Frühstück im Bett
Spülbecken.
»Irgendwann musste sie zurückkommen, das wussten wir.« Indigniert runzelte Heidi die Stirn. »Aber dass sie den Nerv hat!«
»Oh, Sugar Beth hat starke Nerven«, erinnerte Leeann die anderen.
»Jedenfalls wird’s Ärger geben.« Amy Graham betastete das goldene Kreuz an ihrem Hals. In der High School war sie die frömmste Christin der Oberstufe und die Präsidentin des Bibelclubs gewesen. Sie neigte jetzt zwar noch dazu, ihre Mitmenschen zu bekehren, war aber so sympathisch, dass ihre Clique darüber hinwegsah. »Bist du okay?« Besorgt legte sie eine Hand auf Winnies Arm.
»Natürlich.«
»Damit hätte ich nicht so rausplatzen dürfen«, gab Leeann zerknirscht zu. »War ich wieder mal taktlos?«
»Wie üblich«, entgegnete Amy. »Trotzdem lieben wir dich.«
»Auch Jesus liebt dich«, warf Merylinn ein.
Geistesabwesend befingerte Heidi einen der winzigen silbernen Teddybären, die an ihren Ohren hingen. Dazu trug sie ihren rotblauen Teddybär-Pullover. Sie sammelte Bären in jeder Form. Manchmal übertrieb sie’s ein bisschen. »Was glaubt ihr, wie lange sie hier bleiben wird?«
Leeann schob eine Hand in ihren tiefen Ausschnitt, um an einem BH-Träger zu zupfen. Von allen Gorgonien hatte sie die schönsten Brüste, die sie gern herzeigte. »Nicht lange. Darauf wette ich. O Gott, was für ekelhafte kleine Biester wir waren!«
Diesen Worten folgte drückendes Schweigen. Dann sprach Amy aus, was alle dachten. »Winnie nicht.«
Weil Winnie nicht zu ihnen gehört hatte. Nur sie war keine Gorgonie gewesen. Ironischerweise führte sie jetzt das Regiment im Club.
Mit elf Jahren hatte Sugar Beth beschlossen, einen Verein namens Gorgonien zu gründen. Von diesen Pflanzen hatte sie einmal geträumt. Worum es in diesem Traum gegangen war – daran erinnerte sich niemand mehr. Das sei ein Privatclub, hatte sie verkündet, der amüsanteste aller Clubs, für die beliebtesten Mädchen in der Schule, natürlich alle von ihr ausgewählt. Sie hatte den Vorsitz geführt und meistens gute Arbeit geleistet. Jetzt, über zwanzig Jahre später, galten die Gorgonien immer noch als originellster Verein von Parrish.
In den Glanzzeiten hatten diesem erstaunlichen Club zwölf Mitglieder angehört, dann waren einige weggezogen, und Dreama Shephard lebte nicht mehr. Nun waren nur mehr die vier Frauen übrig, die mit Winnie in der Küche standen – ihre liebsten Freundinnen.
Heidis Ehemann Phil steckte seinen Kopf zur Tür herein, eine leere Keramikschüssel in der Hand. Die hatte ein würziges Gemisch aus Tomaten und Käse enthalten. Auf diesem Dip bestanden die Männer bei jeder Versammlung. Sie liebten es, ihre Käsestangen hineinzutauchen. »Clint ödet uns mit einem Golfturnier an. Wann essen wir?«
»Bald. Was wir soeben gehört haben, werdet ihr nicht fassen.« Heftig baumelten Heidis Teddybär-Ohrringe. »Sugar Beth ist zurückgekommen.«
»Soll das ein Witz sein? Wann?«
»Heute Nachmittag. Gerade hat’s Leeann erfahren.«
Phil starrte die Frauen ein paar Sekunden lang an. Dann schüttelte er den Kopf und verschwand, um seine Freunde zu informieren.
Die Freundinnen machten sich an die Arbeit. Schweigend hing jede ihren eigenen Gedanken nach. Einen bitteren Zug um die Lippen, erinnerte sich Winnie an die Schulzeit. Damals hatte Sugar Beth Carey alles besessen, was ihr selbst verwehrt gewesen war – Schönheit, Popularität, Selbstvertrauen und Ryan Galantine. Winnie hingegen hatte nur einen einzigen Vorzug besessen und damit Sugar Beths Neid erregt. Es war etwas
ganz Besonderes gewesen – und letzten Endes am wichtigsten.
Vorsichtig nahm Amy einen Schinken aus dem Backofen. Den würde sie mit den berühmten Drambuie-Yamswurzeln ihrer Mutter servieren. Aus dem anderen Ofen zog Leeann Knoblauch-Käse-Plätzchen und eine Spinat-Artischocken-Terrine. Winnies geräumige Küche mit den schönen Schränken aus Kirschbaumholz und der großen runden Theke in der Mitte eignete sich am besten für die Dinnerpartys. An diesem Abend hatten sie die Kinder bei Amys Nichte einquartiert. Winnie hatte ihre Tochter gebeten, als Babysitter zu fungieren. Aber die war in letzter Zeit etwas schwierig geworden und hatte das Ansinnen abgelehnt.
Typische Südstaatlerinnen, kleideten sich die Gorgonien nur, um einander zu gefallen. Jedes Mal, wenn sie ein Treffen verabredeten, besprachen sie zuerst, was sie anziehen würden. Diese Tradition hatten sie von den Müttern geerbt, die stets in Nylonstrümpfen und
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