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Frühlingserwachen (Winterwelt Trilogie) (German Edition)

Frühlingserwachen (Winterwelt Trilogie) (German Edition)

Titel: Frühlingserwachen (Winterwelt Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Stoye
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Erinnerungen an jene Zeit spielten sich wie ein Film in seinen Gedanken ab. Es kostete ihn unfassbar viel Energie, das alles noch einmal durchleben zu müssen.
    „Und während der Krieg zwischen mir und den Musen in den Mauern des Schlosses entbrannt war, bahnte sich vor dessen Toren ein weiterer an. Es geschah zu jener Zeit, als die Nyriden ihrer erhaltenen Seelen beraubt wurden. Niemals hätte ich es für möglich gehalten, dass die schönsten und die dunkelsten Tage meines Lebens so nahe beieinander liegen würden.
    Gefahren lauerten überall. Doch ebenso weitläufig hatten auch wir unsere Spione, und auf eine erschreckende Nachricht folgte die nächste. Während die Musen mich meiner Energien beraubten und planten, mich ermorden zu lassen, erfuhren wir, dass die Nyriden einen Anschlag auf Keylam vorbereiteten. Sie machten ihn für das Elend dieser Welt verantwortlich und waren von der irrwitzigen Ansicht überzeugt, dass sein Tod die lang ersehnte Erlösung herbeiführen würde.“
    „Warte mal“, unterbrach ihn Arrow. „Die Geschichte mit Keylam ist mir bekannt. Was ich allerdings nicht verstehe, ist, wie man einer Muse ihre Energien rauben kann und was das bewirken soll.“
    „Es sind die Reserven, die ich in einen Künstler investieren muss, bevor ich mich von ihm ernähren kann. Sobald ich nicht mehr darüber verfüge, kann ich mich in einem ganzen Ballsaal voller Künstler befinden und würde doch verhungern. Die eine oder andere Muse hat schon auf diesem Weg ihr Leben verloren. In den meisten Fällen waren es junge, unerfahrene Individuen, die zu gierig waren und sich nicht rechtzeitig auf die Suche nach einer neuen Quelle begeben haben.“ Harold senkte seinen Blick. Nach einem Moment des Schweigens fuhr er betrübt fort: „Ich wäre heute tot, wenn die Grüne Lady mich nicht gerettet hätte.“
    „Elaine?“, fragte Arrow hellhörig. „Was hat sie getan?“
    „Sie hat mich unter ihren Schutz gestellt und meinem Sterben Einhalt geboten. Es hätte nicht mehr viel gefehlt. Ihr Einschreiten kam praktisch in letzter Sekunde.“
    „Deshalb trägst du ihr Zeichen an deinem Körper“, fiel es ihr wie Schuppen von den Augen.
    Harold nickte. „Es hat die Endgültigkeit verhindert, und gleichzeitig hat es mich zu dem gemacht, was ich heute bin – ein Mann, der niemals aufgehört hat zu hungern und für den Leid zu einem ständigen Begleiter geworden ist. Es haftet an mir wie ein Schatten. Gemeinsam zehren wir voneinander bis in alle Ewigkeit und werden selbst dann noch aneinander gebunden sein, wenn die Welt, in der wir einst gelebt haben, längst vergessen ist.“
    „Das hat dich zu dem gemacht, was du heute bist“, flüsterte Arrow entrüstet. „Deine Erscheinung, dein Gemütszustand und dein Verhalten gegenüber Anderen … rührt alles daher.“
    Harold atmete schwer. Es sah aus, als würde ihm etwas den Brustkorb zuschnüren. „Darren hat meine äußerliche Veränderung nie gestört. Er hatte nie aufgehört, in mir die Person zu sehen, in die er sich einst so unsterblich verliebt hatte. Dann haben wir geheiratet, und das wurde zum schönsten und zugleich letzten glücklichen Ereignis meines Lebens.
    Die Nyriden haben uns in jener Nacht angegriffen und das Schloss in Brand gesteckt. Zu dem Zeitpunkt hatten wir schon lange mit diesem Angriff gerechnet. Alles war bestens vorbereitet, doch nur Keylam, Sally, Darren und ich waren in die Pläne eingeweiht. Keylam flüchtete in das Zwergenreich, während wir es so aussehen lassen sollten, als wäre er bei dem Feuer ums Leben gekommen. Wir hattn alles genauestens durchdacht – bis auf einen einzigen Punkt – die Musen. Sie überraschten Darren, während er sich noch im Schloss aufhielt, und gaben ihm Schlafpulver. Er hatte keine Chance.“
    Harold schluchzte. Doch während er seinen Tränen Einhalt gebieten konnte, hatte Arrow den Kampf gegen die ihren längst aufgegeben. Immer wieder musste sie sich ihre Augen reiben, um wieder klar sehen zu können, nur damit Sekunden später wieder alles verschwamm.
    „Die ganze Zeit hatte ich so etwas wie eine Vorahnung, ein ungutes Gefühl im Bauch. Bis zum Schluss hatte ich die Hoffnung, dass ich mich irren würde, nicht aufgegeben. Doch als ich seine tote Hülle schließlich in meinen Armen hielt, ist der Himmel über mir zusammengebrochen.
    Sally sagte, er habe keine Schmerzen gespürt. Der Rauch habe seinen Geist friedlich auf die andere Seite getragen. Aber selbst das ist nur ein schwacher Trost, wenn man

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