Frühstück im Bett
Sugar Beth wieder da ist?«, fragte Deke, Merylinns Mann.
»Ja, er hat’s Winnie erzählt.« Merylinn drückte ihm eine Salatschüssel in die Hände.
»Und ihr beklagt euch, weil in Parrish nichts passiert.« Amys Ehemann Clint war in Meridian aufgewachsen. Aber er kannte die alten Geschichten sehr gut, und so vergaßen sie manchmal, dass er genau genommen nicht zu ihnen gehörte.
Brad Simmons, der Haushaltsgeräte verkaufte, kicherte. An diesem Abend war er Leeanns Partner. Eigentlich mochte sie ihn nicht. Seit ihrer Scheidung testete sie alle begehrenswerten Junggesellen von Parrish, außerdem ein paar, die nicht so begehrenswert waren. Darüber mokierte sich niemand, weil sie’s nicht leicht im Leben hatte. Mit zwei Kindern, eins davon behindert, und einem Ex, der mit den Unterhaltszahlungen dauernd in Rückstand geriet, verdiente sie ein bisschen Abwechslung.
Als Letzter erschien Winnies Ehemann, der größte der Männer. Schlank und attraktiv, mit weizenblondem Haar, karamellbraunen Augen und perfekten symmetrischen Gesichtszügen, inspirierte er Merilynn immer wieder zu der Forderung, er müsse seine gottgewollte Misssion erfüllen und sich als Samenspender zur Verfügung stellen. Zu diskret, um ihre Tätigkeit zu unterbrechen und ihn so anzustarren, wie sie’s wünschten, beobachteten die Frauen ihn aus den Augenwinkeln, während er die Weinflaschen entkorkte, die Winnie bereitgestellt hatte.
In ihrer Brust spürte sie den alten Schmerz. Seit über dreizehn Jahren waren sie verheiratet. Sie hatten ein schönes Kind, ein wundervolles Haus und führten ein fast vollkommenes Leben. Fast … Sosehr sie sich auch bemühte, in Ryan Galantines Herzen würde sie stets an zweiter Stelle stehen.
Nachdem Sugar Beth zwei Tage lang von Cola und altbackenen Keksen gelebt hatte, konnte sie einen weiteren Besuch im
Supermarkt nicht mehr hinauszögern. Sie wartete bis zur Essenszeit am Dienstagabend, weil sie hoffte, dann würden sich nur wenige Leute im Big Star aufhalten, und fuhr ins Stadtzentrum. Glücklicherweise konnte sie kaufen, was sie brauchte, ohne mit irgendjemandem zu reden – abgesehen von Peg Drucker an der Kasse, die das Grapefruitgelee vor lauter Aufregung zwei Mal berechnete, und Cubby Bowmar. Der eilte zu ihr, während Peg sich wortreich entschuldigte und eine Zahnlücke enthüllte.
»He, Sugar Beth, du siehst ja noch fantastischer aus als früher, Baby Doll.« Sein Blick wanderte von ihren Brüsten zwischen ihre engen Hosenbeine. »Jetzt habe ich mein eigenes Geschäft, Bowmars Teppichreinigung. Und das läuft großartig. Gehen wir auf ein Bier ins Dudley’s und unterhalten uns über alte Zeiten?«
»Tut mir Leid, Cubby, aber ich habe allen Traummännern abgeschworen – an dem Tag, als ich mich zur Nonne berufen fühlte.«
»Verdammt, Sugar Beth, du bist ja nicht einmal katholisch.«
»Das wird meinen guten Freund, den Papst, sicher überraschen.«
»Offenbar bist du genauso arrogant wie damals.«
»Ach, Cubby, du warst schon immer ein schlauer Junge. Richte deiner Mama schöne Grüße von mir aus.«
Als sie den Big Star verließ weigerte sie sich, das Plakat anzustarren, das ihr vorhin den Atem geraubt hatte. »Winnie-&-Ryan-Galantine-Konzertreihe, Sonntag, 7. März, vierzehn Uhr. Second Baptist Church. Die Spende von fünf Dollar kommt der Wohlfahrt von Parrish zugute.«
Die Nacht drohte Sugar Beth zu ersticken, und so fuhr sie in die Richtung des Sees. Wenig später erkannte sie, dass sie kein Benzin verschwenden durfte. Rasch wendete sie auf der Spring Road, nicht weit vom Eingang zur Carey Window Factory entfernt, die ihr Großvater gegründet hatte. Jetzt hieß sie CWF. Kaum zu glauben – Winnie und Ryan gaben Konzerte. Seit
dreizehn Jahren waren sie verheiratet. Dieser Gedanke dürfte sie nicht quälen, denn sie hatte ihm den Laufpass gegeben. Typisch für ihr miserables Urteilsvermögen, hatte sie nur einen Blick auf Darren Tharp geworfen und ihre erste Liebe vergessen. Jetzt war Winnie die treibende Kraft hinter dem Aufschwung der Stadt und gehörte dem Vorstand mehrerer Gemeindeorganisationen an.
Am Autofenster glitt Cubby Bowmars Teppichreinigung vorbei. Während der High-School-Zeit waren Cubby und seine Kumpel mehrmals auf dem Rasen vor Frenchman’s Bride erschienen, mitten in der Nacht, hatten den Mond angeheult und ihren Namen gerufen.
»Sugar … Sugar … Sugar …«
Meistens hatte Griffin seelenruhig weitergeschlafen. Aber Diddie war aus ihrem Bett
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