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Fruchtbarkeit - 1

Fruchtbarkeit - 1

Titel: Fruchtbarkeit - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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zitterte ein wenig in ihren Händen.
    »Die süßen Engel! Mein liebes Kind, mein lieber Enkel! Da bin ich nun wieder einmal Mutter und Großmutter mit diesen geliebten Wesen! Ach, diese beiden waren uns himmlischer Trost, sie haben Balsam auf die Wunde geträufelt, ihnen danken wir es, daß wir wieder Hoffnung und Mut gefaßt haben.«
    So war es auch. Welche Trauer, welcher Schmerz in der ersten Zeit, als Charlotte, die Fabrik verlassend, sich nach dem Hofe geflüchtet hatte! Im vierten Monate der Schwangerschaft, gleich Marianne, wäre sie an dem furchtbaren Schicksalsschlage des Todes Blaises beinahe gestorben. Die erste mildernde Freude erwuchs ihr daraus, daß Berthe, die in Paris etwas schwächlich gewesen, in der freien Luft von Chantebled gesunde, rosige Wangen bekam. Sie hatte mit dem Leben abgeschlossen, sie wollte hier, im Frieden dieses gastlichen Hauses altern, sich ganz ihren beiden Kindern widmend, glücklich, diese liebevollen Großeltern an der Seite zu haben, die ihr helfen, sie unterstützen würden. Sie war immer ein wenig seitwärts vom Leben gestanden, eine sanfte, träumerische Natur, die nur das Bedürfnis hatte, zu lieben und geliebt zu werden. Sie begann allmählich wieder aufzuleben, als sie sich an der Seite ihrer Schwiegereltern in dem ehemaligen Jagdpavillon eingewohnt hatte, den Mathieu für sie drei einrichtete. Sie begann sogar wieder zu arbeiten, wollte sich, ohne Rücksicht auf ihren Anteil an der Fabrik, beschäftigen und malte Miniaturen, die ein Pariser Händler ihr abkaufte. Aber ihre hauptsächlichste Stärkung, die Heilung so furchtbaren Schmerzes brachte ihr ihr kleiner Guillaume, das Geschenk ihres toten Gatten, das Kind, in welchem der Vater wieder auflebte, welches ihn ihrer Gattenliebe wiederzugeben schien. Und ebenso war es bei Marianne, als ihr Benjamin geboren wurde, der Sohn, der den Verlorenen ersetzte, ein Wiederkehrender auch er, der den leergebliebenen Platz in ihrem Herzen einnahm. Und die beiden Frauen, die beiden Mütter genossen eine unendliche sanfte Freude, indem sie die lieben kleinen Tröster gemeinsam stillten. Sie vergaßen sich in ihnen, sahen sie miteinander wachsen, gaben ihnen zur gleichen Stunde die Brust, von demselben Wunsche erfüllt, sie sehr stark, sehr schön, sehr gut werden zu sehen. Obgleich die eine fast das doppelte Alter der andern hatte, fühlten sie sich als Schwestern, dieselbe nährende Milch floß aus ihrer beider fruchtbarer Brust. Und ihre Trauer lichtete sich, sie lachten, wenn die kleinen Engel lachten, und es gab keinen fröhlicheren und rührenderen Anblick, als diese Schwiegermutter und Schwiegertochter, so innig vereint, über einer Doppelwiege wachend, in einer nie endenden Blüte der Mutterschaft.
    »Gib acht, verstecke deine Aquarelle,« sagte Mathieu. »Da kommen Gervais und Claire, um den Tisch aufzustellen.
    Gervais, nun neunzehn Jahre alt, war von herkulischer Gestalt, der stärkste der Familie, mit kurzem schwarzem Kraushaar, großen hellen Augen und einem vollen Gesichte mit großen, kräftigen Zügen. Mathieu nannte ihn scherzweise den »Sohn der Cybele«, wobei Marianne lächeln mußte in Erinnerung an jene Nacht, wo sie ihn angesichts der von Keimen bebenden Natur empfangen hatte, um die Zeit, da Chantebled noch in Erwartung seiner Befruchtung schlummerte. Er war der Lieblingssohn des Vaters geblieben, das Kind der fruchtbaren Erde, der, den er in der Liebe zum Grundbesitze, in der Begeisterung für die kluge und siegreiche Bearbeitung des Bodens erzog, damit er eines Tages das Werk fortsetzen könne. Schon übertrug er ihm einen Teil seiner Arbeitslast, und er wartete nur ab, daß er verheiratet sei, um ihm die Leitung des Gutes vollständig zu überlassen. Und sehr gerne dachte er daran, ihm Claire an die Seite zu geben, wenn sie selbst einen braven und tüchtigen Mann geheiratet haben würde, der seinen Teil der Arbeit auf sich nähme. Zwei Männer, die einander verständnisvoll unterstützten, würden nicht zu viel sein für ein Unternehmen, dessen Umfang mit jedem Tage wuchs. Seit ihre Mutter wieder ein Kind stillte, vertrat Claire sie in ihren Pflichten; auch sie war von kräftigem Wuchs, nicht schön, aber von blühender Gesundheit. Sie befaßte sich hauptsächlich mit Küche und Hauswirtschaft, führte auch die Bücher, ein kluges Mädchen, zu deren Eigenschaften auch ein starker Sparsamkeitssinn gehörte, mit welchem die Verschwender der Familie sie neckten.
    »Hier also wollen wir den Tisch

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