Fruchtbarkeit - 1
übertragen hatte, im Laufe der langen Zeit, die er auf dem Hofe arbeitete? Er besaß kein Vermögen, er brachte nichts mit, als diese treue Beharrlichkeit, die Art von Brüderlichkeit, die sich zwischen ihm und Gervais entwickelt hatte, während der vielen Jahre, da sie Seite an Seite den Boden bebauten, gleich zwei an denselben Pflug gespannten unermüdlichen Rindern. Er war der unentbehrlich gewordene Gehilfe, das Herz, auf das man bauen konnte, der gute, verträgliche Gatte, das sichere Glück.
Die Leitung des Gutes war somit festgelegt. Mathieu hatte mit kaum fünfundfünfzig Jahren die Herrschaft an Gervais abgetreten, den Sohn der Erde, wie er ihn scherzend nannte, den, der als erster auf ihr gewachsen war, und der sie nie verlassen, ihr Zeit seines Lebens seinen Arm, seinen Kopf, sein Herz gewidmet hatte. Und Frédéric sollte Gervais mit Rat und Tat zur Seite stehen, als sein treuer Gehilfe in der gemeinsamen Aufgabe. Zu zweien sollten sie nun das Werk des Vaters fortsetzen, indem sie die Art der Bebauung immer noch verbesserten, von Denis in der Beauchêneschen Fabrik neue Maschinen bauen ließen, der Erde die ganze reiche Ernte entlockten, die sie zu geben vermochte. Ebenso hatten die beiden Frauen sich in die Herrschaft geteilt; Claire hatte an Caroline, die Kräftigere und Beweglichere, die tatsächliche Leitung der Wirtschaft abgetreten, während sie selbst sich nur mit der Buchhaltung, mit dem bedeutenden Geldumsatze befaßte, die Einkassierungen und Zahlungen besorgte. Die beiden Ehepaare waren wie ausgesucht und klug zusammengestellt, um die größtmögliche Menge von Arbeit hervorzubringen, ohne daß der geringste Zwiespalt zu fürchten gewesen wäre. Es war eine vollkommene Gemeinschaft, ein einheitlicher Wille erstrebte und erreichte immer das Beste, und der Reichtum und das Glück von Chantebled wuchsen unaufhörlich unter der wohlwollenden Sonne.
Aber, wenn auch Mathieu der tatsächlichen Macht entsagt hatte, so blieb er doch der große Schöpfergeist, das Orakel, das man befragte, ehrfürchtig anhörte, dessen Aussprüche man genau befolgte. In dem ehemaligen Jagdpavillon, der durch ihn zu einem großen und behaglichen Wohnhause umgestaltet worden war, lebten er und Marianne in liebevoller Gemeinschaft, gleich den Gründern einer Dynastie, die sich ruhmbedeckt zur Ruhe gesetzt haben und keine andre Freude mehr erstreben, als rings um sich ihr zahlloses Geschlecht, die Kinder ihrer Kinder emporwachsen zu sehen. Außer Claire und Gervais hatten nur noch Denis und Ambroise einen eignen Hausstand gegründet, die beiden zuerst flügge Gewordenen, die in Paris ihre Erfolge errangen. Bei den Eltern befanden sich in dem glücklichen Hause noch immer die drei Mädchen Louise, Madeleine und Marguerite, die nun wohl auch bald zu verheiraten waren, und die drei jüngsten Söhne, Grégoire, der Unbändige, Nicolas mit dem eigensinnigen Willen, Benjamin, ein träumerisches Kind. Diese ganze junge Welt wuchs kräftig heran, am Rande des Nestes, am Fenster des Lebens, das sich vor ihnen öffnete, bis auch sie sich zum Fluge anschicken würden. Zum Hause gehörten ferner Charlotte, die Witwe Blaises, die mit ihren zwei Kindern, Berthe und Guillaume, das oberste Stockwerk bewohnte, wo sie ihr Maleratelier eingerichtet hatte. Sie wurde reich, da ihr kleiner Anteil am Gewinne der Fabrik, den Denis ihr erwirkt hatte, von Jahr zu Jahr größeren Ertrag gab; aber sie fuhr nichtsdestoweniger fort, für den Bilderhändler Miniaturen zu malen, und verdiente damit ihr Taschengeld, wie sie lächelnd sagte, ein kleines Kapital, das sie ihren Kindern zum Geschenke machen wollte, wenn sie sich vermählten. Schon dachte man an Berthes Verheiratung. Sie würde zweifellos das erste Enkelkind Mathieus und Mariannes sein, das heiratete, und es erfüllte sie mit heiterer Freude, zu denken, daß sie vielleicht bald Urgroßvater und Urgroßmutter sein würden.
Vier Jahre später flog Grégoire als erster aus. Es geschah dies unter schwerem Verdruß, mit einem ganzen Gefolge aufregender und kränkender Ereignisse, welche die Eltern übrigens schon seit einiger Zeit hatten kommen fühlen. Grégoire war unlenkbar. Er war immer der Wildfang, der unruhige Geist der Familie gewesen, ein untersetzter, kräftiger Junge mit einem spöttischen Gesichte, in welchem kluge Augen funkelten. Seine Kindheit hatte er damit verbracht, daß er meistens in den Wäldern von Janville herumstrich, anstatt in die Schule zu gehen, dann hatte er mit
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