Fruehlingsherzen
was Bruce jetzt sagen würde.
„Dad, die Bar ist seit mehr als siebzig Jahren in Familienbesitz.“
Bingo. Ich wusste es, dachte sie. „Monroe’s“ gehört eben den Monroes. Das war schon immer so und wird auch immer so bleiben.
Diana beugte sich vor und taxierte Bruce mit demselben Blick, mit dem sie gewöhnlich ihre Gegenspieler bei Verhandlungen bedachte. „Und wann genau hatten Sie denn vor, Ihren Vater darüber zu informieren, dass Sie diese Tradition fortsetzen wollen?“
„Heute“, antwortete er sofort. „Ich wollte es ihm nicht am Telefon, sondern in einem persönlichen Gespräch sagen. Mein Haus in Las Vegas steht zum Verkauf. Ich habe vor, nach Rockingham zu ziehen, sobald wir alles geklärt haben.“
Seamus atmete tief aus und zog Diana wieder sanft an sich. „Ich wünschte, du hättest mir früher davon erzählt“, meinte er zu Bruce.
Warum? Hätte das denn etwas geändert? Kendra biss sich auf die Lippe, um diese Fragen nicht laut auszusprechen.
„Ich denke, Kendra hat da ja auch noch ein Wörtchen mitzureden“, schaltete sich Diana ein. „Ihr gehören neunundvierzig Prozent des Geschäfts.“
Kendra fühlte Bruce’ Blick auf sich. Zweifellos erinnerte er sich an ihre Behauptung, ihr würden fünfzig Prozent gehören. Lügen hatten eben kurze Beine. „Ich bin sicher, dass ihr alle wisst, wie ich das empfinde. Es war immer mein Traum, ein solches Projekt umsetzen und dann die Geschäfte führen zu können.“
„Aber ‚Monroe’s‘ ist wie ein Teil von mir“, sagte Seamus ruhig.
Wie Bruce, dachte sie. Bruce, der nicht einmal nach Hause gekommen war, als seinem Vater ein Herzschrittmacher eingesetzt worden war. Bruce, der sich der Bitte seines Vaters widersetzt hatte, aufs College zu gehen, obwohl er ein Baseball-Stipendium bekommen hätte. Bruce, der sie nie angerufen hatte, nachdem sie miteinander geschlafen hatten und daher auch nie herausgefunden hatte, dass sie schwanger geworden war … Und dass sie dieses Kind verloren hatte.
„Ist es dir ernst damit?“, fragte Seamus seinen Sohn. „Oder wirst du beim nächsten guten Jobangebot alles wieder stehen und liegen lassen?“
„Sehr ernst, Dad.“
Nun, dann kann ich meinen Traum wohl begraben, dachte Kendra.
„Und das kommt bei dir ja nicht allzu oft vor.“ Seamus lachte leise. „Dann muss ich mir wohl ein paar Gedanken darüber machen.“
„Ich bin nach Hause gekommen, um die Bar zu übernehmen. Ich kann nicht mehr spielen und will weder Trainer werden, noch bin ich daran interessiert, fürs Fernsehen zu arbeiten. Ich möchte dir das Tagesgeschäft im ‚Monroe’s‘ abnehmen und dich auszahlen.“ Bruce warf Kendra einen Blick zu. „Natürlich wusste ich nicht, dass du schon eine so große Hilfe hast. Ich bin sicher, dass wir etwas aushandeln können. Das heißt, wenn du mein Angebot in Betracht ziehen wirst.“ Er sah wieder mit ernstem Gesicht seinen Vater an.
Ohne ein Wort begann Kendra ihre Unterlagen einzusammeln. Sie würde ihre Idee irgendwo anders präsentieren müssen. Das Projekt war immer noch realisierbar. Ihr würde schon etwas einfallen. Um sich an Seamus’ Lokal zu beteiligen, hatte sie ihren letzten Cent investiert. Aber sie hatte sich schon in schlimmeren Lagen befunden – in finanzieller, emotionaler und auch körperlicher Hinsicht. Sie würde es überleben, wie sie alles bisher überlebt hatte.
„Was machst du da, Kendra?“, fragte Seamus in scharfem Ton.
Sofort hielt sie inne. „Wir müssen die Präsentation nicht zu Ende bringen. Nicht jetzt jedenfalls.“ Sie sah hoch und entdeckte den schmerzlichen Ausdruck in den Augen des älteren Mannes. Obwohl sie nie darüber geredet hatten, bestätigte ihr sein Blick, was sie schon immer vermutet hatte. Seamus wusste, wer dafür verantwortlich war, dass sie ihr Harvard-Studium hatte beenden müssen.
„Nicht so schnell“, meinte Seamus.
Heißt das, dass er sich noch nicht sicher ist? „Nun, bis du entschiedenhast, was zu tun ist …“ Sie fuhr fort, ihre Unterlagen einzusammeln, und Bruce, der ihr behilflich sein wollte, streifte dabei zufällig ihren Arm. Sie zuckte zurück und verfluchte ihre Reaktion darauf. Ihr Mund wurde trocken, und sie bemerkte mit Entsetzen, dass sie einen Kloß im Hals hatte. Sie würde ihm keinesfalls die Genugtuung verschaffen, sie weinen zu sehen. Sie holte tief Luft und zwang sich aufzustehen. „Ich werde nach Hause gehen, um etwas zu holen“, brachte sie hervor. „In ein paar Minuten bin ich wieder
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