Fruehlingsherzen
Bedürfnis dagegen – nämlich einen Ausflug zu seinen alten Jagdgründen zu machen – hatte er nicht widerstehen können.
Also war er zur Rockingham High gefahren. Er wusste, dass die Mannschaft der Highschool wahrscheinlich auf dem Platz war, denn im April waren jeden Nachmittag Trainingsstunden angesetzt.
Am liebsten wäre er geradewegs aufs Spielfeld gelaufen. Tatsächlich bräuchte er wohl nur den Platzwart zu rufen, der in einiger Entfernung arbeitete. Würde er sich ihm vorstellen, dann könnte Bruce Monroe, Rockingham Highs berühmtester Exschüler, ganz bestimmt aufs Spielfeld gehen.
Er hörte Gelächter und drehte sich um. Ein halbes Dutzend Schüler der Highschool in unterschiedlichen Trainingsklamotten, ausgerüstet mit Helmen und Baseballschlägern, liefen aufs Feld und fingen an, sich warm zu machen. Ihnen folgte ein Mann, der etwa vierzig Jahre alt sein musste, einen Jogginganzug trug und eine Pfeife umhängen hatte. Er sah Bruce eine Minute lang an und rief dann die Spieler zu sich.
Rick Delacorte, Bruce’ damaliger Trainer, war letztes Jahr, nach zwanzig Jahren an der Rockingham Highschool, in Pension gegangen. Bruce war mit Rick in Verbindung geblieben. Deshalb wusste er, dass Delacorte und seine Frau sich in Arizona niedergelassen hatten. Rick hatte ihm von dem neuen Trainer erzählt, der von Maryland nach Rockingham gekommen war.Aber Bruce konnte sich nicht mehr an den Namen des Mannes erinnern, der die Spieler nach der Aufwärmphase zunächst einige Spielzüge trainieren ließ.
Bruce, dem das alles sehr vertraut war, beobachtete die Werfer und stellte fest, dass einer der Jungen seine Reichweite nicht optimal ausnutzte. Der neue Trainer bemerkte das nicht, und Bruce musste sich zurückhalten, um den Jungen nicht selbst zu korrigieren. Stattdessen setzte er sich auf die Tribüne, um dem Team wenigstens ein paar Minuten beim Spielen zuzusehen. Wie spät es war, bemerkte er erst, als der Trainer das Training beendete. Jetzt war er ziemlich spät dran, dafür aber sehr entspannt. Als er aufstand, kam der Platzwart auf ihn zu.
„Entschuldigen Sie. Haben Sie nach jemandem Ausschau gehalten?“, rief er.
„Nein, ich habe mir nur das Training angesehen.“
Der Mann stand jetzt vor ihm und lächelte. „Was halten Sie von dem neuen Trainer, Bruce?“
„Kennen wir uns?“, fragte Bruce überrascht.
„Ich kenne Sie, aber Sie erinnern sich wahrscheinlich nicht an mich. Ich bin Martin Hatcher.“
„Mr Hatcher.“ Bruce schüttelte ihm die Hand. „Entschuldigen Sie, dass ich Sie nicht erkannt habe, Sir.“
Der ehemalige Rektor der Rockingham Highschool lachte. „Nun, mit dem Rechen in der Hand bin ich auch bei Weitem nicht mehr so Ehrfurcht einflößend.“
„Was machen Sie denn hier draußen?“
„Ich bin im Ruhestand, Bruce. Aber wie viele der ehemaligen Lehrer der Highschool mache ich mich ehrenamtlich ein bisschen nützlich, denn ich liebe die Schule immer noch. Letzte Woche habe ich zum Beispiel einige Tage in der Cafeteria gearbeitet.“ Er strich sich das graue Haar zurück. „Ich hätte Sie wahrscheinlich auch nicht erkannt, Bruce. Aber ich habe das Gerücht gehört, dass Ihr eigener Ruhestand Sie zurück in unsere Stadt geführt hat.“
„Es ist kein Ruhestand im eigentlichen Sinne, sondern eher ein lebenslanges Nachsitzen.“ Bruce lächelte.
Hatcher lachte erneut. „Sie haben sich mit Ihrem Charme schon immer aus jedem Schlamassel herausmanövriert.“
„Bei den Anwälten der Nevada Snake Eyes hat das leider nicht funktioniert.“
„Das ist deren Verlust und unser Gewinn. Nur zu dumm, dass es nicht schon eine Saison vorher passiert ist.“
„Warum? Letztes Jahr war mein bestes.“
„Ich weiß. Aber hätten Sie schon an einem Autorennen teilgenommen, bevor er angeheuert wurde …“ Er deutete mit dem Kopf auf den neuen Trainer, der jetzt am Spielfeldrand stand und mit einigen Schülern sprach.
„Wie heißt er?“, fragte Bruce.
„George Ellis. Er unterrichtet Naturwissenschaften. Und das kann er meiner Meinung nach viel besser.“
„Er ist nicht schlecht und scheint zu wissen, wie er die Spieler auf Trab bringen kann.“
„Sie wären besser gewesen.“
„Ich?“ Bruce verkniff sich ein Lachen. „Nein, danke. Ich habe kein Interesse daran, auf dem Spielfeld Typen zu motivieren, die denken, dass sie bereits alles wüssten.“ Typen wie ich einer war, dachte er.
Mr Hatcher ging mit ihm zum Parkplatz. „Dann betreiben Sie also lieber eine Bar?“,
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