Fruehstueck fuer Aasgeier - Wie Oelbosse und Finanzhaie die Weltherrschaft erlangten
zurück. Chenega war als abgelegenstes Dorf am stärksten von der Ölpest betroffen, und sein Chef Chuck Totemoff musste dem Aleyska-Konsortium von Exxon und BP entgegentreten. Ich unternahm einen 14-Stunden-Flug, um ihn in Anchorage zu treffen, wo er jedoch nie erschien, obwohl der Charterpilot schwor, dass er ihn sicher abgesetzt hatte.
Dann, am nächsten Morgen, als ich in der Nähe des Captain Cook Hotels mit meinen Langlaufskiern über den Gehweg schlitterte, sah ich Totemoff in einer Bar, über einen Cocktail gebeugt. Er war nicht zu verwechseln. Chuck war so breit wie groß und hatte unverwechselbares schwarzes, glattes Haar. Er war in Chenega zum Chef gewählt worden, obwohl er gerade 20 war.
Ich setzte mich neben ihn. »Was ist passiert, Chuck? Wir haben dich gesucht.«
Er sah ziemlich angeschlagen aus. Er hatte die ganze Nacht im Alaska Bush Club verbracht, einem berühmt-berüchtigten Striplokal, in dem man sich Frauen zur privaten Verlustierung mieten kann. Er habe sich eine geliehen und dann noch eine und dann noch eine, erklärte
er mir. Und nun wusste er nicht, wie er zur Insel zurückkommen sollte, denn er hatte das gesamte Reisebudget verprasst, das ihm die Leute aus dem armen Dorf mitgegeben hatten.
Er hatte auch eine Erklärung parat. »Na ja, hatten Sie schon mal so eine Nacht, in der Sie gar nicht genug Muschis bekommen konnten?«
Da lieh ich ihm 300 Dollar.
Irgendwo, USA
Und dann kam die E-Mail. Badpenny war außer sich. »Es ist das Schlaue Schwein!«, sagte sie.
Damit meinte sie nicht den Typen, der die E-Mail geschrieben hatte. In jeder Pipeline sitzt ein PIG, und zwar nicht das fette Konzernschwein, der mit Boni fettgefressene Manager, der hin und wieder ins Rohr gesaugt wird. Sie meinte das Inspektionsgerät, das auf Englisch Smart Pig und auf Deutsch Molch heißt und Schwachstellen aufstöbern soll. BP benutzt solche Geräte, angeblich. Sie sind ziemlich wichtig. In Kalifornien hat die Explosion einer Gasleitung neun Menschen das Leben gekostet. Schuld war das Schwein. Das Schwein hätte die defekten Schweißnähte bemerken müssen.
Der Kerl, der in unseren Akten als Pig Man Nummer 1 geführt wird, hatte vernichtende Informationen zu den Smart Pigs, die vielleicht gar nicht so smart waren. Doch erst musste ich mich mit ihm treffen, um mich zu vergewissern.
Aber, sagte Pig Man Nummer 1 wie alle anderen auch: »Sie dürfen meine Identität nicht preisgeben.«
Natürlich darf ich das nicht. Du arbeitest schließlich in einer gnadenlosen Branche. Wenn sie erfahren, dass du gequiekt hast, kriegen sie dich. Eine Kugel in den Hinterkopf deiner Karriere. Auf deine Akte schreiben sie NMB – Nicht Mehr Benötigt. Oder es kommt die vernichtende Notiz über eine Affäre in die Personalakte (eine BP-Spezialität), oder du wirst wegen »Insubordination« entlassen.
Ich versprach Pig Man Nummer 1, mich in Irgendwo, USA, mit ihm zu treffen, einem Ort, der mehrere Hundert Kilometer von seinem und meinem Arbeitsplatz entfernt war und über den wir keine Aufzeichnungen machen würden. Wenn wir filmten, würden wir nur den Rauch zeigen, den er ausatmet.
Bundeshaftanstalt, Buffalo, New York
Die Woche war nicht mehr nur bizarr, sondern völlig abgedreht. Ich erhielt ein weiteres Paket, diesmal von George Boley jun., Sohn eines Professors für politische Wissenschaften an der State University of New York in Binghamton. Über seinen Dad, George senior, hatte ich so manches gehört. Im Urlaub und in der vorlesungsfreien Zeit kehrte er immer in seine Heimat Liberia zurück. Dort führte er seine private Kinderarmee, deren Mitglieder zum Teil gerade acht Jahre alt waren und die er unter Drogen setzte, hungern ließ und dann so lange peitschte, bis eine Mördertruppe aus ihnen wurde, bewaffnet mit AK-47. Boley befahl ihnen, gnadenlos zu morden in dem Krieg, den der Professor mit einem anderen amerikanischen Akademiker ausfocht, dem Ökonomen, entflohenen Sträfling und (mittlerweile verurteilten) Kriegsverbrecher Charles Taylor.
Boley jun. behauptete, sein Dad, der Professor und/oder Kriegsherr, werde schwer verleumdet. Es sei alles nur eine Verwechslung von Personen und Motiven. Jedenfalls halte sich der Politikwissenschaftler wegen eines Visavergehens derzeit als unfreiwilliger Gast des Ministeriums für Innere Sicherheit im Bundesgefängnis von Buffalo auf. Er hatte es wohl versäumt, in den Formularen zu erwähnen, dass er ein Massenmörder war.
Belegt wurde das durch die
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