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Fruchtbarkeit - 1

Fruchtbarkeit - 1

Titel: Fruchtbarkeit - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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kläglichen Erfolgen die Pariser Schulen besucht, und war von dort gesund und wohlgemut heimgekehrt, ohne sich zu irgendeinem Beruf oder einer Beschäftigung entschließen zu wollen. Mit nun vierundzwanzig Jahren verstand er nicht viel andres als Jagen, Fischen und Reiten, nicht dümmer oder träger als ein andrer, aber beharrlich in seinem lebenslustigen Egoismus, nur das zu tun, was er wollte und was ihm Vergnügen machte. Und das Schlimmste war, daß ganz Janville sich erzählte, daß er seit einigen Monaten seine einstige Jugendfreundschaft mit Thérèse Lepailleur, der Müllerstochter, wieder angeknüpft habe, und daß man den beiden des Abends unter den Schatten der Weiden an der Yeuse begegne.
    Eines Tages ging Mathieu in die Richtung gegen Mareuil, um zu sehen, ob die Rebhühnerbrut zahlreich geworden sei, und nahm Grégoire mit sich. Und als sie allein zwischen den Büschen des Plateaus waren, sagte er: »Hör einmal, mein Junge, ich bin nicht zufrieden mit dir. Ich kann nicht begreifen, wie du hier so im Nichtstun leben kannst, inmitten von uns, die wir alle arbeiten. Ich warte noch bis zum Oktober, da du mir fest versprochen hast, dich bis dahin für irgendeinen Beruf zu entscheiden. Und dann, was ist denn das wieder für eine Geschichte, die mir zu Ohren gekommen ist, von den Zusammenkünften, die du wieder mit der Tochter der Lepailleur haben sollst? Willst du uns durchaus die größten Unannehmlichkeiten zuziehen?«
    Grégoire lächelte gelassen. »Ich hoffe, Papa, du wirst doch deinen Sohn nicht ausschelten, weil er der Freund eines hübschen Mädchens ist? Erinnere dich nur, daß ich ihr, vor mehr als zehn Jahren, den ersten Unterricht im Radfahren gegeben habe. Und erinnere dich an die schönen weißen Rosen, die sie mir am Hochzeitstage Denis’ aus dem Garten der Mühle stehlen geholfen hat.«
    Er lachte fröhlich, indem er an diese Kinderliebe zurückdachte, an die Streifzüge zu zweien längs der Ufer des Flüßchens, an die fröhlichen Brombeermahlzeiten tief drinnen im Walde, in unauffindbaren Verstecken. Und es schien wohl, daß diese Liebe sich wieder entzündet hatte und nun verzehrend flammte, denn bei der Erinnerung war ihm die Röte in die Wangen gestiegen, und seine Augen leuchteten.
    »Die arme Thérèse, mit der ich seit Jahren tödlich verfeindet war, weil ich sie eines Abends, auf der Rückkehr vom Kirchweihfeste von VieuxBourg, in eine Pfütze gestoßen hatte, so daß sie sich ihr Kleid beschmutzte! Es ist wahr, wir haben uns dieses Frühjahr versöhnt, als wir eines Tages im Gehölz von Monval plötzlich einander gegenüberstanden. Aber ist es denn ein Verbrechen, Papa, daß wir gerne miteinander sprechen, wenn wir uns begegnen?«
    Noch mehr beunruhigt durch den Eifer, mit welchem Grégoire sich verteidigte, erwiderte Mathieu: »Ein Verbrechen, nein, wenn ihr euch guten Tag und guten Abend sagt. Aber man erzählt sich, daß man euch, wenn es dunkel geworden ist, einander umschlungen haltend gehen sieht, und jemand will euch sogar im hohen Grase der YeuseUfer liegen und zu den Sternen emporblicken gesehen haben.«
    Und als Grégoire nun nur lauter lachte, mit einem fröhlichen, jugendlichen Lachen, ohne zu antworten, fuhr er ernst fort: »Hör einmal, es ist durchaus nicht nach meinem Geschmack, hinter meinen Söhnen den Tugendwächter zu machen. Das einzige, was ich will, ist, daß du uns keine Widerwärtigkeiten mit den Lepailleur zuziehst. Du weißt, wie die Sachen da liegen, sie wären glücklich, wenn sie uns unangenehm werden könnten. Gib ihnen also keinen Vorwand, sich zu beklagen, laß ihre Tochter in Ruhe.«
    »Oh, ich bin schon vorsichtig!« rief der junge Mann mit plötzlichem Eingeständnis. »Das arme Kind! Sie hat schon Ohrfeigen bekommen, denn man hat auch ihrem Vater hinterbracht, daß man sie mit mir gesehen hat, und er hat gesagt, daß er sie eher in den Fluß werfen würde, als sie mir zu geben.«
    »Da siehst du’s,« sagte Mathieu. »Also, nicht wahr, ich rechne auf deine Klugheit?«
    Sie durchstreiften die Felder bis zu der Straße von Mareuil. Rechts und links erhoben sich Rebhühnervölker mit noch zaghaftem Fluge. Die Jagd schien gut werden zu wollen. Dann kehrten sie langsam zurück und schritten schweigend nebeneinander hin, beide in Gedanken versunken.
    »Ich will kein Mißverständnis zwischen uns, mein Junge,« begann Mathieu plötzlich wieder. »Glaube nur nicht, daß ich dich hindern werde, nach deinem Gefallen zu heiraten, und daß ich auf einer

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