Frühstück im Bett
Leute unsympathisch gewesen. Nun wurde sie gehasst. Und die Gorgonien, ohnehin erzürnt über Sugar Beths Illoyalität, sprachen nie wieder mit ihr.
Sie fand keine Gelegenheit, sich mit ihrem Vater zu versöhnen. Kurz vor ihrem Abschlussexamen, knapp drei Monate nach seiner Heirat, erlitt er einen tödlichen Herzanfall. Da erfuhr sie von der Enterbung. Innerhalb von fünf Monaten hatte sie ihre Eltern, ihre besten Freundinnen und Frenchman’s Bride verloren. Sie war zu jung gewesen, um zu ermessen, wie viele Verluste ihr noch drohen sollten.
»Stimmt es, dass Sie drei Tage nach Griffins Beerdigung geheiratet haben?«, fragte Byrne, ohne erkennbares Interesse an der Antwort.
»Zu meiner Ehrenrettung – bei der Zeremonie flossen meine Tränen in Strömen.«
»Wie rührend.«
Sie holte ihren Schlüssel hervor. »War nett, mit Ihnen zu plaudern. Aber jetzt muss ich hier zusperren und was erledigen.«
»Maniküre und Massage?«
»Später. Zuerst will ich mir einen Job suchen.«
Eine dunkle, kühn geschwungene Braue zog sich nach oben. »Das kann ich nicht glauben.«
»Wenn ich zu viel Zeit habe, langweile ich mich.«
»In den Zeitungen stand, Emmett Hooper sei mittellos gestorben. Trotzdem nahm ich an, Sie hätten einiges auf die Seite gebracht.«
Sie dachte an Gordon. »O ja, da haben Sie Recht.«
Langsam schweifte Byrnes Blick durch den grauenvollen Bahnhof, dann ärgerte er sie mit zuckenden Mundwinkeln und einem hauchdünnen Lächeln. »Sie sind pleite, nicht wahr?«
»Nur bis ich das Gemälde finde.«
»Wenn Sie’s finden.«
»Darauf können Sie Gift nehmen.« Als sie an ihm vorbei zur Tür ging, musste sie sich zwingen, nicht zu laufen. »Tut mir Leid – würden Sie den Bahnhof jetzt verlassen?«
Bevor er ihr nach draußen folgte, ließ er sich sehr viel Zeit. Das schwache Lächeln umspielte noch immer seine kompromisslosen Lippen. »Nur um mich zu vergewissern, dass ich Sie richtig verstanden habe – möchten Sie Ihren Lebensunterhalt tatsächlich selbst verdienen?«
»Das kann ich sehr gut«, betonte sie und drehte den Schlüssel etwas heftiger im Schloss herum als nötig.
»Werden Sie wieder die Stellung einer Kellnerin antreten?«
»Ein ehrbarer Beruf …« Auf dem Weg zu ihrem Auto zwang
sie sich erneut, ihre Schritte zu verlangsamen, statt wie eine entflohene Strafgefangene loszurennen.
»Wenn Sie keinen Job finden, kommen Sie zu mir!« Byrne war auf den Eingangsstufen des Bahnhofs stehen geblieben. »Vielleicht habe ich was für Sie.«
»O ja, das werde ich tun.« Sie riss den Wagenschlag auf, dann fuhr sie zu ihm herum. »Und wenn Sie eine hässliche Eskalation an unserer Kriegsfront vermeiden wollen – lassen Sie noch heute die Kette von meiner Zufahrt entfernen!«
Mit dieser Aufforderung schien sie ihn köstlich zu amüsieren. »Soll das eine Drohung sein, Sugar Beth?«
»Sie haben’s gehört!« Wütend sprang sie ins Auto und brauste davon. Im Rückspiegel sah sie ihn an seinem glänzenden neuen Lexus lehnen – elegant, arrogant, belustigt. Kaltschnäuziger Bastard …
Um eine Zeitung zu kaufen, fuhr sie zum Drugstore. An der Kasse traf sie Cubby Bowmar, der gerade das Wechselgeld für eine Flasche Gatorade einsteckte. »Hast du draußen meinen neuen Lieferwagen gesehen, Sugar Beth?«
»Leider nicht.«
»Heutzutage macht man gute Geschäfte in der Teppichreinigungsbranche.« Er leckte über seine Lippen, lud sie wieder zu einem Drink ein und bedrängte sie unverdrossen.
Mit knapper Not und dem letzten Rest ihrer Tugend konnte sie ihm entrinnen. Wieder im Auto, breitete sie die Zeitung auf dem Lenkrand aus und studierte die Stellenanzeigen. Allzu lange muss ich mich nicht abrackern, tröstete sie sich. Nur bis ich das Bild finde. Dann würde sie nach Houston zurückkehren.
Niemand brauchte eine Kellnerin. Und das war gut so, denn allein schon der Gedanke, den Leuten, die sie einst herumkommandiert hatte, Hamburger zu servieren, drehte ihr den Magen um. Drei Inserate kreuzte sie an – eine Bäckerei, eine Versicherungsgesellschaft, ein Antiquitätenladen. Dann fuhr sie nach Hause, um sich frisch zu machen. An der Haustür
lehnte die Kopie einer Vermessungsurkunde. Bedauerlicherweise musste sie Colin Byrne Recht geben – die Zufahrt gehörte zu Frenchman’s Bride.
Deprimiert duschte sie, tuschte ihre Wimpern, bemalte die Lippen, steckte ihr Haar hoch und schlüpfte in ihr konservativstes Outfit – einen alten Chanel-Rock, ein weißes T-Shirt und eine
Weitere Kostenlose Bücher