Fruehstueck fuer Aasgeier - Wie Oelbosse und Finanzhaie die Weltherrschaft erlangten
meine investigativen Gummiüberschuhe an
den Nagel. Nach Jahren der Ermittlungen hatte ich endlich die Information, mit der ich Exxon und BP auf den Mond schießen konnte. Ich war dafür bezahlt worden, sie auszugraben. Nun wurde ich dafür bezahlt, sie wieder einzubuddeln.
Der Exxon-Konzern, der immer eine dicke fette Entschädigungszahlung als Köder vor sich her getragen hatte, stellte klar, dass er, falls die Eskimos das böse Wort »Betrug« auch nur aussprachen, den Köder wegziehen würde. Was ohnehin geschah.
Die Anwälte der Eskimos brauchten meine Erkenntnisse sowieso nicht. Organisiertes Verbrechen, Betrug und bewusste Fahrlässigkeit, das wären teure, komplizierte Gerichtsverfahren gewesen. Aber das war nicht die Aufgabe der Anwälte – oder der Eskimos.
Es war nicht ihr Job, den Planeten Erde vor den systematischen Betrügereien der Ölbranche, der Korruption und dem knausrigen, laxen Umgang mit der Sicherheit zu warnen. Es war nicht der Job der Ureinwohner, den Weißen zu erklären, dass die Ölindustrie unsere Rohstoffe aufsaugt und uns dann verpestet und zerstört zurücklässt.
Ihre Aufgabe war es, das Geld zu nehmen, das Weite zu suchen und den Rest der Welt zur Hölle fahren zu lassen. »BETRUNKENER KAPITÄN RAMMT RIFF« – das ging für die Jury in Ordnung, für den Richter und erst recht für Exxon. Menschliches Versagen. Der einmalige Fehler eines jämmerlichen Alkoholikers.
Eine Woche, nachdem der Tanker die Küste zerstört hatte, feuerte Exxon den Säufer Hazelwood. Die Welt war gerettet … vor Kapitän Hazelwood. Hazelwood hatte das Schiff betrunken gesteuert – auf Google findet man zum Beweis mehr als 238 000 Einträge. Aber es war kein menschliches Versagen, es war der unmenschliche Geiz eines Konzerns, unersättliche Profitgier und der Betrug, mit dem das alles verschleiert wurde.
Ich nahm ein Kajak von Growler Island zum Columbia Glacier. Dort waren die Eisberge abgebrochen, denen die radarlose Exxon Valdez so leichtsinnig hatte ausweichen wollen. Die vier Aktenordner mit Beweisen würden auf dem Gletscher ein hübsches Lagerfeuer abgeben. Es sei denn, ich verstoße gegen meinen Vertrag und halte sie der Welt vor die trägen Augäpfel.
Tja, ich wurde nicht engagiert, um die Welt zu retten und wie einst der Held der amerikanischen Revolution Paul Revere den Planeten vor BP und seinen Brüdern zu warnen: »Die Grünröcke kommen! Die Grünröcke kommen!«
Was zum Teufel sollte aus mir werden? Ich wusste es nicht.
Die US-Medien begriffen die Sache mit der Exxon Valdez überhaupt nicht. Warum berichtete ich nicht selber darüber? Paul Revere war Journalist gewesen. Bestimmt gab es Zeitungen und Fernsehsender in den USA, die sich für die wahre Geschichte, für echte Ermittlungen interessierten. Es war nicht das erste und nicht das letzte Mal, dass ich mir etwas vormachte.
Damals war mir nicht klar, dass ich mit meinem Job auch mein Land aufgeben musste. Die Wahrheit über die US-Konzerne konnte ich nur mittels Elektronenstrahlen der BBC von einer Insel vor der irischen Küste aus berichten.
Blackpool, England 1998
Wenn das hier ein Film wäre, würde jetzt das Publikum schreien: NEIN! NIMM NICHT DEN SCHLÜSSEL! GEH NICHT DIE TREPPE HINAUF!
Der Reporterteil meines Gehirns rief: DAS RIECHT NACH ÄRGER, aber ich hörte nichts. Obwohl ich ja hinter der Geschichte her war, entzog mir die Erinnerung an Miss Jamaikas Hand in meiner Hosentasche sämtliches Blut aus dem Großhirn.
Also nahm ich den Schlüssel, den sie für mich am Empfang zusammen mit der Nachricht hinterlegt hatte, ich solle sie auf ihrem Zimmer treffen. Ich ging die Treppe hoch. Klopf klopf. Keine Reaktion.
NICHT DIE TÜR AUFMACHEN!
Ich machte die Tür auf.
UM HIMMELS WILLEN, ZIEH DICH AUF KEINEN FALL AUS!
Ich zog mich aus. Ich musste für die Party des New Statesman ein frisches Hemd und eine andere Hose anziehen, aber wenn sie jetzt hereinkam, könnten wir vielleicht ein bisschen früher mit der Party anfangen.
Die Tür ging auf. Ich lächelte … den Rezeptionisten und Miss Jamaikas Ehemann an.
Ehemann! Dieses Miststück hat einen EHEMANN? Der hässliche arme
Schmock hatte ein Gesicht wie der Stadtplan von Liverpool; verloren, mitleiderregend, aber auch kampflustig.
Der Rezeptionist lief rot an und stammelte: »Sir, ich habe versucht, ihm die Umstände zu erklären …« Aber ein Blick auf den Ehemann sagte mir, dass es wohl nicht das erste Mal war, dass Miss Jamaika irgendeinem Typen den
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