Fruchtbarkeit - 1
Wölfe, und jetzt laufen und springen und schreien sie, daß es eine Art hat. Ich weiß nicht, wie Sie es das ganze Jahr hindurch inmitten dieses Höllenspektakels aushalten können. Zu allem Ueberfluß haben wir auch noch die beiden kleinen Séguin von der Tante holen lassen, zu der ihre Mama sie geschickt hatte. Sie sind auch mit dabei, aber sie sind ein wenig still, sie fürchten, sich zu beschmutzen. Mit dem unsrigen und dieser Reine, die beinahe schon wie ein erwachsenes Mädchen aussieht, haben wir also sieben. Das ist ein bißchen viel für Leute, die sich einbilden, nicht mehr als eins haben zu wollen.«
Er begleitete diesen Scherz mit verstärktem Gelächter. Auch er hatte dem Mittagessen reichlich zugesprochen und war in bester Laune. Aber der Name Reines war eisig auf Mathieus Herz gefallen. Er sah Valérie dort auf dem armseligen Lager tot liegen, während Morange zerschmettert neben ihr wachte.
»Sie spielt also auch, das große Mädchen?« fragte er.
»Mit Leib und Seele. Sie stellt die Mama der andern vor. Aber sie will nicht mehr als ein Kind haben; die fünf andern, das sind die kleinen Dienstboten. – In drei oder vier Jahren wird das eine entzückende Frau sein.«
Er hielt inne, atmete tief und wurde einen Augenblick ernst. »Leider hat unser Maurice es heute früh wieder in den Beinen gekriegt. Er wächst so, der Junge, und wird so stark! Seine Mutter hat ihn inmitten der andern auf ein Sofa legen müssen, und Sie können sich Wohl denken, daß es ihm ein wenig Herzweh macht, daß er nicht gleich den andern herumtollen kann. Armer kleiner Bursch!«
Seine Augenlider zitterten, eine Wolke zog über sein Gesicht. Vielleicht fühlte er in diesem Augenblicke jenen eisigen Hauch aus dem Unbekannten, der eines Abends Constance vor ihrem in Ohnmacht liegenden Sohne schaurig überweht hatte. Allein die Anwandlung verging alsbald. Und als ob während dieser weniger Sekunden der Versunkenheit eine unbewußte Gedankenverknüpfung in ihm vorgegangen wäre, sagte er, wieder zu sich gekommen, heiter: »Ja, apropos, mit der kleinen Blonden dort ist’s noch nichts?«
Mathieu bedurfte einer Weile, um zu verstehen, daß er frage, ob Norine noch nicht entbunden sei.
»Nein, noch nicht, es ist noch mehr als ein Monat bis dahin, wie Sie wissen.«
»Ich, ich weiß gar nichts, und meine Frage ist eigentlich recht dumm, denn ich will nichts wissen … Wenn Sie alles bezahlt haben, sagen Sie ihr von mir, daß weder sie, noch besonders das Kind für mich existiert.«
In diesem Augenblick ertönte die Stimme der Wärterin oben auf der Treppe.
»Monsieur, Monsieur, kommen Sie schnell!«
Beauchêne beeilte sich zu sagen: »Gehen Sie, gehen Sie, lieber Freund. Ich werde hier warten, um zu hören, ob ich eine kleine Cousine oder einen kleinen Cousin bekommen habe.«
Als er das Zimmer betrat, war Mathieu geblendet. Durch das Fenster, dessen Vorhänge hoch hinaufgezogen waren, ergoß sich ein breiter Strom von Sonnenlicht herein, gleich einem strahlenden Willkommgruße. Und er sah den Arzt in weißer Schürze, wie er mit seinen geheiligten Helferhänden das Kind an der Schwelle des Lebens in Empfang nahm. Und er hörte Marianne, seine angebetete Marianne einen lauten Schrei ausstoßen, den Schrei der Mütter, den Schrei jedes neuen Lebens, durchzittert von Schmerz, Freude und Hoffnung, dem fast im selben Augenblicke das dünne Wimmern des Neugeborenen antwortete, womit es das Tageslicht begrüßte. Es war geschehen, ein neues Wesen setzte die Kette der Wesen fort unter dem hellen Glanze der Sonnenstrahlen.
»Es ist ein Junge,« sagte der Arzt.
Mathieu hatte sich wieder über Marianne gebeugt und küßte mit überströmender Zärtlichkeit und Dankbarkeit wieder ihre Augen, die voll Tränen standen. Aber unter ihren Tränen lächelte sie bereits, ein fröhliches Glücksgefühl erfüllte sie, die noch von den ausgestandenen Schmerzen bebte.
»O teure, teure Frau, wie gut und tapfer du bist, und wie ich dich liebe!«
»Ja, ja, ich bin sehr glücklich, und ich werde dich jetzt noch mehr lieben, nach all der Zärtlichkeit, mit der du mich überhäuft hast!«
Der Doktor unterbrach sie und verbot ihr, noch ein Wort zu sprechen. Dann erging er sich in Bewunderung über die Schönheit des Kindes, wiederholte als leidenschaftlicher Apostel zahlreicher Familien, daß es kein besseres Mittel gäbe, schöne Kinder zu bekommen, als deren so viel als möglich zu bekommen. Wenn der Vater und die Mutter einander recht lieben,
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