen Lachen: man würde bei dieser Gelegenheit alles besprechen und zusammen das Programm des großen Tages feststellen.
Die Heirat Roses setzte dem Glück des Hauses die Krone auf, war die schönste Blüte eines langen Gedeihens. Rose war das lieblichste Mädchen, das man sich denken konnte, mit braunen Haaren, elfenbeinfarbenem Teint, einem frischen, runden Gesichte, lachenden Augen und reizendem Munde. Dabei von immer gleichbleibender Sanftmut und übermütiger Fröhlichkeit, die Seele dieses großen wimmelnden Hofes, dessen gute Fee, dessen schönster Schmuck sie zugleich war. Aber in der Wahl ihres künstigen Lebensgefährten hatte sie einen besonderen Beweis der Klugheit und tatbereiten Zärtlichkeit gegeben, die sich unter ihrem von früh bis abend singenden Frohsinn bargen. Vor acht Jahren hatte Mathieu den Sohn eines benachbarten kleinen Landmannes in seinen Dienst genommen, Frédéric Berthaud, ein kräftiger Junge, der sich für die schaffende Tätigkeit in Chantebled begeisterte, begierig war, hier zu lernen und sich als außerordentlich fleißiger Arbeiter und intelligenter Kopf erwies. Er besaß kein Vermögen. Rose, die neben ihm aufgewachsen war, wußte, daß er der beste Gehilfe ihres Vaters war; und als er nach beendetem Militärdienst auf den Hof zurückkehrte, hatte sie, die sich von ihm geliebt wußte, in kunstloser Weise sein Geständnis herbeigeführt. Sie legte so ihr Schicksal fest, sie war entschlossen, ihre Eltern nicht zu verlassen, auf diesem Hof zu bleiben, der, seit sie lebte, ihr Glück umfaßt hatte. Weder Mathieu noch Marianne waren überrascht. Zu Tränen gerührt, hatten sie einer Wahl zugestimmt, zu welcher so viel kluge Zärtlichkeit für sie mitgewirkt hatte. Die Familienbande waren dadurch nur um so enger geworden, das Glück des Hauses hatte sich vermehrt.
Alles war also angeordnet, und es war vereinbart worden, daß an diesem Sonntag, mit dem ZehnUhrZug, Ambroise seine Verlobte Andrée in Begleitung ihrer Mutter, Madame Séguin, nach Janville bringen würde. Und seit acht Uhr morgens setzte Rose alle Hebel in Bewegung, damit die ganze Familie sich an dem Zuge beteilige, der sich zu Einholung des Brautpaares auf den Bahnhof begeben sollte.
»Nein, mein Kind, das hat ja keinen Sinn,« sagte Marianne sanft. »Jemand muß doch auch hier bleiben. Ich behalte Nicolas da, fünfjährige Kinder brauchen noch keine Ausflüge zu machen. Ebenso behalte ich Gervais und Claire. Alle andern kannst du mitnehmen, damit bin ich gerne einverstanden, und der Vater soll euch führen.«
Aber Rose hielt lachend stand, wollte nicht das Kleinste ihres Planes, über den sie schon zum voraus die größte Freude empfand, aufgeben.
»Nein, nein, Mama, du kommst auch mit, und alle kommen mit, das ist nun einmal abgemacht. Vergiß nicht, Ambroise und Andrée
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