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Fruchtbarkeit - 1

Fruchtbarkeit - 1

Titel: Fruchtbarkeit - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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aufstellen,« sagte Gervais. »Ich muß den Rasen abmähen lassen.«
    Claire ihrerseits interessierte sich für die Zahl der Gäste, für die Art, wie der Tisch gedeckt werden sollte. Und als Gervais Frédéric gerufen hatte, damit er das Abmähen besorge, fuhren alle drei fort, die zu treffenden Anordnungen zu besprechen. Nach dem Tode Roses hatte Frédéric, ihr Verlobter, der den Hof nicht verlassen konnte, seine Arbeit neben Gervais wieder aufgenommen, dessen Freund und fleißigster und intelligentester Gehilfe er geworden war. Seit einigen Monaten hatten Mathieu und Marianne bemerkt, daß der junge Mann sich viel mit Claire befaßte, als ob er, seit dem Verluste der älteren Schwester, sich zu der jüngeren hingezogen fühle, die freilich weniger schön, aber gesund und kräftig und eine gute Hausfrau war. Zuerst hatten sie darüber Traurigkeit gefühlt: konnte man ihr geliebtes Kind vergessen? Dann hatte sie der Gedanke mit sanfter Rührung erfüllt, daß das Familienband dadurch noch enger werden würde, daß das Herz dieses jungen Menschen sich keiner andern Liebe erschließen, ihnen zugehörig bleiben würde, um ihnen doppelt teuer zu werden. Sie schlossen lächelnd die Augen, ließen den Dingen ihren Lauf, bis Claire heiratsfähig sein würde, in der Hoffnung, in Frédéric den verbündeten Schwager für Gervais zu finden, dessen dieser bedurfte.
    Die mit der Tafel zusammenhängenden Fragen waren eben erledigt, als drei Mädchen mit flatternden Röcken, mit in der Sonne leuchtenden offenen Haaren durch das hohe Gras heranstürmten.
    »Oh,« rief Louise, »wir finden keine Rosen!«
    »Nein,« wiederholte Marguerite, »nicht eine weiße Rose!«
    »Und wir haben alle Rosenstücke abgesucht,« bestätigte Marguerite. »Nicht eine weiße, nur rote!«
    Sie waren dreizehn, elf und neun Jahre alt. Louise, dick und fröhlich, schien bereits eine kleine Frau. Madeleine, zart und hübsch, verbrachte Stunden an ihrem Klavier, die Augen von Träumen erfüllt. Marguerite, die eine zu dicke Nase, einen großen Mund und prachtvolle goldblonde Haare hatte, las im Winter Vögel auf, um sie zwischen ihren Händen zu erwärmen. Sie hatten alle drei den Gemüsegarten durchsucht, wo die Rosenstöcke zwischen den Beeten wuchsen, und kamen nun, niedergeschlagen über ihre vergeblichen Bemühungen, zurück. Keine weißen Rosen für eine Hochzeit, das war eine Katastrophe. Was sollte man nun der Braut darbringen? Womit die Tafel schmücken?
    Hinter den drei Mädchen war der nun fünfzehnjährige Grégoire aufgetaucht, mit spöttischer Miene, die Hände in den Taschen. Er war ein schrecklicher Kobold, der Wildfang der Familie, immer voll boshafter Streiche. Seine spitze Nase, seine dünnen Lippen verrieten den abenteuerlichen Geist, aber auch Willenskraft und Findigkeit. Höchst belustigt von dem Mißgeschick seiner Schwestern, rief er, um sie zu necken, sich vergessend:
    »Ich weiß, wo es weiße Rosen gibt, und sehr schöne.« »Wo denn?« fragte Mathieu.
    «Bei der Mühle, nach dem Rad, in dem kleinen Garten. Drei große Rosenstöcke, die ganz weiß sind. Rosen wie die Kohlköpfe.«
    Dann errötete er und geriet in Verlegenheit, als sein Vater ihn strenge anblickte und sagte:
    »Schleichst du schon wieder um die Mühle, trotzdem ich es dir unbedingt verboten habe? Und um zu wissen, daß Rosen in dem Garten sind, mußt du drinnen gewesen sein.«
    »Nein, ich habe über die Mauer gesehen.«
    »Du bist also auf die Mauer hinaufgeklettert, da hört alles auf! Willst du mir durchaus Verdruß mit diesen Lepailleur zuziehen, die ebenso boshafte als dumme Leute sind? Wahrhaftig, Junge, du hast den Teufel im Leibe.«
    Was Grégoire nicht sagte, das war, daß er in dem Garten mit Thérèse, der kleinen Müllerstochter, der rosigen Blondine mit dem so drollig mehligen Gesichte zusammentraf, die mit ihren dreizehn Jahren nicht minder wild und abenteuerlustig war. Die Spiele der beiden waren übrigens lediglich unschuldige Kinderspiele. Im Hintergrunde des Gartens, unter den Apfelbäumen gab es ein lauschiges Plätzchen, wo man sich mit Plaudern und Lachen köstlich unterhielt.
    »Verstehst du?« sagte Mathieu. »Ich will nicht, daß du mit Thérèse zusammenkommst und mit ihr spielst. Sie ist ja ein recht liebes Kind. Aber ihr Haus sollst du mir nicht betreten. Es heißt, sie schlagen sich jetzt dort.«
    So war es auch. Als Antonin glaubte, von der häßlichen Krankheit geheilt zu sein, über welche die Klatschbasen Janvilles miteinander

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