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Fruchtbarkeit - 1

Fruchtbarkeit - 1

Titel: Fruchtbarkeit - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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zischelten, hatte ihn die Sehnsucht nach Paris wieder erfaßt, und er hatte alles daran gesetzt, um wieder zu seinem frohen Leben der Faulheit und der Freuden dahin zurückkehren zu können. Zuerst hatte Lepailleur, dem nun die Augen geöffnet waren, und der wütend darüber war, daß er so lange der Narr gewesen, sich heftig widersetzt. Aber was zu Hause mit diesem großen Jungen anfangen, den er selbst im Haß gegen die Erde, in Verachtung der alten halbverfaulten Mühle erzogen hatte? Dann hatte er fortab die Mutter gegen sich, die in blinder Bewunderung zu der Wissenschaft ihres Sohnes aufschaute, ein starres Vertrauen in ihn setzte und sicher war, daß er diesmal einen guten Platz finden werde. Der Vater hatte schließlich nachgeben müssen, und Antonin verkam nun in Paris als kleiner Angestellter bei einem Kaufmann in der Rue du Mail. Aber im Hause des Müllers wurde die Zwietracht immer ärger, besonders seit Lepailleur seine Frau im Verdacht hatte, daß sie ihn bestehle, um ihrem großen Taugenichts von einem Sohn Geld zu senden. Von der Yeusebrücke hörte man an manchen Tagen laute Schimpfworte und das Klatschen von Ohrfeigen. Auch hier war eine Familie zerstört, war Kraft und Glück verschleudert worden.
    Mathieu fuhr fort, von einem wahren Zorn erfaßt:
    »Leute, die alles hatten, um glücklich zu sein! Es ist unglaublich, daß man so dumm sein kann, daß man sein eignes Elend mit solchem Eigensinn soll herbeiführen wollen! Einen einzigen Sohn wollten sie haben, ihr Stolz war, einen Herrn aus ihm zu machen – einen schönen Erfolg, den sie da erzielt haben, nun sind sie wohl glücklich darüber! Ebenso sein Haß gegen die Erde, sein alter Schlendrian der Bebauung, sein Eigensinn, den Streifen Landes öde zu lassen, den er sich weigert, mir abzutreten, offenbar um gegen unsre Erfolge zu protestieren – kann man sich wohl etwas Verbohrteres und Dümmeres vorstellen? Nicht anders ist es mit seiner Mühle, die er aus Faulheit und Dummheit verfallen läßt. Früher hatte er wenigstens einen Grund, indem er sagte, da die Gegend fast gar keine Frucht mehr baue, so hätte er nichts zu mahlen. Aber heute, wo es dank uns Getreide in Fülle gibt, hätte er nicht das alte Werk beseitigen können, um es durch eine gute Dampfmühle zu ersetzen? Ach, wenn ich an seiner Stelle wäre, so hätte ich schon längst eine neue, große Mühle gebaut, die auch die Wasserkraft der Yeuse mit verwertete und die ich mit dem Bahnhof Janville durch eine Eisenbahn verbinden ließe, deren Anlage sehr wenig kosten würde.«
    Grégoire hörte zu, froh, daß der Sturm abgewendet worden war. Und Marianne tröstete die drei Mädchen, die so betrübt waren, keine weißen Rosen gefunden zu haben:
    »Für den Tisch werdet ihr morgen die blassesten rosafarbenen abschneiden, die ihr finden könnt, das wird sich ganz hübsch machen.«
    Mathieu, wieder ruhig geworden, fügte unter dem Lachen der Kinder heiter hinzu:
    »Schneidet nur auch die roten ab, nehmt die allerrötesten. Das ist das Blut des Lebens.« Marianne und Charlotte verweilten noch immer im Gespräch über alle diese Vorbereitungen, als wieder kleine Füße im Grase herbeiliefen. Nicolas, stolz auf seine sieben Jahre, führte seine Nichte Berthe an der Hand, ein großes Mädchen von sechs Jahren. Die beiden vertrugen sich sehr gut. Heute hatten sie im Hause bei der Wiege Benjamins und Guillaumes Vater und Mutter gespielt, und die Kleinen waren ihre Kinder gewesen. Aber die beiden Kleinen waren erwacht und hatten vor Hunger zu schreien angefangen. Da hatten Nicolas und Berthe Angst bekommen und waren eiligst davongelaufen, um die Mütter herbeizurufen.
    »Mama!« rief Nicolas, »Benjamin verlangt nach dir. Er hat Durst.«
    »Mama, Mama!« rief Berthe. »Guillaume hat Durst. Komm geschwind. Er schreit sehr!«
    Marianne und Charlotte lächelten fröhlich. Allerdings, diese morgige Hochzeit hatte sie die lieben Kleinen ganz vergessen lassen. Sie beeilten sich nun, ins Haus zu gehen, denn die Stunde des Stillens war da.
    In welch liebevoller enger Familiengemeinsamkeit fand die Hochzeit am nächsten Morgen statt! Im ganzen saßen einundzwanzig Personen an dem Tisch auf dem grünen Rasen, umgeben von den freundlichen Ulmen und Buchen, gleichwie in einem anheimelnden grünen Saale. Die ganze Familie war da vereint, vorerst alle vom Hofe, dann Denis, der junge Ehemann, den man jetzt selten sah, da er die Fabrik fast nicht verließ, sowie Ambroise und Andrée mit ihrem kleinen Léonce,

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