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Fruehstueck fuer Aasgeier - Wie Oelbosse und Finanzhaie die Weltherrschaft erlangten

Fruehstueck fuer Aasgeier - Wie Oelbosse und Finanzhaie die Weltherrschaft erlangten

Titel: Fruehstueck fuer Aasgeier - Wie Oelbosse und Finanzhaie die Weltherrschaft erlangten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Palast
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denen die Lachse laichten, Baumstämme zusammen. Seine Stiefel füllten sich mit Kies, der ihm die Haut aufriss.
    Nun kam der Exxon-Zirkus mit Bargeld und allerlei Versprechungen auch nach Nanwalek. Exxon erklärte sich sogar einverstanden, Mack in ein Krankenhaus nach Anchorage zu fliegen – allerdings erst, nachdem er eine Verzichtserklärung unterschrieben hatte, in der er versprach, Exxon nicht zu verklagen. (BP notierte sich dieses Spielchen genau.) Mack wurde der Fuß amputiert.
    Dann, nach einigen Monaten, brach der Reinigungs-Zirkus der Ölbranche seine Zelte wieder ab. Nanwalek, das mit toten Lachsen, einer
bankrotten Fischfabrik und einem Speiseplan aus Badarki-Schnecken und Scheidenmuscheln zurückblieb, wurde für die nächsten zehn Jahre zur Tabuzone erklärt. Häuptling Kvasnikoff verlor seinen Fischkutter. Fünf der acht kommerziellen Boote auf der Insel mussten an die Verkäufer zurückgegeben werden.
    Ich kam erst 1991, zwei Jahre nach der Ölpest, ins Dorf. Einige Bewohner saßen im Haus und sahen sich eine Endloswiederholung von Elvis in Blue Hawaii an.
    Im Zusammenhang mit der Arbeit als Reinigungskraft bei Exxon waren einige Dorfbewohner drogenabhängig geworden. Man verzeichnete im Dorf auch zehn Fälle von HIV/Aids – ein Kind verlor deswegen sein Leben. Für Sally war die Sache gelaufen. »Ich hatte das Gefühl, meine Haut löst sich ab. Nach dem Öl dachte ich, das war’s. Wir sind am Ende, Sugestun , wir sind tot, es sei denn, es passiert etwas.«
    Etwas passierte. Sugestun , »echte Menschen«, das ist der traditionelle Stammesname. Und in der Sprache der Sugestun – die nur die Frauen beherrschten und weitergaben – wagten Sally und die anderen Frauen den Aufstand gegen ihren Bruder Häuptling Vince. Sie wählten ihn ab.
    Das war der Beginn einer Kulturrevolution: kein Alkohol, kein Junkfood (Vinces kleiner Markt wurde geschlossen), und sogar der Heilbutt in den Räuchereien sollte ohne Rauch und Melasse mit elektrischen Gebläsen getrocknet werden. (Für mich ging das einen Schritt zu weit.) Als Onkel Mack von einem Besuch beim Arzt zurückkehrte, wurde er, kaum dass sein Viersitzer am Strand gelandet war, ins Gefängnis verfrachtet, weil er einen Sixpack mitgebracht hatte. Nicht jeder unterstützte die Revolution. Sallys Sugestun -Name, Aqniaqnaq, bedeutet »Leitstern«, aber nicht alle wollten sich von ihr leiten lassen. (Die Frauen gaben auch mir einen Sugestun -Namen, der übersetzt »Kalenderknabe« bedeutet; sie sagten es mit einem Kichern.) Jedenfalls wurden die Waffen geölt und geladen, und Leitstern hielt es für klug, sich an Weihnachten von der Maskenzeremonie fern zu halten. Ich hielt mich auf neutralem Terrain, indem ich im Tanzsaal die Trommel spielte.
    Nanwalek rockte. Die Band war im ganzen Sund bekannt. Ihr größter
Hit war »World Upside Down«. Alles begann, sagte Chief Vince, als eine Gitarre am Strand angeschwemmt wurde, und am nächsten Morgen spielte er bereits »You Ain’t Nuthin’ But a Hound Dog«. (Don Kompkoff aus Chenega bestätigte mir, dass man ein Instrument an einem Tag erlernen kann, indem man das Innere seiner Kleider nach außen kehrt; er meinte damit, dass ein rabenähnlicher Geist dabei half.)
    In Chenega verfiel derweil Onkel Paul, der beobachtete, wie ein Dorfbewohner nach dem anderen aus der Bahn geworfen wurde, in immer tieferes Schweigen. Mit ihm und seiner Frau Minnie erklomm ich einen Berg bis zur Schneelinie, wo wir eimerweise Blaubeeren pflückten. Er blickte über das kleine Dorf am Ende der Welt und sagte: »Ich glaube, ich muss mir einen anderen Ort suchen. Hier ist es einfach zu voll.«
    Er schwieg, ehe er hinzufügte: »Meine Heimat ist mir fremd geworden.«
    Tatitlek, Bligh Island
    Gary Kompkoff, Häuptling und Präsident des Dorfrates von Tatitlek, wollte mich am Flugplatz abholen, der gleichzeitig das Softball-Feld der Insel war. Die Eskimos hatten für die Landung ein paar Steine weggeräumt. Gary hatte mir gesagt, ich solle nach seinem roten Truck Ausschau halten. Das war leicht: Es war das einzige Fahrzeug auf der Insel.
    Das war, nachdem er mich gewarnt hatte, dass das gesamte Dorf mit dem Öl und dem Ölgeld völlig durchgedreht sei, aber Jahre, bevor seine Tochter ermordet wurde.
    Gary begrüßte mich nicht. Er sagte gar nichts. Das war völlig normal: Die Chugach reden nur, wenn es sein muss, und auch dann nicht immer. Gary schleuste mich mit einem Nicken in sein Pick-up-Taxi und warf meine Taschen auf die

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