Frühstück im Bett
und alles wäre vorbei gewesen. Das jedoch tat sie nicht. Stattdessen stand sie einfach nur da, von dem Giftpfeil gelähmt, dessen Angriff sie nicht erwartet hatte.
So langgliedrig wie Sugar Beth war sie nicht, hatte zu kurze Arme und Beine, zu breite Hüften für die schmalen Schultern. Dick wirkte sie nicht, aber fleischig und ein bisschen plump. Sugar Beth bemerkte etwas Weißes, das ihr Unbehagen erregte. Aus dem feuchten Schamhaar zwischen Winnies Schenkeln hing ein Faden. Also hatte sie ihre Periode.
Ihr Blick suchte Ryan. Nur Ryan. Alle Jungs sahen den Faden. Aber Ryan war der Einzige, der zählte. Sugar Beth hatte die Szene geplant, und jetzt fühlte sie sich trotzdem elend – als würde sie vor dem Spind stehen, splitternackt und gedemütigt.
Aus Winnies Kehle rang sich ein leiser Klagelaut. Reglos ließ sie die Arme herabhängen.
Die Tür schwang auf, und Mr Byrne kam herein. »Was geht hier vor …?«
Dann entdeckte er Winnie. Fluchend, mit fliegenden Fingern, öffnete er sein altes schwarzes Hemd. Sekunden später zog er es aus, schlang es um den Körper des Mädchens und wandte sich erbost zu den anderen.
»Verschwindet! Wartet im Flur auf mich!«
In seinen grünen Augen glitzerte ein eisiger Glanz, der einen Schauer über Sugar Beths Rücken jagte. Dass dies kein Zufall war, wusste er. Und er erriet auch, wer die Schuld daran trug. Sie floh aus dem Umkleideraum, aus dem Schulgebäude, und
fühlte sich so nackt wie Winnie. Schmerzhaft krampfte sich ihr Magen zusammen, als hätte sie ihre Periode.
»Lauf nicht weg, Sugar!«, rief Ryan ihr nach. »Damit machst du’s nur noch schlimmer.«
Sie ignorierte ihn und rannte zu ihrem Auto. Aber sie fand den Schlüssel nicht. Atemlos sank sie auf die Knie, griff mit beiden Händen in ihre Handtasche, zerrte Papiertaschentücher und Kosmetika heraus, fand den Erlaubnisschein für einen Schulausflug, den sie einzureichen vergessen hatte. Ganz unten lag ein unverpackter Tampon, und sie biss sich auf ihre Lippen.
Aus den Augenwinkeln sah sie Mr Byrne auf sich zukommen, mit nackter Brust. Das lange dunkle Haar hing offen herab. »Kommen Sie zurück!«
»Bitte, Sugar Beth!«, flehte Ryan. »Tu, was er sagt!«
Mit zitternden Händen umklammerte sie ihre Tasche. Wie sollte sie sich aus der Affäre ziehen? Sie könnte lügen und behaupten, sie habe nicht gewusst, dass die Jungs Winnie im Umkleideraum antreffen würden. Der Schuldirektor war mit ihrer Mutter befreundet. Was würde ihr schon passieren?
Allmählich verlangsamten sich ihre Herzschläge. Warum hatte sie sich gefürchtet? Dafür gab es keinen Grund. Sie warf ihre Sachen in die Tasche und stand auf. »Wozu das ganze Getue, Mr Byrne? Nur ein Missgeschick. Wir wussten nicht, dass Winnie da drin war.«
»Reden Sie keinen Unsinn! Sie wussten es.«
O Gott, wie sie ihn hasste … An seinem ersten Arbeitstag hatte sie ihn süß gefunden. Irgendwie unheimlich, aber so kultiviert, dass sogar Ryan neben ihm etwas unreif wirkte. Doch ihre Begeisterung ließ bald nach. Jedes Mal, wenn sie nach dem Unterricht ein bisschen mit ihm geflirtet hatte, war er ein Ekel gewesen, abweisend und unfreundlich.
Deke, Bobby und Woody warteten vor der Tür. Natürlich würde Ryan sie nicht verpfeifen. Auch auf Deke und Bobby war Verlass – was für Woody leider nicht galt. Der hatte Angst
vor seinem Vater. Also bedeutete sie ihm mit einem scharfen Blick, er sollte besser den Mund halten, sonst würde sie etwas tun, das noch zehn Mal schrecklicher wäre als alles, was sich sein Dad vorstellen könnte.
»Würde mir jemand erklären, was da vorgefallen ist?« Mit seiner nackten, schmalen Brust sah Byrne ziemlich albern aus. Doch er zeigte keine Verlegenheit.
Entschlossen sagte sie sich, sie habe nichts Schlimmes verbrochen. Warum war Winnie, diese dämliche Kuh, nicht auf die Idee gekommen, in den Duschraum zurückzulaufen und über die Situation zu lachen? Das hätte Sugar Beth an ihrer Stelle getan.
Würde Winnie ihrer Mutter und Griffin erzählen, was geschehen war? Mit Sugar Beth hatte Daddy kein einziges Mal über seine andere Tochter gesprochen.
»Dass Winnie da drin war, wussten wir nicht«, beteuerte Deke. »Ehrlich – wir dachten, der Umkleideraum wäre leer.«
Sugar Beth entdeckte einen winzigen Pickel an Byrnes Kinn.
Darauf konzentrierte sie sich, denn dieses pubertäre Symptom erschien ihr irgendwie beruhigend.
»Stimmt das?«, fragte er.
»Ja, Sir.« Sie nickten.
Langsam wanderte sein Blick von
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